
Die dänische Zeitung POLITIKEN unterstreicht, dass die Wahl in Russland nicht demokratisch sei: "An diesem Wochenende sind die Russen zur Wahl aufgerufen. Aber nur Einer kann wirklich wählen. Es gibt in der Praxis nur einen Kandidaten. Es ist ein und derselbe Mann - Präsident Putin. Er hätte sich auch entscheiden können, seine Rente zu nehmen, zu Hause zu sitzen und eine schöne Tasse Tee in seiner Datsche zu genießen. Das hat er nicht getan. Putin hat stattdessen für sich selbst gestimmt. In 19 der bisher 24 Jahre, in denen sich Putin an die Macht klammert, befand sich Russland im Krieg. Er hat sich dafür entschieden, die Verfassung zugunsten seiner eigenen Macht zu ändern. Er hat sich dafür entschieden, die Medien zu unterdrücken. Natürlich gibt es in Russland Wahlen. Putin wählt. Aber Putins Wahl wird niemals demokratisch und legitim sein", hebt POLITIKEN aus Kopenhagen hervor.
Die irische Zeitung THE IRISH TIMES ist überzeugt: "Putin wird bei dieser Scheinwahl eine fünfte Amtszeit gewinnen, so dass er bis 2030 an der Macht bleiben kann - und, sollte er erneut kandidieren, sogar bis 2036. Proteste dagegen wirken aussichtslos, bestenfalls symbolisch. Das Volk ist erfolgreich eingeschüchtert worden. Nichts scheint den Putin-Monolithen erschüttern zu können, außer vielleicht die - unwahrscheinliche - Aussicht auf eine Niederlage in der Ukraine. Allerdings sind einige mutige Menschen bereit, persönlich Zeugnis davon abzulegen, dass es ein 'anderes Russland' gibt. So wie jene, die zur Beerdigung von Alexej Nawalny gekommen sind. Seine Witwe Julia hat zu der Protestaktion 'Mittag gegen Putin' aufgerufen. Nawalnys Anhänger sollen alle zur selben Zeit am Sonntagmittag in großer Zahl zu den Wahllokalen zu kommen, um auf diese Weise ihre Ablehnung zu bekunden. Die Stimme der Freiheit wird weiterhin ihren Nachhall finden", glaubt die IRISH TIMES aus Dublin.
Die estnische Zeitung POSTIMEES notiert: "Der Kaiser in Moskau ist längst nackt, und niemand nimmt die Präsidentschaftswahlen in Russland jetzt noch ernst. Aber Putin überlässt nichts dem Zufall und wiederholt nicht den Fehler wie in Belarus, wo 2020 vermutlich die Oppositionskandidatin Swjatlana Zichaouskaja gewann. Die Wahlen finden auch in den besetzten ukrainischen Gebieten statt, was einen Verstoß gegen das internationale Recht darstellt. Allerdings könnten diese Wahlen genauso gut auf dem Mond stattfinden: Was in Donezk und Luhansk passiert, lässt sich nicht kontrollieren. Man weiß nicht einmal genau, wie viele wahlberechtigte Personen dort überhaupt leben, und das ist eine großartige Möglichkeit, um eine gewaltige Zustimmung zu generieren. Auch in Russland selbst sind keine internationalen Beobachter zugelassen, und wirklich unabhängige Umfragen sind längst Geschichte. Es ist also kein Wunder, dass die internationale Gemeinschaft diese Wahlen als unrechtmäßig bezeichnet", hebt POSTIMEES aus Tallinn hervor.
In der tschechischen Zeitung LIDOVE NOVINY heißt es in einem Gastkommentar: "Obwohl die meisten Oppositionskandidaten entweder im Exil oder im Gefängnis oder sogar tot sind, ist nicht auszuschließen, dass die Präsidentschaftswahl diesmal ähnlich dramatisch wird, wie die Wahl 2018. Damals hatte der Kreml-Kritiker Alexej Nawalnyj zu massenhaften Protesten im ganzen Land aufgerufen. Die Idee der Protestaktion 'Mittag gegen Putin' hat die ewig gespaltene russische Opposition geeint. Fast alle sind bereit, daran teilzunehmen.Es wäre naiv zu erwarten, dass ein solch vorsichtiger Ausdruck des zivilen Ungehorsams Proteste oder gar eine Revolution auslösen würde. Aber in den letzten Monaten sind alle frei denkenden Russen zu der Überzeugung gelangt, dass auch symbolische Äußerungen des Dissenses Gewicht haben können", ist in LIDOVE NOVINY aus Prag zu lesen.
