
Die spanische Zeitung EL MUNDO äußert sich sehr besorgt über die Lage im Nahen Osten: "Drei Monate nach dem blutigen Terroranschlag der Hamas auf Israel steigt die Gefahr, dass der Konflikt auf die gesamte Region übergreift. Im Westen herrscht Alarmstimmung, und deshalb soll nun mit einer diplomatischen Großoffensive ein Flächenbrand verhindert werden. Jeder noch so kleine Funke könnte zu einer Explosion führen, die Europa und die USA um jeden Preis verhindern wollen. Ihre Chefdiplomaten, US-Außenminister Blinken und der EU-Außenbeauftragte Borrell, verstärken ihre Aufrufe zur Mäßigung, und das ist nötiger denn je", betont EL MUNDO aus Madrid.
Im Rahmen seiner Nahost-Reise besuchte US-Außenminister Blinken auch die Türkei. Dazu schreibt die Zeitung EKONOMI aus der türkischen Metropole Istanbul: "Im Mittelpunkt der Gespräche stand vor allem der Krieg im Gaza-Streifen. Blinken ist Vertreter eines Landes, das immer noch behauptet, der Weltpolizist zu sein. Kurz vor dem Blinken-Besuch setzten die US-Behörden für die Ergreifung von drei Hamas-Führern, die sich angeblich in der der Türkei aufhalten sollen, ein Kopfgeld aus. Die Amerikaner setzen darauf, dass sich der Konflikt ausweitet. Das hat Blinkens Besuch deutlich gezeigt."
Die Wiener Zeitung DER STANDARD analysiert die schwierige Verhandlungsmission der USA: "Die USA pochen auf eine 'palästinensisch geführte Verwaltung' im Gazastreifen nach dem Ende der Hamas. Gleichzeitig bleiben die neuen Bewilligungen von Munitionslieferungen an Israel, im Einklang mit der deklarierten US-Politik, bedingungslos. Für ihren Spagat stecken Blinken und Präsident Joe Biden von allen Seiten Prügel ein. Der wäre schon schwierig genug, auch ohne befürchten zu müssen, dass sich Benjamin Netanjahu, um möglichst lange im Amt zu bleiben, von der Rechten in Abenteuer treiben lässt und selbst eskaliert."
Das WALL STREET JOURNAL blickt auf den US-Wahlkampf. Präsident Biden hat in seiner Rede zum dritten Jahrestag der Kapitolerstürmung vor einer erneuten Präsidentschaft Trumps gewarnt: "Eine der Tragödien einer Neuauflage des Duells Biden gegen Trump ist, dass es ganz und gar um die Vergangenheit gehen wird. Besonders die Wahl vor vier Jahren wird im Fokus stehen. Wer möchte diesen Alptraum noch einmal erleben? Bidens Rede am Freitag gab einen Vorgeschmack darauf, was die Amerikaner in den nächsten zehn Monaten zu erwarten haben, wenn diese beiden die Präsidentschaftskandidaten werden", ist im WALL STREET JOURNAL aus New York zu lesen.
In der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz heißt es: "Sollte es tatsächlich zu einem erneuten Duell zwischen Biden und Trump kommen, werden sich auch zwei unversöhnliche Auffassungen der Wahrheit gegenüberstehen. Der Sturm auf das Kapitol hätte eigentlich ein Weckruf sein sollen. Doch drei Jahre nach dem Angriff auf die Demokratie scheint Amerika nicht mehr zu wissen, wofür es eigentlich steht. So meinte Biden in seiner Rede: 'Wir wissen alle, wer Donald Trump ist. Die Frage, die wir beantworten müssen, lautet: Wer sind wir?'"
Die französische Zeitung LE FIGARO mahnt eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs an: "Die USA sind zum Stillstand verurteilt, es dreht sich alles nur noch um die Frage: Wo liegt die Wahrheit des 6. Januar, haben wir es mit einem falschen Gewinner oder einem schlechten Verlierer zu tun? In den USA und anderswo hat sich jeder bereits seine eigene Meinung gebildet, sodass von der Wahldebatte kaum Fortschritte zu erwarten sind. Aber der Oberste Gerichtshof, der sich bereit erklärt hat, Trumps Wählbarkeit zu prüfen, hat immer noch die Macht, die amerikanische Demokratie wieder in Gang zu bringen. Dazu müsste er nur sagen, wie die Tatsachen wirklich sind", hebt der Pariser FIGARO hervor.
