
Die kremlnahe russische Zeitung ISWESTIJA notiert: "Mehr als 74 Prozent der Bürger haben sich dafür entschieden, ihre Stimme abzugeben. Diese Rekordbeteiligung spricht für die Konsolidierung der russischen Gesellschaft vor dem Hintergrund äußerer Bedrohungen. Sie ist auch darauf zurückzuführen, dass die Ukraine ihre Angriffe auf grenznahe Regionen in den vergangenen Tagen verstärkt hat. Russland hat sich hinter seinem Präsidenten Putin versammelt", ist die Meinung der russischen Zeitung ISWESTIJA.
"Wladimir Putin setzt auf zwei Dinge: auf Angst und Passivität", erklärt der TAGES-ANZEIGER aus Zürich: "Wenn jemand zur Wahl geht und Putins Namen ankreuzt, sagt das wenig über seine politische Haltung aus. Leute nehmen teil, um sich nicht verdächtig zu machen, um ihren Job zu behalten, weil es eh egal ist. Man darf nicht unterschätzen, unter welchem Druck die Menschen dabei stehen. Viele Chefs verlangen Beweise dafür, dass die Mitarbeiter abgestimmt haben, Selfies aus dem Wahlbüro. Doch zum Druck kommt auch ein großes Desinteresse. Jahrzehntelang haben die Menschen gelernt, sich von Politik fernzuhalten. Die Wahl kümmert viele schlicht nicht genug, um sie zu boykottieren. Für sie ist es bequemer, ihr Kreuzchen zu machen und dann Ruhe zu haben", bemerkt der TAGES-ANZEIGER.
Die dänische Zeitung POLITIKEN führt aus: "Nur Putins innerer Kreis weiß, wie viele Menschen nicht zur Wahl gingen, 'Nawalny' auf ihre Stimmzettel schrieben oder einfach für einen der anderen zugelassenen Kandidaten stimmten. Auf jeden Fall kamen Wähler der Aufforderung aus der Opposition nach, am Sonntag um 12 Uhr zur Abstimmung zu gehen. Die langen Schlangen an mehreren Orten deuten darauf hin, dass es noch immer ein anderes Russland als das von Putin gibt. Tatsächlich gilt für autoritäre Systeme, dass die Ergebnisse von Wahlen absehbar sind, nicht aber die Folgen, die sie nach sich ziehen“, hält POLITIKEN aus Kopenhagen fest.
"Die Russen trauen Putin zu, auch die Herausforderungen der Gegenwart zu meistern", urteilt ZHONGGUO QINGNIAN BAO aus Peking. "Seit seiner ersten Amtszeit im Jahr 2000 zeigt er, dass er die Person ist, die sein Land aus der Krise führen kann. Unter ihm hat sich die russische Wirtschaft erholt. Militärisch rüstet Moskau unter Putin auf, um den strategischen Abschreckungseffekt gegenüber der NATO zu gewährleisten. Eine Verbesserung der Beziehungen zum Westen ist angesichts von Putins Wiederwahl momentan und auch in naher Zukunft nicht in Sicht", vermerkt die chinesische Zeitung ZHONGGUO QINGNIAN BAO.
In der polnischen GAZETA WYBORCZA ist zu lesen: "Nicht die Beteiligung oder der Stimmenanteil steht bei der Wahl im Vordergrund – sie können vom Staatsapparat jederzeit passend 'gemalt' werden. Es kommt auf den Eindruck an, den das Verfahren bei Untertanen und den Staatschefs anderer Länder hinterlässt. Die Wahl soll den Glauben vermitteln, dass die überwiegende Mehrheit der Untertanen den Herrscher, sein Handeln und vor allem den Krieg in der Ukraine mit Begeisterung unterstützt", unterstreicht die GAZETA WYBORCZA aus Warschau.
Die westlichen Ländern müssten genau deshalb jetzt Flagge zeigen, meint THE INDEPENDENT aus London: "Und zwar indem sie Kiew die Waffen, die Munition und die Mittel zur Verfügung stellen, die die Streitkräfte zur Verteidigung gegen die russischen Truppen benötigen. Wir sind dazu moralisch verpflichtet, denn die Ukraine kämpft im Wesentlichen für das übrige Europa. Je mehr Unterstützung die westlichen Verbündeten der Ukraine leisten, desto mehr wird Putins falsches Weltbild durchlöchert", argumentiert die britische Zeitung THE INDEPENDENT
"Umdenken ist angesagt", fordert hingegen DER STANDARD aus Wien. "Wir werden mit Wladimir Putin und der von ihm angedachten neuen Großmacht Russland leben müssen. Und vielleicht schon in naher Zukunft werden wir mit Putin verhandeln müssen. Denn die Unterstützung für die Ukraine bröckelt. Die USA wollen zumindest derzeit kein Geld mehr für das überfallene Land ausgeben. Die verbleibende Last können die Europäer nicht schultern. Außer sie wollen ihre Wirtschaft, ihre Gesellschaft ruinieren. Sicher muss man der Ukraine humanitär und beim Wiederaufbau helfen. Schrankenlose Waffenlieferungen aber verlängern nur den Krieg und das Leid der Menschen", findet DER STANDARD aus Wien.
