24. Januar 2024
Die internationale Presseschau

Neben den Demonstrationen in Deutschland gegen Rechtsextremismus und der Zustimmung des türkischen Parlaments zum NATO-Beitritt Schwedens sind die Vorwahlen im US-Bundesstaat New Hampshire Thema auf vielen Kommentarseiten.

Donald Trump
Donald Trump hat die Vorwahl in New Hampshire gewonnen (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Matt Rourke)
"Es ist vorbei!", titelt die LOS ANGELES TIMES aus den USA nach dem klarem Sieg von Donald Trump in dem Bundeststaat, in dem Beobachter der Herausforderin Nikki Haley durchaus Chancen eingeräumt hatten: "Haleys Niederlage in New Hampshire macht klar: Trump hat die Nominierung der Republikaner für die Präsidentschaftswahlen zum dritten Mal in der Tasche."
THE SYDNEY MORNING HERALD aus Australien stimmt zu: "Dieses Ergebnis zementiert Trumps Kontrolle über die Partei - und das, obwohl 91 Strafanzeigen gegen ihn vorliegen."
"Trumps Vorsprung ist groß genug ist, um zu zeigen, dass er die Republikanische Partei fest im Griff hat. Er ist aber nicht groß genug, um die Unzufriedenheit vieler Republikaner zu übertünchen", wendet die NEW YORK TIMES ein: "New Hampshire beweist, dass Trumps Partei zersplittert ist, und zersplitterte Parteien haben es schwer, das Weiße Haus zu erobern. Trumps Team wird das Ergebnis dennoch als Mandat hochspielen und versuchen, seine Rivalin Nikki Haley aus dem Rennen zu drängen. Wenn der Oberste Gerichtshof nicht eingreift, ist es so gut wie sicher, dass Trump der Kandidat der Republikaner wird. Aber er ist wie ein britischer Schlachtkreuzer im Ersten Weltkrieg: Hinter der imposanten Fassade können sich fatale Schwachstellen verbergen. Jeder Haley-Wähler hat der Partei den Gefallen getan, zu beweisen, dass Trumps Getöse seine Popularität übersteigt", konstatiert die NEW YORK TIMES.
Das WALL STREET JOURNAL aus New York empfiehlt Haley: "Sie muss ihre Botschaft verstärken und erweitern. Bislang hat sie gezögert, eine härtere Gangart gegenüber Trump einzuschlagen, um die Menschen nicht zu verprellen, die zweimal für ihn gestimmt haben. Aber jetzt muss sie den Republikanern Gründe geben, sie zu bevorzugen. Dazu gehört auch eine klarere Vision dessen, was sie als Präsidentin tun würde. Ihre außenpolitische Position ist beispielsweise durchaus stark, und sie steht im Gegensatz zu Trumps zunehmendem Isolationismus", erläutert das WALL STREET JOURNAL aus den USA.
Die WASHINGTON POST räumt der Herausforderin kaum noch Chancen ein: "Wenn es einen Staat gab, in dem jemand, der nicht Trump heißt, eine Chance haben konnte, dann war es New Hampshire. Die meisten Offiziellen der Republikanischen Partei sehen Trump als den voraussichtlichen Kandidaten und haben sich längst hinter ihn gestellt. Dieser Trend wird sich in den kommenden Stunden und Tagen sicherlich fortsetzen. Das wird den Druck auf Haley vergrößern, klein beizugeben, wenn sie noch eine Zukunft in der Partei haben will", mutmaßt die WASHINGTON POST.
THE GLOBE AND MAIL aus der kanadischen Metropole Toronto fügt an: "Nach Trumps Sieg in New Hampshire zeichnet sich der Kampf ab, den niemand will: ein erneutes Duell mit Joe Biden."
Die russische Zeitung NESAWISSIMAJA GASETA sieht Trump dagegen noch nicht am Ziel: "Es ist alles andere als klar, ob Trump an weiteren Vorwahlen der Republikaner und dann – im Falle seiner endgültigen Nominierung – im November als Kandidat an der US-Präsidentschaftswahl teilnehmen darf. Immerhin laufen zahlreiche Verfahren gegen ihn. Das schwerwiegendste Strafverfahren ist das wegen der Unterstützung der Rebellion vom 6. Januar 2021. Unter solchen Umständen hat noch nie jemand für das US-Präsidentenamt kandidiert", notiert die NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau.
