"Leise und beunruhigend kündigt sich die Niederlage der Ukraine unausweichlich an", lesen wir in der französischen Zeitung LE FIGARO. "Der US-Kongress hat erneut ein Hilfspaket für die Ukraine in Höhe von 50 Milliarden US-Dollar aufgeschoben. In Europa sieht es nicht viel besser aus, da der ungarische Premierminister Orban eine Aufstockung der Mittel um 20 Milliarden Euro blockiert. So könnten der Ukraine bald die Waffen und die Munition ausgehen, um dem russischen Druck standzuhalten. Auch wenn westliche Politiker es bestreiten, so ist seit geraumer Zeit offensichtlich, dass ihre Unterstützung nicht mit ihren erklärten Interessen übereinstimmt. Wenn Donald Trump in einem Jahr wieder ins Weiße Haus einziehen sollte, könnte diese Inkohärenz ihm dabei helfen, den Konflikt 'innerhalb von 24 Stunden zu lösen', und zwar mit Putins Hilfe, wie er bereits angekündigt hatte." Sie hörten die in Paris erscheinende Zeitung LE FIGARO.
"Schon jetzt klagen ukrainische Soldaten an der Front, dass Munitions- und Waffenlieferungen zu spät oder gar nicht eintreffen", heißt es in der dänischen Zeitung POLITIKEN. "Da rund die Hälfte davon aus den USA stammt, ist es im wahrsten Sinne des Wortes eine Frage von Leben und Tod, ob sich die Politiker in Washington über eine Fortsetzung der Hilfe einigen können. Es wäre außerdem eine gewaltige Niederlage für US-Präsident Biden, der dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj immer wieder seine Hilfe zugesichert hat – oder vielleicht sogar schon ein Sargnagel für seinen politischen Erfolg. Nein, ein Weihnachtsfrieden ist nicht in Sicht - weder für Biden noch für die armen Soldaten an der Front in der Ukraine, die so sehr auf die Hilfe aus den USA angewiesen sind", schließt die Zeitung POLITIKEN, die in Kopenhagen erscheint.
Die norwegische Zeitung VERDENS GANG sieht den russischen Machthaber Putin gestärkt. "Die US-Republikaner wenden Kiew den Rücken zu. Für sie ist eine strengere Einwanderungspolitik wichtiger, und so ist das Schicksal der Ukraine zu einem Stein im parteipolitischen Spiel in Washington geworden. Aber auch der EU kommt die Einigkeit abhanden, was die Beitrittsgespräche mit Kiew und Kredite betrifft, mit denen die Ukraine beispielsweise Krankenhäuser, Schulen und die zivile Verwaltung am Leben hält. Besonders ernst ist das Signal, das von einer solchen Zerstrittenheit in Europa und Amerika ausgeht: Der Einzige, der davon profitiert, ist Wladimir Putin", zeigt sich die Zeitung VERDENS GANG aus Oslo überzeugt.
"Der Krieg geht auf den zweiten Jahrestag mit einer Pattsituation auf dem Schlachtfeld zu, die die Neuordnung Russlands und die Pläne des Präsidenten begünstigt", analysiert die spanische Zeitung EL MUNDO. "Der Kreml beobachtet aufmerksam Risse im Gefüge seiner Gegner. Innerhalb der Ukraine stößt Selenskyj auf wachsenden Widerstand. Die Verbündeten Kiews wiederum weisen auf Abnutzungserscheinungen des Krieges hin und sind mit ihren eigenen Problemen und dem Krieg im Nahen Osten beschäftigt. Aber der Krieg, in dem es um die Sicherheit Europas und der freien Welt sowie um die Verteidigung der Demokratie geht, darf nicht zur Verhandlungsmasse interner politischer Konflikte werden", mahnt die Zeitung EL MUNDO aus Madrid.
"Der sich dahinziehende militärische Konflikt in der Ukraine erinnert immer mehr an die endlosen Grabenkämpfe des Ersten Weltkriegs", lautet die Beobachtung in der slowakischen Zeitung PRAVDA. "Statt einer schnellen Gegenoffensive, die die russischen Linien durchbrechen sollte, treten die Ukrainer auf der Stelle und sind darüber frustriert. Noch dazu hat die russische Armee in den letzten Wochen den Druck an der Front erhöht und schreitet voran. Das sieht nicht nach einem schnellen Kriegsende aus. Obwohl Waffenlieferungen aus der EU und den USA ins Land strömen, reichen sie nur dafür, die Front zu halten, nicht aber für den Sieg. Moskau betrachtet die unzureichenden Lieferungen als seinen Sieg und Versagen des Westens." Das war die Zeitung PRAVDA aus Bratislava.
