15. Januar 2024
Die internationale Presseschau

Zahlreiche Zeitungen kommentieren auch heute den Wahlausgang in Taiwan. Außerdem geht es um die Vorwahlen zur Präsidentschaftskandidatur der Republikaner im US-Bundestaat Iowa und um den Thronwechsel in Dänemark.

Taiwans neuer Präsident, Lai Ching-te (L), von der regierenden Demokratischen Fortschrittspartei feiert zusammen mit der gewählten Vize-Präsidentin, Hsiao Bi-khim (R), seinen Wahlsieg. Beide winken der Menge zu.
Weiter mit der Fortschrittspartei: Lai Ching-te wird neuer Präsident von Taiwan. (picture alliance / AP / The Yomiuri Shimbun / Ichito Ohara)
Zu den Wahlen in Taiwan schreibt die spanische Zeitung LA VANGUARDIA: "Taiwans bisheriger Vizepräsident Lai Ching-Te von der Demokratischen Fortschrittspartei DPP hat die Wahlen eindeutig gewonnen und damit ein klares Signal an Festlandchina gesendet: Die Taiwaner sind bereit, die Herausforderung anzunehmen, die sich durch die Drohungen Pekings ergeben. Allerdings hat die bisherige Regierungspartei bei den Wahlen nach acht Jahren wegen der hohen Inflation und der gesunkenen Löhne ihre Mehrheit im Parlament eingebüßt. Davon profitiert die oppositionelle Kuomintang-Partei, die sich für die Wiederaufnahme des Dialogs mit China einsetzt und auch für eine engere wirtschaftliche Anbindung an das Festland eintritt. Mit Lai hat aber in jedem Fall der Kandidat gesiegt, den Peking am allerwenigsten haben wollte", stellt LA VANGUARDIA aus Barcelona fest.
Die FINANCIAL TIMES aus London vermerkt: "In ersten Erklärungen nach der Wahl schlugen sowohl Peking als auch Lai Ching-te einen relativ versöhnlichen Ton an. Das ist begrüßenswert. Die Spannungen an der Taiwanstraße machen dieses Gebiet zu einem der gefährlichsten Krisenherde der Welt. Pekings Zurückhaltung sowie die Standhaftigkeit der taiwanesischen Regierung werden immer wieder auf die Probe gestellt. Alle Beteiligten sollten die 'roten Linien' kennen und deren Überschreitung in Wort und Tat vermeiden", mahnt die FINANCIAL TIMES.
Die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN geht auf die Reaktion Chinas ein: "Zwar hat Peking kommentiert, die DDP repräsentiere die allgemeine öffentliche Meinung Taiwans nicht. Aber jetzt, nachdem die Entscheidung der Wähler in einer gerechten Wahl getroffen worden ist, muss sich das Regime von Xi Jinping mit der DDP auseinandersetzen. Die Rückkehr der china-freundlichen Partei in die Regierung in Taiwan ist in weite Ferne gerückt. Auch deshalb sollten sich China und Taiwan um militärische Entspannung und den Wiederbeginn ihrer Gespräche bemühen. Für eine Stabilisierung der Lage in Ostasien müssen aber auch die benachbarten Staaten wie Japan dauerhaft aufmerksam bleiben", appelliert ASAHI SHIMBUN aus Tokio.
"Peking wird den Dialog mit Präsident Lai Ching-te wohl ebenso verweigern wie mit dessen Vorgängerin", vermutet die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG. "Darum werden die Spannungen an der Taiwan-Straße weiter zunehmen. Eine Invasion bleibt zwar unwahrscheinlich – zu unberechenbar ist der mögliche Ausgang. Doch Peking wird weiter Druck machen. Und mit jeder Drehung der Eskalationsschraube steigt das Risiko eines Zusammenstoßes, der aus dem Ruder laufen könnte. Dafür sind aber nicht die Wähler des demokratischen Taiwan verantwortlich, sondern allein der grenzenlose Machthunger der Kommunisten auf dem Festland", heißt es in der NZZ aus der Schweiz.
Die polnische Zeitung GAZETA WYBORCZA kommentiert: "Nach der Wahl betonte die US-Regierung erneut, es unterstütze die Unabhängigkeit der Insel nicht. Allerdings ist China besorgt über das angekündigte amerikanische Militärhilfepaket im Wert von 345 Millionen Dollar und die Aussicht, dass die USA die Zusammenarbeit mit Taiwan im Bereich der Cybersicherheit verstärken und sogar ihre militärische Logistikausrüstung dort stationieren könnten. Das chinesische Außenministerium wirft den Amerikanern vor, ihr Versprechen nicht einzuhalten, wonach die Beziehungen der USA zu Taiwan sich nur auf kulturellen und wirtschaftlichen Austausch sowie andere unpolitische Themen beschränken", erläutert die GAZETA WYBORCZA
Das WALL STREET JOURNAL gibt zu bedenken: "Xi wird sein Ziel, Taiwan mit jedem nötigen Mittel zurückzuholen, nicht aufgeben. Das bedeutet, dass die USA dringend ihre militärischen Kapazitäten im westlichen Pazifik ausbauen und Taiwan mit Waffen aufrüsten müssen, die für die Abschreckung einer möglichen Invasion am besten geeignet sind."
