Sonntag, 28. April 2024

22. März 2024
Die internationale Presseschau

Heute mit Stimmen zum Weltwassertag und zu den Bemühungen um eine Waffenruhe im Gaza-Krieg. Zu Beginn aber ein Blick auf den EU-Gipfel in Brüssel. Dazu schreibt die russische Zeitung KOMMERSANT:

22.03.2024
Staats- und Regierungschefs sprechen in Brüssel vor dem EU-Gipfel
Der EU-Gipfel in Brüssel kann als historisch bezeichnet werden, meint die russische Zeitung KOMMERSANT und meint damit vor allem die Diskussionen zum Krieg in der Ukraine. (AFP / SAMEER AL-DOUMY)
"Man kann diesen EU-Gipfel als historisch bezeichnen. Die Hauptsache ist dabei nicht einmal der Umgang mit eingefrorenem russischem Vermögen. Bemerkenswert ist vielmehr, dass die Europäische Union erstmals darüber diskutiert, die Wirtschaft in den Kriegsmodus zu versetzen. Bisher galten ganz andere Prioritäten, zum Beispiel der Klimaschutz. In Handbüchern wurde den Landwirten erklärt, wie viel Kohlendioxid Kühe ausstoßen dürfen, um die Umwelt nicht zu belasten. Weitere Themen waren das Gendern, Multikulturalität und Geschlechtergleichheit. Vor diesem rührenden Regenbogen haben die Europäer die militärische Bedrohung vergessen. Jetzt müssen sie aufholen", fasst die Zeitung KOMMERSANT aus Moskau das Treffen zusammen.
Die portugiesische Zeitung JORNAL DE NEGOCIOS konstatiert: "Europa ist in Gefahr und muss in der Lage sein, sich selbst zu verteidigen - und zwar ohne auf die Hilfe der USA oder die Gnade Russlands angewiesen zu sein. Sonst beschränkt sich die EU zu sehr auf eine passive Rolle. Es ist an der Zeit, dass die europäischen Regierungen ihren Bürgerinnen und Bürgern endlich reinen Wein einschenken, was die möglichen Gefahren angeht", verlangt JORNAL DE NEGOCIOS aus Lissabon.
In eine ähnliche Richtung geht die Argumentation der spanischen Zeitung EL MUNDO: "Es lässt sich unmöglich ignorieren, dass die EU-Staaten eine nachhaltige Verteidigungsstrategie entwickeln müssen. Die bisher von der EU geleistete Hilfe für die Ukraine hat sich als unzureichend erwiesen. Auch in der Frage des Gaza-Kriegs ist es schwierig, eine gemeinsame Haltung zu finden. Aber eines ist klar: Europa muss in der Lage sein, sich selbst zu verteidigen und gleichzeitig an seinen demokratischen Werten festhalten", befindet EL MUNDO aus Madrid.
In Brüssel hat gestern auch ein internationaler Atomenergie-Gipfel stattgefunden. Rund 30 Länder wollen sich für einen beschleunigten Ausbau von Atomkraftwerken einsetzen. Eine Gastkommentatorin der Schweizer Zeitung LE TEMPS meint dazu: "Es spricht nichts dagegen, die bestehenden Kraftwerke weiter zu betreiben und schon heute dafür zu sorgen, dass neue gebaut werden. Denn erneuerbare Energien sind zwar tugendhaft, aber unzuverlässig. Deshalb sollte sich die Schweiz rasch für die Kernenergie entscheiden, statt wie Deutschland auf Gaskraftwerke zu setzen, die CO2 ausstoßen", argumentiert LE TEMPS aus Genf.
THE KOREA HERALD aus Seoul verweist auf Erfolge der Atomenergie in Südkorea - vor allem in Sachen Zuverlässigkeit und Sicherheit: "Im Jahr 2022 etwa lieferten Kernreaktoren mehr als 18 Prozent des südkoreanischen Strombedarfs. Nur drei Prozent stammten aus Solarenergie, rund zehn Prozent aus Windenergie. Bei anderen Themen sprechen progressive Politiker immer davon, dass ihre Entscheidungen auf der Wissenschaft beruhen. Aber wenn es um saubere Kernenergie geht, ignorieren sie die wissenschaftlichen Erkenntnisse seit Jahrzehnten", kritisiert der südkoreanische KOREA HERALD.
Nach Israel: Dort führt US-Außenminister Blinken gerade Gespräche über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg. Die Zeitung HAARETZ aus Tel Aviv beleuchtet aus diesem Anlass das Verhältnis der USA zur israelischen Regierung: "Niemand im Weißen Haus hat Vertrauen in Premierminister Netanjahu. Die Zukunft unseres Landes hängt also vom Ende seiner Regierung ab. Schon jetzt wird auf Netanjahus Position keine Rücksicht mehr genommen: US-Präsident Biden hat beschlossen, Hilfsgüter für Gaza aus der Luft abzuwerfen und einen Seekorridor zu bauen. Außerdem stellt er sich gegen einen israelischen Militäreinsatz in Rafah. Die Welt verliert die Geduld. Die einzige Möglichkeit zu einem Kurswechsel sind weitere Proteste gegen Netanjahu und vorgezogene Neuwahlen", schlussfolgert HAARETZ aus Israel.