Die russische Zeitung NESAWISSIMAJA GASETA schreibt: "Die Wahlen finden in einem relativ neuen politischen Kontext statt. Der deklarative Bruch zwischen dem russischen System und den westlichen Demokratien ist schwerwiegend und scheint mitunter sogar unwiderruflich. Die souveräne Demokratie in Russland hat noch keine eigenen institutionellen und prozeduralen Merkmale entwickelt. Russland hat nur im Jahr 1996 die Erfahrung mit einer zweiten Präsidentschaftswahl-Runde - mit einer Stichwahl - gemacht. Die Auseinandersetzungen über die Fairness der Zählung dauerten dann jahrzehntelang an. Seit den 2000er Jahren glaubt man unausgesprochen, dass der Favorit im ersten Wahlgang mit deutlichem Vorsprung gewinnen und sogar mehr als 70 Prozent der Stimmen erhalten würde", erläutert die Moskauer NESAWISSIMAJA GASETA.
Auch wenn die Wiederwahl Putins als gesichert gelte, werde es der russische Präsident in seiner fünften Amtszeit sehr schwer haben, prophezeit die chinesische Zeitung JIEFANG RIBAO: "Die Lage in der Ukraine ist seine größte Herausforderung. Das Patt auf den Schlachtfeldern kann ihm sehr gefährlich werden. Friedensverhandlungen mit ihm lehnt die ukrainische Regierung per Gesetz ab. Ein Durchbruch ist nicht zu sehen. Außenpolitisch ist Russland in der westlichen Welt isoliert. Solange der Krieg in der Ukraine andauert, wird das Tor zum Westen für Moskau geschlossen bleiben. Russland beteiligt sich nicht mehr am Welthandel. Putin hat keine andere Wahl, als Nähe zu den Ländern im Osten zu suchen", findet JIEFANG RIBAO aus Schanghai.
Hören Sie nun noch Kommentare zur Regierungsbildung in den Niederlanden. Knapp vier Monate nach der Parlamentswahl zeichnet sich ein loses Regierungsbündnis ab, ohne den Rechtspopulisten Wilders als Ministerpräsident. Der Schweizer TAGES-ANZEIGER unterstreicht: "Auch wenn sie vielen Europäern nicht passt, demokratisch ist diese Entwicklung völlig in Ordnung. Die Wähler, die Wilders im November einen gewaltigen Vorsprung an Mandaten bescherten, wussten, für wen sie stimmten. Sie wollten es genau so haben. Alles andere als ein rechtes Kabinett, etwa eine große Mitte-Koalition mit Grünen und Sozialdemokraten, wäre eine Absurdität, die vermutlich rasch in Neuwahlen münden würde. Die wiederum die Rechten laut Umfragen noch weit stärker machen würden. Das 'außerparlamentarische' Kabinett, das nun kommen soll, ist unter diesen Umständen wohl noch die beste, für das Land verträglichste Option, weil sie vieles im Ungefähren lässt", meint der TAGES-ANZEIGER aus Zürich.
DE TELEGRAAF aus Amsterdam äußert sich erleichtert: "Endlich gibt es Fortschritte bei der Bildung eines neuen Kabinetts. 114 Tage nach den Wahlen hat der vom Parlament beauftragte Sondierer Kim Putters die vier Parteien dazu gebracht, weiter über ein sogenanntes Programmkabinett zu verhandeln. Es wäre wirklich an der Zeit, dass sich eine Regierung an die Arbeit macht. Denn es gibt große Probleme - wie etwa Russland, Migration, Wohnungskrise, Gesundheitskosten -, die danach schreien, tatkräftig angegangen zu werden. Aber es ist zu bezweifeln, dass dieses Experiment gelingen wird", warnt DE TELEGRAAF aus den Niederlanden.
Skeptisch ist auch die belgische Zeitung DE STANDAARD ausBrüssel: "Belgien hat schon Erfahrungen mit Regierungen gesammelt, bei denen die wichtigsten Strippenzieher nicht zum Kabinett gehören. Das führt zu Einflüsterungen von außen, die in der Regel nicht eben förderlich für die Stabilität der Regierung sind. Ein stabiles Kabinett braucht vielmehr Schwergewichte, die untereinander Vereinbarungen schließen können. Danach sieht es aber gerade nicht aus."
In einem Gastkommentar der österreichischen KLEINEN ZEITUNG aus Graz heißt es: "In den Niederlanden startet ein Polit-Experiment. Die neue Vierer-Allianz setzt im Parlament auf wechselnde Mehrheiten – 'extraparlamentär'. Für Verbündete auf EU-Ebene wie Deutschland und Österreich bedeutet das den nächsten Verlust eines Partners. Der Wind dreht. Das macht der Fall Wilders deutlich."