13. März 2024
Die internationale Presseschau

Heute mit Stimmen zur Neuauflage des Duells Trump gegen Biden bei der US-Präsidentschaftswahl und zur Lage in Nahost. Zunächst aber ein Blick nach Haiti. Angesichts der eskalierenden Bandengewalt in dem Karibikstaat hat Regierungschef Henry gestern seinen Rücktritt angekündigt.

Haiti-Krise: Schwer bewaffnete Bandenmitglieder mit Sturmmasken in der Nähe des Nationalpalstes von Port-au-Prince am 9.3.2024.
Haiti ohne Regierung (imago/ MAXPPP / David Lorens Mentor)
Die Zeitung HOY aus dem Nachbarland Dominikanische Republik nimmt die internationale Gemeinschaft in die Pflicht: "Lange hat Haiti verzweifelt um internationale Hilfe gerufen, aber die Reaktionen kamen zu spät und waren unzureichend. Inzwischen haben kriminelle Banden das Land unter ihre Kontrolle gebracht und überziehen die Bevölkerung mit Gewalt und Terror. Es wird gemordet, vergewaltigt und Angst und Schrecken verbreitet. Es ist inakzeptabel, dass es überhaupt so weit kommen musste, damit jemand reagiert. Haiti benötigt mehr als Diskussionen und Treffen, sondern konkrete Taten und einen echten Kompromiss, um an die Wurzel des Übels vorzustoßen und Sicherheit und Stabilität wiederherzustellen", fordert HOY aus Santo Domingo.
Die spanische Zeitung EL PAIS ergänzt: "Der erste Schritt ist die Schaffung eines Übergangsrates, der einen Fahrplan für Wahlen erstellen und die Voraussetzungen für eine internationale Unterstützungsmission schaffen soll. Vor allem wichtig ist die Entsendung einer von den Vereinten Nationen überwachten und von Kenia koordinierten Militärtruppe. Der prominenteste Bandenführer hat aber bereits gewarnt, dass er ein Eingreifen von außen ablehnt. Tatsächlich steckt Haiti bereits in einem Bürgerkrieg geringer Intensität. Es ist die Pflicht der internationalen Gemeinschaft, dieser Entwicklung sofort Einhalt zu gebieten", vermerkt El Pais aus Madrid.
Die chinesische Zeitung XINMIN WANBAO aus Schanghai schaut skeptisch auf einen internationalen Einsatz: "Die Vereinten Nationen hatten bereits Ende des vergangenen Jahres der Entsendung einer multinationalen Mission zur Stabilisierung der Verhältnisse in dem Inselstaat zugestimmt - bisher aber ohne nennenswerte Wirkung. Es ist auch zu bezweifeln, dass sie den bis an die Zähne bewaffneten Gangstern Paroli bieten könnte. Washington scheint Haiti jedenfalls nicht die nötige strategische Bedeutung zuzumessen, um seine Truppen dorthin zu entsenden."
Der BOSTON GLOBE glaubt ebenfalls nicht an den Erfolg einer internationalen Mission. "Es gibt keinen Retter von außen, keinen deus ex machina, der die Dinge zum Besseren wenden wird. Vielleicht kann sich eine Volksbewegung zusammenfinden und sich gegen die Banden erheben, die das Leben in Haiti zu einem solchen Elend gemacht haben. Dem haitianischen Volk mangelt es nicht an Talent, Tatkraft oder Fantasie. Das beweist der Erfolg haitianischer Einwanderer in Amerika und anderswo. Ein Jahrhundert ausländischer Einmischung hat die endlose Krise in Haiti nicht gelöst. Das wird auch jetzt nicht der Fall sein. Haiti ist in einer verzweifelten Lage, aber die einzigen, die es 'in Ordnung bringen' können, sind die Haitianer selbst. Das war der BOSTON GLOBE aus den USA.
So sieht es auch die Zeitung EL CARIBE aus der Dominikanischen Republik: "Der Rücktritt von Premierminister Henry ist ein erster Schritt auf dem Weg zu einem Mindestmaß an politischer und sozialer Stabilität. Allerdings nur ein erster und wackliger, in keiner Weise sicherer Schritt. Die Hoffnung besteht darin, dass von nun an die Tür zu einem Prozess geöffnet wird, der zur Berufung legitimer Autoritäten führt, und dass es nun in den Händen der Menschen in Haiti liegt, über ihr Schicksal zu entscheiden. Die Haitianer selbst sind die Protagonisten des jetzt zu beschreitenden Weges, auch wenn dieser mühsam erscheint", bemerkt die EL CARIBE aus Santo Domingo.