Der Präsident des Europäischen Rates, Michel, hat angekündigt bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni zu kandidieren. Im Falle seiner Wahl werde er sein derzeitiges Amt abgeben. Die belgische Zeitung DE STANDAARD kritisiert das Vorgehen: "Michel gibt seinen Spitzenjob in der EU ein halbes Jahr vor Ende seiner Amtszeit ab. Das zeugt nicht eben von Verantwortungsgefühl, denn gerade toben zwei Kriege, die die ganze Welt in Atem halten. Dass Michel den Wählern die Bewertung seiner Tätigkeit überlassen will, ist nur ein schwaches Argument: Es bleibt der Eindruck, dass er Fahnenflucht begeht. Es klingt überdies wenig glaubwürdig, dass er als ganz gewöhnlicher Abgeordneter im Europaparlament sitzen wird. Michel ist dafür zu ehrgeizig, und er will in der europäischen Spitzenliga mitspielen", unterstreicht DE STANDAARD aus Brüssel.
Die belgische Zeitung DE TIJD kritisiert Michel: "Die Entscheidung, sein Mandat als Präsident des Europäischen Rates vorzeitig niederzulegen, gibt denjenigen, die 'Europa' als einen teuren Rettungsanker für abgehalfterte Politiker betrachten, wieder Munition. Michel wurde ein Mandat als EU-Ratspräsident bis November 2024 erteilt. Wenn man die Präsidentschaft des Europäischen Rates auf diese Weise lediglich als einen Job betrachtet und nicht als eine Mission, bei der es darum geht, Europa sehr skeptischen Wählern näherzubringen, dann zeugt das von politischem Zynismus", hebt DE TIJD aus Brüssel hervor.
Themenwechsel. Die Warschauer Zeitung RZECZPOSPOLITA befasst sich mit dem Umbau der Institutionen in Polen und titelt: "Demokratie, nicht Chaos". "Wir stehen vor einer weiteren schwierigen Woche für die polnische Demokratie - möglicherweise einer der schwierigsten. Es stehen uns Tage der totalen Konfrontation zwischen dem bisherigen PiS-Staat und der Republik Polen bevor – in Gerichtssälen, im Sejm und auf den Straßen polnischer Städte. Nach drei Wochen der Koalitionsregierung von Donald Tusk bedarf es schon maximaler Naivität, um zu glauben, dass die Partei von Jaroslaw Kaczynski ihre Niederlage hinnimmt und die Macht abgibt", notiert die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Die österreichische Zeitung DIE PRESSE schreibt: "In Tusks Team scheint man offenbar zur Einsicht gelangt zu sein, dass sich der Rechtsstaat nicht reparieren lässt, ohne dass dabei Recht gebrochen wird – zumindest so lang nicht, bis Präsident Duda in eineinhalb Jahren sein Amt räumt. Ohne einen überzeugten Demokraten in der Präsidentschaftskanzlei wird die neue Regierung scheitern. Tusk kann es nicht zulassen, dass die öffentlich-rechtlichen Medien im Präsidentschaftswahlkampf 2025 ungeniert Propaganda für die PiS betreiben. Je schneller Tusk den Menschen reinen Wein einschenkt und je fokussierter er bei der Rückabwicklung der illiberalen Wende vorgeht, desto besser für ihn und seine Regierung, für Polen – und für Europa", glaubt DIE PRESSE aus Wien.
Hören Sie abschließend einen Kommentar zur Parlamentswahl in Bangladesch, wo Regierungschefin Hasina zur Wahlsiegerin ausgerufen wurde. Dazu schreibt die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN: "Im Vorfeld wurden zahlreiche Politiker und Anhänger der größten Oppositionspartei BNP festgenommen, die dann zum Boykott der Wahl aufrief und keine Kandidaten mehr stellte. Die Wahlbeteiligung war mit fast 40 Prozent nur noch halb so hoch wie bei der letzten Wahl mit 80 Prozent. Die Bevölkerung zeigte damit, dass dies keine richtige Wahl war. Bangladesch, zweitgrößter Textilexporteur der Welt hinter China, hat sich in den letzten Jahren wirtschaftlich entwickelt und auch die geopolitische Bedeutung des Landes wächst, so dass nicht nur die USA oder Europa sondern auch China sich um die Verstärkung der Beziehungen zu dem Land bemühen. Allerdings wird die immer autoritärer werdende Politik von Regierungschefin Hasina, die seit 2009 im Amt ist, von den westlichen Staaten kritisch gesehen. Von Hasinas Haltung wird abhängig sein, ob Bangladesch ein demokratischer Staat werden kann, zumal die Oppositionen keine wirkungsvolle Alternative aufzeigen kann", analysiert ASAHI SHIMBUN aus Tokio, mit der die internationale Presseschau endet.