"Alles wird weitgehend davon abhängen, was die USA tun", prognostiziert die belgische Zeitung DE TIJD. "Bislang garantieren sie die Sicherheit der Insel, wobei US-Politiker China regelmäßig mit Besuchen in Taiwan provozieren. Wie die künftige US-Politik gegenüber Taiwan aussieht, lässt sich heute nicht vorhersagen. Die US-Wähler werden im November entscheiden, wie sie die Karten legen und wer der nächste Präsident der USA sein wird. Diese Wahl wird für Taiwan und die Sicherheit der Insel mindestens ebenso so wichtig sein wie die Wahl vom vergangenen Samstag", erwartet die Zeitung DE TIJD aus Brüssel. Und damit zum nächsten Thema.
Im US-Bundesstaat Iowa beginnen heute die Präsidentschaftsvorwahlen der Republikanischen Partei. Der ehemalige Präsident Trump ist laut Umfragen klarer Favorit für die Nominierung. HOSPODARSKE NOVINY aus Prag notiert: "Die Wahl in Iowa wird vor allem den Ton für die weitere Kampagne der Republikaner angeben. Die diesjährige Wahl wird aber nicht nur in den Wahlkabinen entschieden. Auch die Gerichte werden mitsprechen. Derzeit laufen in 16 US-Staaten Klagen gegen Trump, mit dem Ziel, ihn von der Wahl auszuschließen. Wenn die Klagen scheitern und Trump an der Wahl teilnehmen kann, ist sein Sieg zum jetzigen Zeitpunkt das wahrscheinlichste Ergebnis", erwartet die tschechische Zeitung HOSPODARSKE NOVINY.
Die slowakische Zeitung PRAVDA meint: "Trump und Biden spalten die Gesellschaft und vertiefen den Graben zwischen beiden Lagern immer mehr. Der Präsident verunsichert die Wähler wegen seines Alters und schreckt sie damit geradezu ab. Dieses Jahr wird er 82 Jahre alt, und der Verlust an körperlicher und mentaler Kondition ist ihm anzusehen. Dabei hat er im Falle seines Wahlsiegs weitere vier Jahre Amtszeit vor sich. Trump wiederum können mehrere Gerichtsklagen in die Knie zwingen, von denen wir noch nicht wissen, wie sie ausgehen. Für die Amerikaner und die ganze Welt wäre es ideal, wenn am Ende weder Trump noch Biden kandidierten. Wenn stattdessen Kandidaten um das Präsidentenamt kämpfen würden, die die Gesellschaft nicht spalten, sondern verbinden. Eine Chance besteht", glaubt PRAVDA aus Bratislava.
Zum Schluss noch zwei Kommentare zum Thronwechsel in Dänemark. Dort hat Margrethe die Zweite nach 52 Jahren abgedankt und das Amt an ihren Sohn Frederik übergeben. Die norwegische Zeitung DAGBLADET hält fest: "Der Grund für die Menschenmassen in Kopenhagen war weniger die Neugier auf den neuen König Frederik, sondern vielmehr der Wunsch der Menschen, Abschied von der überaus respektierten Königin Margrethe der Zweiten zu nehmen. Die Verehrung des Königshauses in Dänemark wirkte immer etwas paradox, aber seltsamerweise leben die Dänen offenbar gut damit. Das dänische Modell funktioniert, und das ist in hohem Maße Verdienst von Margrethe. Die Königin hat zwar nicht den Adel abgeschafft, aber die Zahl der Personen mit königlichen Titeln reduziert. Wenn es die neue Königsfamilie schafft, eher als moderne Kleinfamilie wahrgenommen zu werden als ein unübersichtlicher und privilegierter Clan, hat sie gute Voraussetzungen für den Übergang zu einer modernen Monarchie", ist die Zeitung DAGBLADET aus Oslo überzeugt.
"Wenn Frederik der Zehnte wirklich der 'König von morgen' sein will, muss er das Königshaus von innen erneuern", konstatiert POLITIKEN aus Kopenhagen. "Wir bejubeln in diesen Festtagen eine Institution, die wir heute niemals erfinden würden. Das Königshaus ist ein Anachronismus. Es repräsentiert genau das, was moderne Sozialstaaten beseitigen wollen. Es wird vor dem Gesetz anders behandelt, hat bestimmte Privilegien, genießt keine Religionsfreiheit und darf sich nicht politisch äußern. Aber in den mehr als eintausend Jahren haben sich die Monarchie und die Identität der Dänen untrennbar ineinander verwoben. Selbst die Kritiker haben in den letzten Wochen warme Worte für die Königin gefunden. Denn trotz allem ist das Königshaus ein Spiegel, in dem sich die Gesellschaft selbst sehen kann", unterstreicht POLITIKEN aus Dänemark.