Samstag, 27. April 2024

23. März 2024
Die internationale Presseschau

Kommentiert werden der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, mögliche Hilfen der EU für die Ukraine sowie die gestern publik gemachte Krebserkrankung der britischen Prinzessin Kate. Doch zunächst nach Moskau und dem verheerenden Anschlag auf ein Rockkonzert mit mehr als 100 Toten.

23.03.2024
Feuer an der Crocus City Hall bei Moskau
Die Konzerthalle in der Nähe von Moskau steht nach dem Anschlag in Flammen. (IMAGO / ITAR-TASS / IMAGO / Mikhail Tereshchenko)
Dazu schreibt die spanische Zeitung LA VANGUARDIA: "Russland hat gestern zum ersten Mal offen erklärt, dass es sich im Krieg mit der Ukraine befindet. Gleichzeitig wurden massive Angriffe mit Raketen und Drohnen auf sieben ukrainische Regionen durchgeführt. Aber nur wenige Stunden später war eine Konzerthalle am Rand von Moskau der Schauplatz eines Attentats. Mehrere Personen in Tarnuniform eröffneten das Feuer auf das Publikum und legten Feuer. Westliche Botschaften in Moskau hatten im Vorfeld vor möglichen Terroranschlägen gewarnt", erläutert LA VANGUARDIA aus Barcelona.
"Putin wird den Angriff auf die Crocus City Hall nutzen", titelt die polnische GAZETA WYBORCZA aus Warschau und warnt: "Egal wer hinter diesem Angriff steckt – Putin wird ihn letztlich für seine Zwecke nutzen. Es ist klar, dass die Folgen des Angriffs in Krasnogorsk bei Moskau für Russland, die Ukraine und den Westen sehr schwerwiegend sein werden."
Die aserbaidschanische Zeitung MÜSAVAT fragt sich: "Warum sollte der IS ausgerechnet in einem Konzertsaal in Russland einen so schrecklichen Terrorakt verüben? Einige westliche Experten behaupten, dass der IS in den letzten zwei Jahren häufig den russischen Präsidenten Putin als 'Komplizen bei der Unterdrückung von Muslimen' kritisiert hat. Auch radikale Muslime in Zentralasien beschuldigen Moskau, Muslime zu unterdrücken. Putins Regierung vertritt eine harte Linie. Aber was bezwecket ein Terroranschlag, der nicht in irgendeiner nationalen Teilrepublik, sondern in Moskau stattfand?", wundert sich MÜSAVAT aus Baku.
Der Gastkommentator der japanischen Zeitung ASAHI SHIMBUN geht auf erste Bekennerschreiben ein: "Die Terrormiliz 'Islamischer Staat' hat sich zu dem Angriff auf eine Konzerthalle in Moskau bekannt. Zwar muss man bei einem Bekennerschreiben immer vorsichtig sein, weil der IS oft auch Anschläge der Islamisten für sich reklamiert, die überhaupt nicht mit ihm in Verbindung stehen. Allerdings hat sich Russland seit fast zehn Jahren in den Bürgerkrieg in Syrien eingemischt und durch Luftangriffe gegen die dortige oppositionelle Freie Syrische Armee oder den Islamischen Staat auch zahlreiche Zivilisten getötet. Für einen Terroranschlag gegen Russland als Vergeltungsmaßnahme hat der IS deshalb aus seiner Sicht 'legitime' Gründe", ist in ASAHI SHIMBUN aus Tokio zu lesen.
Die chinesische Zeitung JIEFANG RIBAO vermutet hingegen eine Beteiligung der Ukraine: "Denn die Lage an der Front scheint momentan ungünstig für die Ukrainer zu sein. So könnte man mit dem Anschlag die russische Bevölkerung verunsichern. Das würde sich negativ für Kiew auswirken: Russland könnte den Anschlag nutzen, um die militärische Offensive in der Ukraine zu verstärken," warnt JIEFANG RIBAO aus Shanghai.
Themenwechsel. Die EU scheine bei der Hilfe für die Ukraine immer mindestens einen Schritt hinterherzuhinken, meint die finnische Zeitung HUFVUDSTADSBLADET. "Russland ist gerade dabei, seine Angriffe zu verstärken, und darum muss mehr getan werden, damit die Ukraine eine echte Chance hat, die russischen Truppen effektiv abzuwehren und aus dem Land hinauszudrängen. Immerhin wurde auf dem jüngsten Gipfel in Brüssel Einigkeit darüber erzielt, dass die Zinserträge eingefrorener russischer Guthaben für die Beschaffung von Rüstungsgütern für die Ukraine verwendet werden. Das bedeutet, dass pro Jahr rund drei Milliarden Euro in die ukrainische Kriegskasse fließen. Das klingt viel, ist aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein", betont das HUFVUDSTADSBLADET aus Helsinki.
