
Dazu schreibt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz: "Die Nachricht vom Tod – oder der Tötung – Alexej Nawalnys muss jeden echten Freund Russlands bestürzen. Aber überraschend kommt sie leider nicht. Der Machthaber Putin versuchte schon im Sommer 2020, seinen unbequemsten Kritiker umzubringen, nach Geheimdienstmanier mit Gift. Als dies misslang und das Mordkomplott bis in kleinste Details aufflog, nahm das Regime Rache und erreichte sein Ziel auf anderem Weg. Drei Jahre lang hat es Nawalny hinter Gittern auf vielfältigste Weise gepeinigt. Nawalny bezahlte seinen mutigen Einsatz für die Freiheit mit der Verbannung in eine Hölle auf Erden und nun mit dem viel zu frühen Tod. Nawalny selbst hatte eine klare Botschaft. Gefragt, was er der Nachwelt für den Fall seines Todes ans Herz legen möchte, sagte er einmal: 'Gebt nicht auf. Für den Triumph des Bösen braucht es nur eines – die Untätigkeit der Guten'", hebt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG hervor.
Die polnische Zeitung GAZETA WYBORCZA führt aus: "Der Tod Nawalnys und der Triumph Putins sind für uns alle ein doppeltes Unglück. Er ist ein Schlag für die Demokratie auf der ganzen Welt. Nawalny war ein Symbol dafür, dass ein anderes, demokratisches und ehrliches Russland möglich ist. Und Putin hat sein Ziel nun erreicht. Wieder einmal hat er sich als Profikiller erwiesen. Es ist beängstigend, darüber nachzudenken, wie weit Putin gehen könnte. Der Mord an Alexej Nawalny ebnet den Weg für Aktionen, die die demokratische Welt bedrohen. Eines ist sicher: Der Tod von Alexej Nawalny sollte für uns ein Befehl zum rücksichtslosen Kampf gegen das Putin-Regime sein“, mahnt die GAZETA WYBORCZA aus Warschau.
"Für Russland ist es tragisch, dass das Regime des 71-jährigen Putin den 47-jährigen Nawalny überlebt", heißt es in der österreichischen Zeitung DIE PRESSE: "Wladimir Putins Herrschaft ist an einem Punkt angelangt, an dem es keine Gegenstimmen mehr geben darf - selbst wenn sie hinter Kerkermauern erklingen. Das Regime kann nur noch mit Härte reagieren, alles andere könnte als Schwäche ausgelegt werden. Ist mit dem Tod Nawalnys ein Kulminationspunkt der Verfolgung erreicht? Zu hoffen wäre es. Zu befürchten ist, dass noch andere Opfer folgen. Nawalny jedenfalls war schon zu Lebzeiten ein russischer Held. Er blieb seiner Sache treu, treu bis in den Tod", bemerkt DIE PRESSE aus Wien.
Die japanishe Zeitung ASAHI SHIMBUN aus Tokio meint: "Es ist nicht zu fassen: Alexej Nawalny ist tot. Egal was auch immer die direkte Todesursache war - man kann nichts anderes sagen: Das war ein Mord durch das Regime. Präsident Putin hat den Namen 'Nawalny' noch nie in der Öffentlichkeit ausgesprochen, nutzte stattdessen stets Bezeichnungen wie 'Blogger‘ oder 'Patient in Deutschland'. Allein diese Tatsache zeigt, welch eine beängstigend große Bedeutung Nawalnys Dasein für Putin hatte."
Die britische Zeitung THE GUARDIAN aus London notiert: "Während die Trauer und der Schmerz natürlich in erster Linie bei seiner Familie und seinen Freunden zu spüren sind, ist dies auch ein düsterer Moment für sein Land. Nawalnys Tod unterstreicht, dass es kaum möglich ist, den Status quo infrage zu stellen. Er macht aber auch deutlich, wie verrottet das Putin-Regime im Innersten ist."
Die belgische Zeitung DE STANDAARD ist folgender Meinung: "Während sich in sozialen Netzwerken die Reaktionen überschlagen, ist der Tod des wichtigsten Kremlkritikers in den russischen Medien keine besondere Nachricht. Die Zeitungen und Fernsehsender, die heute in Russland noch arbeiten dürfen, sind nicht in der Lage, größer über eine Person zu berichten, die vom Regime seit Jahren totgeschwiegen wird. War Nawalny wirklich eine Gefahr für die autokratische Herrschaft Putins oder war die rücksichtslose Verfolgung des Oppositionellen eine Folge der Paranoia des Präsidenten? Es ist bekannt, dass Putin inzwischen nur noch wenige Leute neben sich duldet und Berichten zufolge mehrere Doppelgänger hat, weil er einen Anschlag fürchtet. In einem Land, in dem die Medien Weisungen des Kremls gehorchen, die Opposition mundtot gemacht wurde und niemand weiß, was die Bevölkerung wirklich denkt, lässt sich schwer einschätzen, was Nawalny den Russen tatsächlich bedeutete", gibt DE STANDAARD aus Brüssel zu bedenken.
