
Der STANDARD aus Wien schreibt dazu: "Die über die Feiertage ventilierten diversen Waffenstillstandspläne waren – brutal gesagt – Non-Starter. Die Hamas wird (noch) nicht die Macht im Gazastreifen abgeben, wie im ägyptischen Vorschlag vorgesehen, Israel wird aber auch nicht akzeptieren, dass sie als Organisation überleben kann. Ein saudischer Plan wollte gar, dass die lokalen Hamas-Führer Yahya Sinwar und Mohammed Deif freies Geleit nach Algerien bekommen. Israel musste nicht einmal ablehnen, die Köpfe des Terrors vom 7. Oktober haben es selbst getan. Abseits fast verzweifelt wirkender diplomatischer Initiativen dreht sich die Gewaltspirale an den Fronten in der ganzen Region weiter. Ein Funke kann das Pulverfass schnell entzünden", warnt der österreichische STANDARD.
Die israelische Zeitung HAARETZ führt aus: "Zu diesem Zeitpunkt kann man nicht sagen, wer diesen Krieg gewinnen wird. Die Hamas bereitete sich 16 Jahre lang auf genau diese Art von Kämpfen vor, indem sie ihr unterirdisches Tunnelnetz unter den zivilen Siedlungen im Gazastreifen anlegte. Ziel war es, Israel davon abzuhalten, seine Truppen in die Gassen zu schicken. Denn wenn dies der Fall wäre, würden kleine Gruppen von Kämpfern aus den Tunneln auftauchen und die engen Straßen in Todesfallen verwandeln. Genau das ist jetzt zu beobachten. Und international wächst der Druck auf unser Land und unsere Streitkräfte, die Zivilbevölkerung im Gazastreifen besser zu schützen. Vor allem seitens der US-Regierung. Dies könnte Ministerpräsident Netanjahu dazu veranlassen, die Militäraktionen einzuschränken, auch wenn er derzeit noch anderes verlauten lässt. So oder so: Das Kriegsziel der vollständigen Zerschlagung der Hamas droht zu einer Sisyphusarbeit zu werden", befürchtet HAARETZ aus Tel Aviv.
Die Hamas könne nicht komplett zerschlagen werden, führt die türkische Zeitung POLITIKYOL an. "Selbst wenn der Gazastreifen vollständig zerstört ist, gibt es keine Möglichkeit, die Hamas daran zu hindern, neue Kämpfer zu finden. Wenn Israel Frieden haben will, muss es die bisherige Siedlungspolitik aufgeben. Gleichzeitig wäre es äußerst nützlich, gemeinsame Projekte in unterschiedlichen Bereichen zu fördern, so etwa in Bildung, Handel, Kunst und Kultur. Die junge Generation muss lernen, dass Gewalt nicht die Lösung ist. Kurz vor dem Jahreswechsel kann man nur hoffen, dass der Krieg im kommenden Jahr ein Ende findet. Zumindest aber sollte 2024 ein Jahr werden, in dem Palästinenser und Israelis einen Schritt hin zu einer Zweistaatenlösung machen", fordert POLITIKYOL aus Istanbul.
Die palästinensische Zeitung AL AYYAM stellt fest: "Es ist bemerkenswert, dass die beiden am engsten mit der amerikanischen Politik verbundenen westlichen Länder, Großbritannien und Deutschland, jetzt unmissverständlich die Unterstützung der USA für einen nachhaltigen Waffenstillstand in Gaza einfordern. Allerdings hat keines von ihnen eine Vision für die Zukunft, sieht man von allgemeinen Gesprächen über die 'Zwei-Staaten-Lösung' ab. Doch auch sonst deutet sich an, dass Netanjahus Plan, den Krieg um mehrere Monate zu verlängern, international zunehmend an Unterstützung verliert. Die aber bräuchte Netanyahu dringend, insbesondere seitens der USA. Ansonsten wird er vor der Welt allein und isoliert dastehen, wenn absehbar ein UNO-Entschluss für einen Waffenstillstand ansteht", notiert die Zeitung AL AYYAM aus Ramallah.
