19. Dezember 2023
Die internationale Presseschau

Kommentiert werden der Krieg im Nahen Osten sowie die Wahl eines ersten AfD-Oberbürgermeisters im sächsischen Pirna. Zunächst geht es aber um die Entscheidung des Papstes, homosexuelle Paare nicht grundsätzlich vom Segen auszuschließen.

Vatikanstadt: Papst Franziskus kommt zu seiner wöchentlichen Generalaudienz auf dem Petersplatz.
Papst Franziskus erlaubt die Segnung homosexueller Paare. (Andrew Medichini / AP / dpa / Andrew Medichini)
Dazu schreibt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz: "Das von der Glaubensbehörde ausgearbeitete und vom Papst genehmigte Papier ist ein erstaunlicher Durchbruch. Aber es bleibt der katholischen Lehre grundsätzlich treu: Ehe bleibt Ehe. In der Antwort auf Einwendungen von Kardinälen hält Franziskus deutlich fest, der Begriff Ehe sei reserviert für die 'ausschließliche, dauerhafte und unauflösliche Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau, die von Natur aus offen ist für die Zeugung von Kindern'. Allerdings, heißt es in dem Papier, habe die Kirche ihr Verständnis des Segens im Licht der seelsorgerischen Ideale von Papst Franziskus 'erweitert und angereichert'. Damit sei es möglich geworden, 'Paare in regelwidrigen Situationen und Paare desselben Geschlechts zu segnen.' Der Segen ist ein Zugeständnis, mehr nicht. Ein Akt der Gnade seitens der Kirche. Die Verbindung, die gesegnet wird, wird damit nicht legitimiert", unterstreicht die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG.
Die italienische Zeitung LA STAMPA aus Turin ist folgender Meinung: "Franziskus' Entscheidung, homosexuelle Paare zu segnen, ist ein großer Schritt in Richtung einer inklusiveren Kirche. Sie offenbart eine Haltung, die anerkennt, dass es Lebenswege außerhalb katholischer Moralvorstellungen gibt, die von einer Suche nach Gott zeugen, die es verdienen, beachtet und geschätzt zu werden."
Nun zum Krieg in Nahost. Die schwedische Zeitung DAGENS NYHETER hält fest: "Täglich sterben Menschen im Gazastreifen. Die Zahlen lassen sich natürlich nur schwer bestätigen, aber seit Beginn des Krieges sollen insgesamt mehr als 18.000 Palästinenser ums Leben gekommen sein. Laut US-Präsident Biden hat Israel das Recht, sich zu verteidigen und alles zu tun, um die Geiseln nach Hause zu bringen. Gaza darf auch nicht länger als Basis für den bestialischen Terror der Hamas dienen. Aber Washington betont auch, dass Zivilisten geschützt werden müssen und dass Israel einen langfristigen Plan braucht, der auch das Westjordanland umfasst. Das bedeutet, dass der Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern mit dem Ziel einer Zweistaatenlösung wieder in Gang kommen muss", meint DAGENS NYHETER aus Stockholm.
In der norwegischen Zeitung AFTENPOSTEN aus Oslo ist zu lesen: "Die Kritik am israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu wächst. Die USA als wichtigster Verbündeter Israels haben ihn zu einer Kursänderung aufgefordert: Es müsse mehr getan werden, um Zivilisten zu schützen, und es solle auf eine Zweistaatenlösung hingearbeitet werden. Das lehnt Netanjahu vehement ab. Indem er jedoch den Rat befreundeter Länder in den Wind schlägt und den Gedanken an einen palästinensischen Staat verwirft, schadet er Israels langfristigen Interessen."
Die palästinensische Zeitung AL QUDS merkt an: "Es scheint, dass der Streit zwischen Washington und Tel Aviv zum Vorgehen in Gaza immer unverhohlener ausgetragen wird. Vor kurzem sprach US-Präsident Biden von der 'willkürlichen Bombardierung' des Küstengebiets. Er betonte sogar, dass dieser Krieg dazu geführt habe, dass Israel grundsätzlich viel Unterstützung auf der ganzen Welt verloren habe. Nun müsste ein zweiter Schritt erfolgen. Biden sollte sich für die Zwei-Staaten-Lösung einsetzen und ernsthafte Anstrengungen unternehmen, damit diese Forderung endlich Wirklichkeit wird", findet AL QUDS aus Ost-Jerusalem.