Themenwechsel: Das türkische Parlament hat dem NATO-Beitritt Schwedens zugestimmt. Dazu schreibt die Istanbuler Zeitung MILLIYET: "Vom schwedischen Regierungschef Kristersson über NATO-Generalsekretär Stoltenberg bis hin zum deutschen Kanzler Scholz äußern sich alle zufrieden. Damit sollten nun auch die Vorwürfe aus den westlichen Ländern verstummen, wonach sich die Türkei Russland annähere. Ankara hat sich nie grundsätzlich gegen die NATO-Mitgliedschaft Schwedens ausgesprochen. Die Türkei hat bewiesen, dass sie im Interesse des Bündnisses Schritte zur Versöhnung unternehmen kann, wenn ein Kandidatenland willens ist, auf Sicherheitsbedenken eines anderen Mitglieds einzugehen. Jetzt ist es an Schweden, seine Beziehungen zu Ankara zu stärken. Und die EU und die USA müssen ihre Versprechen erfüllen. Dann sollten sich die Beziehungen der Türkei zu den USA und der EU wieder verbessern", glaubt MILLIYET aus der Türkei.
Alles andere als begeistert klingt DAGENS NYHETER aus Stockholm: "Wäre Verteidigungspolitik ein Rummelplatz, wäre die türkische NATO-Achterbahn eine fantastische Attraktion. Mal geht es sanft bergauf, dann rast man wieder bergab. Der Preis für ein Ticket steht noch nicht fest. Vielleicht ist es Selbsterniedrigung, indem man in Schweden nicht mehr über Kurden spricht? Aber nein, anscheinend sind amerikanische Kampfflugzeuge die einzig akzeptierte Währung", ist in der schwedischen Zeitung DAGENS NYHETER zu lesen.
"Die Türkei hat den NATO-Beitritt von Schweden und Finnland geschickt für sich ausgenutzt", findet die Gastkommentatorin der NIHON KEIZAI SHIMBUN aus der japanischen Hauptstadt Tokio: "Denn Ankara zwang Stockholm, Terrorismusgesetze nach seinen Wünschen zu ändern. Das demokratische Musterland, in dem die Menschenrechte einen so hohen Stellenwert haben, musste der Türkei sehr entgegenkommen. Wahrscheinlich hat die Türkei zudem als Bedingung für ihre Zustimmung zum schwedischen NATO-Beitritt die Lieferung von F16-Kampfjets mit den USA ausgehandelt. Somit muss man klar feststellen: Die Türkei hat aus ihrer Sicht einen großen außenpolitischen Sieg erzielt."
Zum Abschluss der Blick nach Deutschland, wo jüngst Hundertausende gegen rechtsextreme Politik auf die Straße gingen. Die spanische Zeitung EL PAIS zeigt sich beeindruckt: "Die Enthüllungen über ein Treffen zwischen Vertretern der AfD mit militanten Neonazis hat die deutsche Öffentlichkeit aufgeschreckt. Und sie reagiert mit massiven Protesten wie am vergangenen Wochenende. Es ist nicht verwunderlich, dass das Treffen zur massenhaften Abschiebung von Ausländern Assoziationen mit der Wannseekonferenz zur 'Endlösung der Judenfrage' weckt. Deutschland steckt wie ganz Europa in einer schwierigen Lage, denn mit hysterischen Reaktionen der Politik lässt sich die rechte Ideologie nicht stoppen. Viel sinnvoller ist es dagegen, wenn - wie nun in Deutschland geschehen - eine breite Öffentlichkeit reagiert", betont EL PAIS aus Madrid.
Die IRISH TIMES aus Dublin blickt dagegen mit Sorgen nach Deutschland: "Das Land ist zunehmend zerstritten: Das eine Deutschland - das noch immer die Mehrheit verkörpert - ist entschieden pro-europäisch und integrativ. Das andere, voller Ressentiments gegenüber Ausländern und der EU, neigt aber immer mehr zum Rechtsextremismus."
XINJINGBAO aus China greift Bestrebungen der AfD für einen Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union auf: "Die Vorsitzende der AfD, Alice Weidel, erkärte in einem Interview, dass ihre Partei - sollte sie an die Macht kommen - sich um ein Referendum in Deutschland über die EU-Mitgliedschaft im Stil des Brexits bemühen werde. Zwar hatten die jüngst bekannt gewordenen Pläne der Partei, Migranten bzw. Menschen mit Migrationshintergrund zwangsweise auszuweisen, für eine Welle der Empörung im Lande gesorgt und am Image der AfD gekratzt. Wie auch andere rechtsextreme Parteien in Europa spricht die AfD den Institutionen der Europäischen Union wie der Kommission und dem Europaparlament schlichtweg ihre Legitimität ab. Dass die AfD dieses Thema gerade jetzt zur Sprache gebracht hat, mag dem Kalkül entspringen, dass die deutschen Wähler wegen anderer Sorgen infolge der Energiewende abgelenkt sind und der Bedeutung der EU für ihr Leben derzeit nicht die nötige Aufmerksamkeit widmen. Verbündete für einen EU-Austritt wird die AfD unter den deutschen Parteien aber nicht finden", schätzt XINJINGBAO aus Peking.