Die niederländische VOLKSKRANT beobachtet: "Die Kriege in der Ukraine und in Gaza, Corona, sowie die Klimakrise haben die Weltordnung erschüttert und eine Machtverschiebung offengelegt. Die Erkenntnis, dass der globale Süden einen eigenen Willen hat, ist im vergangenen Jahr zum ersten Mal durchgedrungen. Rund 40 Länder enthielten sich in der UNO-Vollversammlung bei der Abstimmung über eine Resolution zur Verurteilung des russischen Einmarsches in der Ukraine. Es zeigte sich, dass die automatische Unterstützung des Westens für die Ukraine in anderen Teilen der Welt keineswegs selbstverständlich ist. Mit dem Krieg in Gaza sind die neuen Verhältnisse noch deutlicher geworden. Diesmal war es der gesamte globale Süden, der in der Weltorganisation ungläubig zusah, wie eine Resolution zur Beendigung des Blutvergießens im Gazastreifen von den USA und einer Handvoll westlicher Verbündeter, darunter die Niederlande, abgelehnt wurde. In der neuen multipolaren Weltordnung laufen die universellen Menschenrechte Gefahr, unter autokratischen Führungen beseitigt zu werden. Der Westen täte gut daran, seinen moralischen Kompass neu zu justieren und zur Emanzipation des globalen Südens beizutragen, der zu Recht eine ebenbürtige Rolle auf der Weltbühne einfordert", unterstreicht die VOLKSKRANT aus Amsterdam.
Die britische Zeitung THE TIMES geht auf die Asylpolitik in Großbritannien und Europa ein: "Wahlen in vielen Ländern Europas werden im kommenden Jahr wohl zu einem Zulauf bei einwanderungsfeindlichen Parteien führen. Derweil hoffen die Konservativen in Großbritannien, durch die Betonung des Themas Migration einen Teil des enormen Vorsprungs von Labour in den Meinungsumfragen wettzumachen. Premierminister Rishi Sunak versucht, rechtliche Hürden zu überwinden, um das Programm zur Abschiebung von Asylbewerbern nach Ruanda umsetzen zu können. Die Labour-Partei, die sich der Bedeutung des Migrationsthemas bewusst ist, erwägt daher Pläne für eine Offshore-Bearbeitung von Asylanträgen. Die Probleme müssen angegangen werden. Denn wenn die etablierten Parteien harten Entscheidungen in der Migrationsfrage aus dem Weg gehen, werden Parteien der ultranationalistischen Rechten die Nutznießer sein", betont THE TIMES aus London.
"In Europa gewinnen die Rechtsaußen-Parteien an Einfluss", notiert auch CHUNICHI SHIMBUN aus Japan. "Zwar ist in Polen ein Regierungswechsel zu den Liberalen erfolgt, aber dass in den Niederlanden die Partei für die Freiheit die meisten Stimmen geholt hat, zeigt den Aufstieg der Rechten. In Deutschland sind die Umfragewerte der 'Alternative für Deutschland' deutlich höher als die von der Regierungspartei SPD von Bundeskanzler Scholz. Diese Entwicklungen überschatten auch Europas Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine oder auf die israelischen Angriffe im Gazastreifen. Um die Werte und Ziele der Europäischen Union zu schützen, muss der Aufstieg der Rechten verhindert werden. Die Geschlossenheit Europas darf nicht weiter ins Wanken geraten", mahnt CHUNICHI SHIMBUN aus Nagoya.
Zum Schluss noch zwei Stimmen zum Wahlkampf in den USA. Die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA schreibt: "Letzte Woche entschied das höchste Gericht des Bundesstaates Colorado, dass der frühere Amtsinhaber Trump wegen des Sturms auf das Kapitol nicht für das Amt des US-Präsidenten in Frage komme. Dieser Fall wird nun sicher auf der Tagesordnung des obersten US-Gerichts landen. Für jeden anderen Kandidaten hätten Strafanzeigen oder eine Entscheidung wie in Colorado negative Auswirkungen auf seinen Ruf und seine politischen Chancen. Trump hingegen gelingt es regelmäßig, seine Niederlagen erfolgreich in Trümpfe zu verwandeln", unterstreicht RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
In einem Gastkommentar in der NEW YORK TIMES heißt es: "Die Wählerinnen und Wähler wünschen sich Veränderung. Das machen sie in jeder Umfrage deutlich. Aber anstatt nach einem Präsidenten zu rufen, der alles in die Luft jagt, verlangen sie nach jemandem, der die Dinge wieder in Ordnung bringt. Das hatten sie sich von Biden gewünscht, sind aber eindeutig der Meinung, dass er es nicht geschafft hat. Deshalb führt Trump derzeit in den meisten wichtigen Swing States - und das mit beachtlichem Vorsprung. Man kann also davon ausgehen, dass viele eine Regierung unter Trump für das geringere Risiko halten", liest man in der NEW YORK TIMES.