"Der Westen, allen voran die USA, verfolgte nach dem 7. Oktober eine Art 'Kuschelstrategie'", erläutert die niederländische Zeitung DE VOLKSKRANT: "Harte Kritik würde im traumatisierten Israel nur kontraproduktiv wirken, glaubte US-Präsident Biden. Durch die Demonstration von Verständnis sollte es hingegen möglich sein, Einfluss auf die israelische Regierung auszuüben. Inzwischen ist klar, dass diese Methode nicht funktioniert. Israel lässt sich nicht beeinflussen. Weil die traumatischen Ereignisse des 7. Oktober Rachegelüste ausgelöst haben, aber auch, weil rechtsextreme Politiker den Krieg nutzen wollen, um mit den Palästinensern abzurechnen. Im Schatten des Krieges nimmt auch die Gewalt gegen Palästinenser im Westjordanland zu. Der Westen muss daher härter gegen Israel auftreten. Die Kriegsmaschinerie muss gestoppt werden, bevor sie noch weiter entgleist - zum Schaden der Menschen im Gazastreifen, der Region, Israels selbst und seiner westlichen Verbündeten", fordert DE VOLKSKRANT aus Amsterdam.
In der kanadischen Zeitung TORONTO STAR heißt es: "Israel hat gewarnt, dass der Krieg in seiner jetzigen Intensität noch mindestens zwei weitere Monate dauern könnte. Sein Ziel ist es, die im Gazastreifen ansässige Hamas zu vernichten und die Rückkehr der verbleibenden Geiseln zu erreichen. Jetzt, wo die Offensive in den dritten Monat geht, ist es an der Zeit, sich zu fragen, ob es eine vernünftige Aussicht auf Erfolg gibt, diese Ziele mit militärischen Mitteln zu erreichen. Eines ist sicher: der verheerende Tribut, den die Offensive von den 2,3 Millionen Palästinensern im Gazastreifen gefordert hat, und die düstere Tatsache, dass der anhaltende Konflikt viele weitere Menschenleben fordern und weitere Verwüstungen anrichten wird. Es müssen andere Wege gefunden werden, um die Hamas auszuschalten, die Terrorgruppe von ihren Verbündeten zu isolieren und sie von ihren Finanzierungsquellen abzuschneiden." So weit der TORONTO STAR.
Die französische Zeitung LIBÉRATION thematisiert die Angriffe von Huthi-Rebellen auf Frachtschiffe im Roten Meer: "Der Westen kann längst nicht jedes seiner Frachtschiffe schützen, auch wenn deren Besatzungen es gelernt haben, sich gegen somalische Piraten zu verteidigen. Und eine direkte Bekämpfung der Huthis würde nur noch mehr Krieg bedeuten und die Region wirklich in Brand setzen. Viele Reedereien ziehen nun in Betracht, Afrika über das Kap der Guten Hoffnung zu umschiffen, doch diese Route verlängert die Transportzeit und erhöht damit einen Teil der Kosten um fast das Doppelte. Diese für die Weltwirtschaft gefährliche Situation macht es umso wichtiger, dass der israelisch-palästinensische Konflikt gelöst wird, sobald die Waffen schweigen. Es geht nicht mehr nur um Israel und die palästinensischen Gebiete, sondern um das Gleichgewicht der Welt", stellt LIBÉRATION aus Paris klar.
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio führt aus: "Am Schutz der Handelsschiffe im Roten Meer ist auch China bereits seit Jahren interessiert. Vor dem Hintergrund der aktuellen Huthi-Angriffe soll Washington Peking nun gefragt haben, ob es sich an einer entsprechenden Allianz beteiligen möchte. Auch damit die Situation im Nahen Osten nicht weiter eskaliert. Eine Antwort blieb China bislang schuldig. Wahrscheinlich zögert die chinesische Führung aufgrund ihrer Beziehungen zum Iran, auf die eine Teilnahme an dieser Allianz negative Auswirkungen haben könnte."
Nun noch eine Stimme zum Sieg des AfD-Kandidaten bei der Oberbürgermeisterwahl in der sächsischen Stadt Pirna. Dazu schreibt die russische Zeitung NESAWISSIMAJA GASETA: "Das Ergebnis der Wahl in Pirna ist wirklich bedeutend. Für die AfD ist das bereits der zweite große Erfolg, nachdem unlängst auch ein Vertreter der Partei Landrat im thüringischen Sonneberg-Kreis wurde. Auf diese Weise beginnen die Rechtspopulisten, sich Respekt zu verschaffen, wenn auch bisher nur auf dem Gebiet der früheren DDR, wo sie stellenweise auf mehr als ein Drittel der Wählerstimmen kommen und die herkömmlichen Parteien verdrängen. SPD, CDU, Grüne, Linke und FDP werden zu Gefangenen ihrer eigenen Vorstellungen über die Entwicklung der Lage im Land und entfernen sich dabei immer weiter von großen Teilen der Bevölkerung." Das war zum Ende der internationalen Presseschau die NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau.