
Der Ausstand, zu dem die größte Gewerkschaft CGT aufgerufen hatte, richtet sich gegen die Wirtschaftsreformen des neuen, ultraliberalen Präsidenten Milei. Dazu schreibt die spanische Zeitung EL PAIS: "Milei hat seine erste Warnung bekommen. Allein in der Hauptstadt Buenos Aires gingen zehntausende Menschen auf die Straße. Der neue Präsident ist gerade erst einmal ein paar Wochen im Amt und hat bereits zahlreiche Maßnahmen zur Abschaffung staatlicher Institutionen und zur Privatisierung von Unternehmen eingeleitet. Es bleibt abzuwarten, welche Schritte Milei als Nächstes ergreift. Argentinien braucht keine Experimente eines sogenannten Anarchokapitalisten. Aber zweifelsohne braucht das Land ein ehrgeiziges Reformprogramm, um im demokratischen Konsens die tiefe wirtschaftliche Krise und die Spaltung der Gesellschaft zu überwinden", analysiert EL PAIS aus Madrid.
Die argentinische Zeitung CLARIN notiert: "Milei spaltet die Gesellschaft in glühende Anhänger und radikale Gegner, in Liebe und Hass. Umfragen zeigen, dass mehr als 30 Prozent seine Amtsführung 'sehr gut' und mehr als 40 Prozent 'sehr schlecht' finden. Außerdem ist die hohe Inflation die größte Sorge der Wähler aller Parteien. Wie lange halten es die Bürger aus, dass die Preise viel schneller steigen als die Löhne? Diese Frage beschäftigt alle gleichermaßen. Aber es ist eben genau der Umgang der libertären Regierung mit diesem Problem, der jetzt für Spaltung sorgt. Sollen die Sparmaßnahmen durchgeführt werden wie geplant, oder verzichtet Milei darauf, um dann der Opposition vorzuwerfen, sie klammere sich an ihre Privilegien? Daran scheiden sich die Geister – und die nächsten Wochen werden zeigen, ob Milei seinen Plan umsetzt oder nicht." So weit CLARIN aus Buenos Aires.
Die polnische Zeitung GAZETA WYBORCZA ist folgender Meinung: "Der argentinische Präsident Milei hat keine gute Presse. Häufig wird er auf eine Stufe gestellt mit dem früheren US-Präsidenten Trump, dem ehemaligen brasilianischen Präsidenten Bolsonaro oder dem ungarischen Ministerpräsidenten Orbán. In Wirklichkeit ist Milei jedoch weder ein Krawallmacher noch ein inkompetenter Ignorant. Der Präsident ist ein gut ausgebildeter Wirtschaftswissenschaftler, Autor mehrerer Dutzend wissenschaftlicher Arbeiten, Universitätsdozent und ehemaliger Chefökonom mehrerer großer privater und öffentlicher Finanzinstitute. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern und aktuellen Konkurrenten hat Milei den Willen zu tiefgreifenden Reformen, ohne die die argentinische Wirtschaft in immer größere Inflation und Chaos versinken wird", stellt die GAZETA WYBORCZA aus Warschau fest.
Themenwechsel. Die türkische Zeitung YENI ŞAFAK blickt auf die Zustimmung der Türkei zu Schwedens NATO-Mitgliedschaft. Präsident Erdogan hatte die Ratifizierung durch das Parlament zuletzt an die Bedingung geknüpft, dass die USA F-16-Kampfjets liefern: "Unmittelbar nach der Zustimmung des Parlaments in Ankara, soll US-Präsident Biden einen Brief an den Kongress geschickt und um Genehmigung für den Verkauf von F-16-Kampfjets gebeten haben. Sollte er wirklich zustande kommen, wird das das tiefe Misstrauen, das seit langem zwischen beiden Ländern herrscht, etwas verringern. Es ist aber noch zu früh, um zu sagen, ob auch eine neue Ära in den türkisch-amerikanischen Beziehungen beginnen wird", meint YENI ŞAFAK aus Istanbul.