"Putins Position ist nicht so stark, wie sie scheint", schreibt die türkische Zeitung EKONOMI mit Blick auf mögliche Friedensverhandlungen: "Der Ukraine ist es zum Beispiel gelungen, der russischen Schwarzmeerflotte erheblichen Schaden zuzufügen. Die Russen haben zudem immer noch Schwierigkeiten, Soldaten für den Krieg zu finden. Die Sanktionen treffen auch die russische Wirtschaft, wenn auch nicht in dem erwarteten Ausmaß. Das Grundproblem ist, dass Russland und die Ukraine zu dem Schluss kommen müssen, dass sie genug erreicht haben, um die Kämpfe einstellen zu können. Das erfordert viel diplomatisches Geschick und Fingerspitzengefühl", meint EKONOMI aus Istanbul.
Themenwechsel. Bundeskanzler Scholz hat bei einem Besuch in Israel eine dauerhafte Waffenruhe im Nahostkrieg gefordert und die Notwendigkeit einer Zweistaatenlösung unterstrichen. Zur wachsenden Kritik der Verbündeten am militärischen Vorgehen Israels schreibt THE JERUSALEM POST: "Auch wenn die Äußerungen gut gemeint sind: Die Geschichte hat uns gelehrt, dass die Einmischung in die Politik eines anderen Landes die Spannungen in einem Konflikt verkomplizieren und manchmal sogar verschärfen kann. Die meisten Israelis lehnen eine Zweistaatenlösung ab. Und die Entscheidung über diese Frage liegt bei ihnen."
Die Zeitung AL AYYAM aus Ramallah im Westjordanland stellt fest: "Fünf Monate sind seit Beginn des Krieges in Gaza mittlerweile vergangen. Inzwischen haben etliche Staaten starke Vorbehalte gegen das israelische Vorgehen. Sie alle fordern ein Ende des Krieges und wenden sich dagegen, dass der Krieg nun auch auf Rafah übergreift. Entsprechend überdenken viele Staaten, die Israel anfänglich unterstützten, ihre Position. Israels Premierminister Netanyahu hingegen versucht weiterhin ein Abkommen mit der Hamas zu verhindern, auf dessen Grundlage ein Waffenstillstand und ein Austausch der Gefangenen möglich wäre", kritisiert die palästinensische Zeitung AL AYYAM.
"Das militärische Vorgehen Israels hat zur Zwangsvertreibung Hunderttausender Palästinenser geführt", betont die nigerianische Zeitung THE NATION und appelliert an die USA: "Wenn die einzige Supermacht der Welt angesichts der Dreistigkeit der israelischen Regierung keine Entschlossenheit an den Tag legt, wird dies nicht nur die Zukunft von Millionen Palästinensern, sondern auch die Chancen auf eine Wiederwahl von US-Präsident Biden im November beeinträchtigen. Er muss die sanfte Diplomatie endlich durch Durchsetzungsvermögen ersetzen. Die Zukunft des Gazastreifens und seine eigene hängen davon ab", erklärt THE NATION aus Lagos.
Hören Sie abschließend einen Kommentar der niederländischen Zeitung DE VOLKSKRANT zum Migrationspakt zwischen der EU und Ägypten: "Das Land erhält nicht nur Geld, um Migranten zu stoppen, sondern auch für die wirtschaftliche Entwicklung. Außenpolitik ist eben oft eine Entscheidung zwischen unattraktiven Alternativen. Das Regime von Ägyptens Präsident al-Sisi zu unterstützen, widerspricht europäischen Werten. Doch wer in der Migrationspolitik nichts tut, riskiert eine Krise, die die Stabilität der EU bedroht. Im Namen der Demokratie hatten Frankreich und Großbritannien 2011 den libyschen Diktator Muammar al-Gaddafi gestürzt, was letztlich nur zu einem Chaos führte, unter dem Libyen und Europa bis heute leiden. Angesichts dessen verdient das Abkommen mit Ägypten einen Vertrauensvorschuss",