Themenwechsel. Bei der Präsidentschaftswahl in den USA kommt es aller Voraussicht nach zu einer Neuauflage des Duells Biden gegen Trump. Beide Kandidaten haben die benötigten Stimmen für die Nominierung durch ihre Parteien zusammen. Die in Singapur erscheinende Zeitung LIANHE ZAOBAO kommentiert: "Nachdem nun auch Lara Trump, die Schwiegertochter des Ex-Präsidenten, zur Ko-Vorsitzenden des nationalen Wahlkampfkomitees der Republikaner gewählt worden ist, ist diese Partei nun völlig von Donald Trump vereinnahmt worden. Dies bedeutet, dass die populistischen Kräfte, auf die sich Trump stützt, nun endgültig im politischen Mainstream des Landes angekommen sind. Zu dieser Entwicklung beigetragen hat aber auch der extreme Flügel der Demokraten, dessen Positionen etwa in Bezug auf den Kolonialismus und die Gender-Ideologie viele Wähler der Mitte verschreckt haben", meint LIANHE ZAOBAO aus Singapur.
Die Zeitung RZECZPOSPOLITA aus Polen blickt auf den gestrigen Besuch des polnischen Premierministers Tusk bei US-Präsident Biden in Washington und notiert: "Polen setzt bei den Wahlen stark auf Biden. Diese Strategie von Donald Tusk ist allerdings nicht risikofrei. Die Umfragen stehen derzeit positiv für Trump, und in zehn Monaten muss sich der polnische Premierminister möglicherweise mit ihm als Präsidenten der Vereinigten Staaten auseinandersetzen. Allerdings ist Tusk offenbar zu dem Schluss gekommen, dass es noch riskanter wäre, nicht den gesamten Einfluss unseres Landes in Washington zu nutzen, um die existenzielle Bedrohung zu stoppen, die eine erneute Präsidentschaft Donald Trumps für die freie Welt und insbesondere für Polen darstellen könnte", schreibt die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Von Ungarns Regierungschef Viktor Orbán kommt dagegen Unterstützung für Trump. Dazu heißt es in der lettischen Zeitung NEATKARĪGĀ RĪTA AVĪZE aus Riga: "Die Äußerungen von Ungarns autoritärem Ministerpräsidenten Orbán nach seinem Besuch in den USA lassen aufhorchen, denn schließlich haben er und Trump die gleiche Sicht auf die Welt und verstehen sich deshalb blendend. So erklärte Orbán, er wolle keinen Cent für den Krieg zwischen Russland und der Ukraine ausgeben. Damit würde der Krieg umgehend beendet. Diese Haltung ist auch im Trump-Lager weit verbreitet. Trump gibt einfache Antworten auf komplizierte Fragen, und das gefällt vielen Leuten. Je kürzer die Sätze, desto besser", beobachtet NEATKARĪGĀ RĪTA AVĪZE aus Lettland.
Zum Abschluss der Presseschau noch zwei Kommentare zur Situation im Gazastreifen. In der Istanbuler Online-Zeitung T24 ist zu lesen: "Die Bilder aus Gaza sind deprimierend und die Situation wird sich während des Ramadans noch verschlimmern. Niemand kann Israel aufhalten. Diese Schande und dieses Gemetzel in Gaza, wo alles zusammengebrochen ist, wo überall Hunger, Durst und Elend herrschen, zwingt den Westen, etwas zu unternehmen. Anstatt Israel zu einem Waffenstillstand zu zwingen, haben die USA und die EU die Lösung in der Lieferung von Hilfsgütern auf dem Luft- und Seeweg gefunden. Aber der Bau des provisorischen Hafens wird Wochen dauern. Bis dahin werden die Menschen in Gaza verhungern und verdursten. Die ganze Welt wird angesichts des Leidens der Menschen in Gaza auf ihre Aufrichtigkeit geprüft. Der Westen und die arabischen Länder haben diesen Test nicht bestanden", beklagt die türkische Zeitung T24.
Die schwedische Zeitung EXPRESSEN aus Stockholm kommentiert: "Dass jetzt Hilfsgüter aus der Luft geliefert werden und in aller Eile ein provisorischer Hafen gebaut wird, sind Schritte in die richtige Richtung. Es bleibt aber abzuwarten, ob sich dadurch der Hunger beseitigen lässt. Die Hamas trägt eine schwere Verantwortung für die humanitäre Lage. Israel hatte nach dem bestialischen Angriff am 7. Oktober jedes Recht, zu den Waffen zu greifen. Es gibt auch mehrere legitime Erklärungen, warum die Lieferung von Lebensmitteln zurückgegangen ist. Kontrollen sind notwendig, und es ist schwierig, Hilfsgüter in einem Kriegsgebiet zu verteilen. Aber trotzdem ist Israel als Besatzermacht dafür verantwortlich, dass die Zivilbevölkerung nicht hungert – denn auch Krieg hat seine Gesetze", mahnt EXPRESSEN aus Stockholm.Mit dieser schwedischen Stimme endet die Internationale Presseschau.