"Beim EU-Gipfel in einer Woche geht es um die Zukunft der Ukraine" erinnert die slowakische Zeitung SME. "Die Feststellung des tschechischen Premiers Petr Fiala, dass ein Einstellen der Militärhilfe für die Ukraine bedeuten würde, dass es bald eine russisch-slowakische Grenze gibt, verdeutlicht die enorme Bedrohung für die Slowakei, wenn die Ukraine in Brüssel nicht erfolgreich ist."
DIe Zeitung THE IRISH TIMES befasst sich mit der Blockadehaltung Ungarns gegenüber der Ukraine vor dem Gipfel. "Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban will sein Veto sowohl gegen Beitrittsverhandlungen einlegen als auch gegen einen Vorschlag, den Haushalt der Ukraine mit bis zu 50 Milliarden Euro zu unterstützen. Die meisten Diplomaten sehen seine Drohung als Versuch, der Forderung nach Freigabe von Geldern aus Brüssel Nachdruck zu verleihen, die wegen Sorgen um die Rechtsstaatlichkeit in Ungarn zurückgehalten wurden. Selbst um den Preis eines gescheiterten Gipfels ist es entscheidend, dass die EU-Staats- und Regierungschefs der Erpressung Ungarns nicht nachgeben. Dies würde eines der wenigen Mittel untergraben, die der Union zur Verfügung stehen, um einzelne Mitgliedstaaten für Versäumnisse bei der Einhaltung grundlegender demokratischer Standards zur Verantwortung zu ziehen." warnt THE IRISH TIMES aus Dublin.
Der Kommentator der britischen Zeitung THE GUARDIAN ist der Auffassung, Victor Orban habe der EU lange genug geschadet. "Die europäischen Wähler sehen, dass überall ein 'Durchwursteln' stattfindet. Sie sehen Straffreiheit für die Mächtigen und für niemanden sonst. Sie sehen autoritäre Herrscher, die die Grundprinzipien der politischen Union, der sie angehören, mit Füßen treten - selbst wenn sie deren Geld mit offenen Armen empfangen -, ohne jemals mit Konsequenzen rechnen zu müssen. Die Politik ist chaotisch, und die Diplomatie, die 'Kunst des Möglichen', ist es noch mehr. Aber die EU ist mehr als nur eine Ansammlung von Staaten, und wenn ihre Gesetze nie durchgesetzt werden, dann haben sie auch keine Bedeutung mehr", bemerkt THE GUARDIAN aus London.
Die Wirtschaft stand im Zentrum des EU-China-Gipfels in Peking, wo Staats- und Parteichef Xi Jinping zum ersten Mal seit 2019 persönlich auf die EU-Spitze traf. Die Zeitung LIANHE BAO aus Taiwan bilanziert: "Die Gespräche in Peking haben keine konkreten Ergebnisse gebracht. Es ist sogar zu erwarten, dass der Protektionismus auf beiden Seiten noch zunehmen wird. Die Rechten und Nationalisten gewinnen immer mehr Einfluss in Europa, wie die Wahlen in Italien und den Niederlanden zeigen. Sie werden die Anti-China-Stimmung unter den Bürgern nutzen und mehr Kompromisslosigkeit gegenüber Peking fordern. Die Beziehungen zwischen China und der EU werden nicht einfacher."
Die polnische Zeitung GAZETA WYBORCZA zeigt sich nicht überrascht. "Schon im Vorfeld des Zusammentreffens in Peking war prophezeit worden, dass der Gipfel in einer kalten Atmosphäre stattfinden werde. Es scheint, dass die Vorhersagen wahr geworden sind – vielfach wurde nach der gestrigen Veranstaltung von einem 'Dialog der Gehörlosen' gesprochen."
"Das Positive zwischen China und EU wird zu häufig unterschätzt",lautet hingegen der Kommentar in der chinesischen Zeitung HUANQIU SHIABO. "Ja, es existieren Probleme im Handel. Es ist verständlich, dass die Europäer sich Sorgen um die immensen Handelsdefizite machen. Allerdings gibt es auch Lösungen. Sollte die EU Ausfuhren nach China zulassen, sähen die Zahlen ganz anders aus. Zu erwähnen ist ebenfalls, dass die in China ansässigen europäischen Unternehmen auch vom Handel mit Europa profitieren. Für beide Seiten kann eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ein Gewinn bedeuten."