In einem Gastkommentar der japanischen Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN heißt es: "Ungarn und die Türkei wollen ihre Position als NATO-Mitglied und ihre damit verbundenen Veto-Rechte ausnutzen, um eine gewisse Nähe zu Russland aufrechtzuerhalten. Aber dies wäre nicht mehr möglich, sollten beide Länder vom nordatlantischen Bündnis ausgeschlossen werden. Daher war es zu erwarten, dass die Türkei am Ende für den Beitritt Schwedens stimmt. Und auch Ungarn wird sein 'Ok' geben. Was Ungarn und die Türkei treiben, ist aber ein Spiel mit dem Feuer, das langfristig der Staatssicherheit des eigenen Landes schaden und zum Verlust des Vertrauens von Bündnispartnern führen könnte", unterstreicht NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Die Zeitung EXPRESSEN aus Schweden führt aus: "Endlich ist ein Ende des Tauziehens um Schwedens NATO-Beitritt in Sicht, toi toi toi. Natürlich bedeutet eine Mitgliedschaft, dass man sich dann in einer Allianz mit Erdogan und Orbán wiederfindet. Das mag man auf das Minuskonto verbuchen. Trotzdem überwiegen die Vorteile. Schweden muss sich zu einem Kriegstreiber in unmittelbarer Nachbarschaft positionieren, der ein demokratisches Land zerstören will. Da tun wir gut daran, nicht allein dazustehen. Außerdem besteht die NATO nicht nur aus autoritären Staaten. Schweden begibt sich auch in die Gesellschaft demokratischer Länder, die dieselben Werte teilen - und genau da gehören wir auch hin", findet EXPRESSEN aus Stockholm.
Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hat am Montag das größte NATO-Manöver seit Jahrzehnten begonnen. Bei der Militärübung "Steadfast Defender" mit rund 90.000 Soldaten und Soldatinnen soll ein russischer Angriff auf das Bündnisgebiet simuliert werden. "Was ist von diesem Manöver zu halten?", fragt die belgische Zeitung DE TIJD und erläutert: "Es gibt zwei Aspekte. Einerseits kommt man nicht umhin festzustellen, dass die NATO tut, was nötig ist. Vor weniger als fünf Jahren bezeichnete der französische Präsident Macron das Bündnis als 'hirntot'. Das scheint eine Aussage aus der fernen Vergangenheit zu sein. Inzwischen hat die NATO ihre Berufung und ihren Fokus zurückgewonnen. Die Budgets steigen wieder. Es wurden Zusagen gemacht, dies auch weiterhin zu tun. Sowohl Schweden als auch Finnland haben ihre Tradition der Neutralität aufgegeben, um der NATO beizutreten. Andererseits sind wir noch längst nicht da, wo wir sein sollten. Dies gilt vor allem für operative Einsätze. Wenn die USA nicht mitmachen, kann man derzeit wenig oder gar nichts tun", gibt DE TIJD aus Brüssel zu bedenken.
Die chinesische Zeitung JIEFANG RIBAO merkt an: "Seit dem Ende des Kalten Krieges hat die NATO kein Manöver dieser Größenordnung abgehalten: 90.000 Soldaten aus 32 Ländern trainieren bis Mai den Ernstfall. Die dahinterliegende Absicht kann deutlicher nicht sein: Russland soll durch die Großübung abgeschreckt und die Ukraine dagegen ermutigt werden. Darüber hinaus dient das Manöver der Integration aller Bündnisarmeen, vor allem die des neuen Partners Finnland und die des Quasi-Mitglieds Schweden. Wird Europa nun durch solche Aktionen sicherer? Wohl kaum. Es bestehen derzeit keine direkten Gesprächskanäle zwischen der NATO und Moskau", stellt JIEFANG RIBAO aus Schanghai klar.
Die britische Zeitung THE TIMES sieht das Manöver ebenfalls als ermutigendes Signal an die Ukraine, die das in ihrer gegenwärtigen Situation auch gut gebrauchen könne, denn...: "... die Ukraine steckt in Schwierigkeiten. Ihre Gegenoffensive brachte keinen Durchbruch. Sie leidet unter schweren Verlusten, hat kaum noch Munition und keine wirksame Luftabwehr. Sie steht einem Feind gegenüber, der aus früheren Fehlern gelernt hat, seine Arsenale aufgestockt hat und auf einen langen Krieg vorbereitet zu sein scheint, der die Ukraine und ihre westlichen Unterstützer demoralisieren soll. Vor allem die Weigerung des US-Kongresses, die im vergangenen Jahr versprochenen 60 Milliarden Dollar für ein umfassendes Paket von Waffen, Geld und Kriegsbedarf zu bewilligen, droht die ukrainische Verteidigung abrupt zum Erliegen zu bringen. Wenn Europa nicht sehr viel mehr tut, würde ein jäher Abbruch der Hilfe für die Ukraine durch eine künftige Trump-Administration zu einer demütigenden Kapitulation führen - ein Schritt, der für die kollektive Sicherheit des Westens katastrophal wäre." Das war zum Ende der internationalen Presseschau THE TIMES aus London.