Die türkische Zeitung SABAH aus Istanbul merkt an: "Die Nachricht, dass Nawalny im Gefängnis gestorben ist, hat weltweit Aufmerksamkeit erregt. Für den Westen deutet alles auf Putin als Täter hin. Denn Nawalny war sein entschiedenster Gegner. Doch ist Putin, der es geschafft hat, sein Land stark zu machen und sich mit der Unterstützung der Bevölkerung an der Macht zu halten, so dumm, jemanden wie Nawalny umbringen zu lassen? Wenn Nawalny ermordet wurde, stammt der Täter höchstens aus einer Anti-Putin-Allianz."
Die schwedische Zeitung DAGENS NYHETER wirft ein: "Durch seinen Mut gewann Nawalny auch den Respekt und die Unterstützung einfacher Russen. Darum konnte Putin seine Kandidatur zu den Präsidentschaftswahlen 2018 nicht zulassen, deshalb wurde seine Bewegung verboten – und deshalb ist er jetzt tot. Nawalnys Tod sagt viel darüber aus, was Putin mit der russischen Demokratie und der Bevölkerung gemacht hat. Kurz nach Beginn des Ukraine-Kriegs wurden die letzten unabhängigen Medien geschlossen, und auf jeden Protest regiert das Regime mit Repressionen. Wir können Putin nur als das verstehen, was er ist: als einen Mafiaboss und Diktator, dem es nur um seine eigene Macht geht. Der einzige Weg zu einem dauerhaften Frieden in Europa führt über eine allumfassende politische Veränderung in Russland. Es bleibt nur die Hoffnung, dass Nawalnys Tod kein Ende des Kampfes gegen die Diktatur bedeutet." So weit DAGENS NYHETER aus Stockholm.
Auch um einer Bedrohung durch Putins Russland standzuhalten, diskutiert die Europäische Union über eine atomare Bewaffnung. Die finnische Zeitung AAMULEHTI analysiert: "Es ist sinnlos und töricht, über europäische Atomwaffen nachzudenken. Viel wichtiger wäre es, dass die EU ihre eigene Produktion konventioneller Waffen hochfährt und mehr Munition herstellt, um eine Niederlage der Ukraine zu verhindern. Frankreich verfügt als einziges EU-Land über eigene Atomwaffen, außerdem sind nukleare Sprengköpfe der USA in mehreren Ländern stationiert. Es war Katarina Barley, Vizepräsidentin des EU-Parlaments, die eigene EU-Atomwaffen ins Gespräch brachte. Aber die vernünftigste Haltung nimmt bislang Finnlands Noch-Präsident Sauli Niinistö ein. Er bezeichnete die Debatte als unnötig. Zudem könne man mit Atomwaffen allenfalls drohen, sie aber nicht wirklich benutzen. Das wissen sowohl Putin als auch Nordkoreas Diktator Kim Jong-un, ganz zu schweigen von allen anderen Atommächten", stellt AAMULEHTI aus Tampere klar.
Nun zur Ukraine. Ihre Armee musste zwar die seit Monaten umkämpfte Stadt Awdijiwka im Osten des Landes aufgeben, verzeichnete aber auch militärische Erfolge vor allem im Schwarzen Meer. Die norwegische Zeitung DAGBLADET hält fest: "Früher hieß es, wer die Krim kontrolliere, habe auch die Kontrolle über das Schwarze Meer. Heute sehen wir, dass das nicht stimmt. Zwar hat Russland die Krim besetzt, aber die Ukraine hat der bei Weitem stärkeren russischen Kriegsmarine schwere Niederlagen beschert. Erst vor wenigen Tagen meldete die Ukraine die Zerstörung eines großen russischen Landungsschiffs unweit der Krim. Ursprünglich wollte Putin schnell die gesamte ukrainische Schwarzmeerküste einschließlich der Großstadt Odessa erobern. Aber nach einer ganzen Reihe gelungener Angriffe auf russische Schiffe haben die Ukrainer die Marine des Feindes zum Rückzug aus weiten Teilen des Schwarzen Meeres und weg von der Krim gezwungen. Das bedeutet nichts anderes, als dass sich die Ukraine einen relativ sicheren Korridor für Handelsschiffe bis zu rumänischen und bulgarischen Gewässern und damit zu NATO-Gebiet erkämpft hat." Das war zum Ende der internationalen Presseschau DAGBLADET aus Oslo.