Die türkische Zeitung YENI ŞAFAK ist sicher, dass die US-Regierung Israel auch weiterhin unterstützen wird: "Aber Waffenlieferungen könnten von Menschenrechten abhängig gemacht werden. Trotzdem bleiben die Forderung der US-Regierung nach einer Zweistaaten-Lösung wahrscheinlich folgenlos. Ohne Druck auf Israel aber wird es keinen gerechten Frieden geben. Da weder Demokraten noch Republikaner dazu bereit sind, scheinen die Aussichten auf eine dauerhafte Lösung des Konflikts gering", bedauert YENI ŞAFAK aus Istanbul.
Die norwegische Zeitung AFTENPOSTEN hält auch die Hamas für ein Hindernis für einen Frieden: "Frieden ist für jede israelische Regierung undenkbar, solange die Hamas den Gazastreifen kontrolliert. Damit kommt die Fatah als zweite große Palästinenserorganisation ins Spiel. Sie steht für die Misswirtschaft der palästinensischen Autonomiebehörde und ihr Präsident Abbas ist inzwischen 88 Jahre alt. Auch er muss so schnell wie möglich sein Amt aufgeben. Aber es gibt durchaus Kräfte, die mit einer neuen und moderateren israelischen Regierung zusammenarbeiten könnten", hebt AFTENPOSTEN aus Oslo hervor.
"Die Palästinensische Autonomiebehörde ist zu schwach, um den Gazastreifen zu regieren", ist in einem Gastbeitrag in der BANGKOK POST zu lesen: "Was könnte also funktionieren? Ein arabisches Mandat für Palästina. In zehn oder 15 Jahren könnte ein palästinensischer Staat nach dem Vorbild der Vereinigten Arabischen Emirate entstehen - zukunftsorientiert, föderalistisch, resistent gegen Extremismus und einem dauerhaften Frieden verpflichtet. Der Schlüssel liegt darin, die gemäßigten arabischen Staaten davon zu überzeugen, dass dies in ihrem eigenen Interesse ist. Eine ungelöste Krise in Gaza wird auch die arabische Welt spalten. Ihre Führer sollten daher nicht so tun, als läge die Verantwortung für eine Lösung in Gaza allein in Jerusalem oder Washington," ist in der thailändischen BANGKOK POST zu lesen.
Die Wochenzeitung MAIL AND GUARDIAN aus Johannesburg bringt in ihrer neuen Ausgabe einen Gastkommentar zum heutigen Weltwassertag und stellt fest: "Südafrika hat mit unzähligen Herausforderungen in Bezug auf die Wassersicherheit zu kämpfen: Dürren, Wasserverschwendung und eine veraltete Infrastruktur. Dazu kommt, das der Zugang zu Wasser in der Bevölkerung ungleich verteilt ist. Verunreinigtes Wasser trägt zu Krankheiten bei und belastet die öffentliche Gesundheitsversorgung. Sozial Schwache leiden besonders darunter und Frauen tragen in ländlichen Gebieten die Hauptlast der Wasserbeschaffung. Deshalb ist die Bekämpfung der Wasserknappheit von entscheidender Bedeutung, um den Kreislauf der Armut zu durchbrechen. Das wird angesichts des Klimawandels und des Bevölkerungswachstums umso drängender", erklärt die südafrikanische Wochenzeitung MAIL AND GUARDIAN.
Auch nach Ansicht der ARAB NEWS aus Dschidda ist Wasserknappheit ein drängendes Problem - und zwar über Grenzen hinweg: "Trotzdem ist die internationale Zusammenarbeit noch unzureichend. Mehr als drei Milliarden Menschen sind auf Wasser angewiesen, das außerhalb ihrer Landesgrenzen entspringt. Grenzüberschreitende Wasserressourcen machen 60 Prozent des weltweiten Süßwasservorkommens aus. Da der Klimawandel diese Ressourcen erschöpft, könnte Wasser in den kommenden Jahren zu einer der Hauptursachen für zwischenstaatliche Konflikte werden", warnt die saudi-arabische Zeitung ARAB NEWS.
"Wir sitzen alle in einem Boot", schreibt der Botschafter der Vereinigten Arabischen Emirate in Indien in einem Gastkommentar für den INDIAN EXPRESS: "Wasserknappheit wirkt sich zunehmend negativ auf die Landwirtschaft aus - und damit auf eine stabile Versorgung mit Lebensmitteln. Deshalb werden gemeinsame Anstrengungen immer wichtiger. Die Zeit für entschlossenes Handeln ist jetzt. Gemeinsam können wir dafür sorgen, dass der Mangel an Wasser nicht zu einem Katalysator für Konflikte wird, sondern Einigkeit und gemeinsamen Wohlstand nach sich zieht", heißt es im INDIAN EXPRESS aus Mumbai.