Putins Sieg sei bedrohlich realistisch, glaubt der Wiener STANDARD: "Wer schnell hilft, hilft doppelt, sagt der Volksmund. Umgemünzt auf den Ukrainekrieg heißt das aber: Wer sich mit Waffenlieferungen so viel Zeit lässt wie der Westen – aktuell vor allem Europa –, der hilft Russland. Die salbungsvollen Worte der EU-Oberen beim jüngsten Gipfel in Brüssel über die 'solide und robuste Hilfe' und 'gemeinsame Werte' können nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele in Europa den Ernst der Lage noch immer nicht erkannt haben. Oder nicht erkennen wollen: Ein Sieg von Wladimir Putins Truppen auf dem Schlachtfeld wird nämlich von Tag zu Tag realistischer. Mit allen Folgen für das ukrainische Volk, für Länder wie Moldau, Georgien, das Baltikum – und für die internationale Ordnung", prognostiziert die österreichische Zeitung DER STANDARD.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG ist der Ansicht: "Kurzfristig ist die Finanzierung durch neue Schulden über einen Sonderfonds, wie ihn Berlin vor zwei Jahren mit dem 'Sondervermögen' lanciert hat, ein geeigneter Weg. So können rasch die nötigen Mittel beschafft werden für die Behebung der ärgsten Mängel sowie die Nachbeschaffung von an die Ukraine gelieferten Waffen und Munition. Längerfristig muss aber allen europäischen Staaten klar sein, dass ein höherer Verteidigungshaushalt zu den neuen Realitäten der Geopolitik gehören wird", unterstreicht die Schweizer NZZ.
Hören Sie nun Kommentare zum britischen Königshaus. Gestern hat Prinzessin Kate publik gemacht, dass sie an Krebs erkrankt ist. Die norwegische Zeitung DAGBLADET vermutet, dass das Königshaus angesichts der Gerüchteküche keine andere Wahl hatte: "In einem Video erklärt Kate, dass sie an Krebs erkrankt ist und nach einer schweren Zeit nun eine Chemotherapie bekommt. Das Video ist eindrucksvoll. Sie spricht ruhig und kontrolliert, sieht aber auch aus, als sei sie den Tränen nahe. Das ist nur allzu verständlich. Das Geheimnis ist gelüftet, aber das Ergebnis ist einfach bloß traurig. Ob dadurch jemand vielleicht ein schlechtes Gewissen bekommen hat? So mancher hat eine Person mit Schmutz beworfen, die sich nun als schwerkranke Frau entpuppt hat", hebt das Osloer DAGBLADET hervor.
Der italienische CORRIERE DELLA SERA aus Mailand findet: "Es wäre schön, wenn sich Störenfriede und Verschwörer nun entschuldigen würden: Aber sie werden es nicht tun. Zwei Monate lang - seit die Princess of Wales die öffentliche Bühne verlassen hat - haben sie sich wer weiß was für Intrigen und Geheimnisse ausgedacht. Die große Bestie, die sich von Gerüchten und Spekulationen nährt, sollte sich beruhigen. Aber sicher ist das nicht."
Der britische TELEGRAPH hebt hervor: "Die vergangenen Jahre waren schwierig für die königliche Familie. Nach den Turbulenzen, die durch den Tod von Königin Elisabeth II. und die Kontroversen um Prinz Andrew und Prinz Harry ausgelöst wurden, hatte man gehofft, dass es nach der Krönung von König Charles III. eine Zeit der Ruhe und Konsolidierung geben würde. Leider war dies nicht der Fall, da sich der König derzeit ebenfalls einer Krebsbehandlung unterzieht. Aber es war beruhigend zu hören, dass Prinzessin Kate nun sagte, es gehe ihr gut und sie werde jeden Tag stärker. Natürlich wird sie die bestmögliche medizinische Behandlung erhalten. Sie kann sich auch der besten Wünsche der Nation für eine rasche Genesung sicher sein, damit sie zu gegebener Zeit ihre öffentlichen Aufgaben wieder wahrnehmen kann", notiert THE TELEGRAPH aus London.
Der Londoner GUARDIAN erinnert: "Als die verstorbene Königin Elisabeth II. im Juni 1992 anlässlich ihres 40-jährigen Thronjubiläums eine Rede hielt, räumte sie vor den versammelten Würdenträgern und der zuschauenden Nation ein, dass ihre Familie ein 'Annus horribilis' - ein schreckliches Jahr - hinter sich habe. Dieser Satz gilt als Eingeständnis, dass selbst die pflichtbewusste Monarchin, die selten Emotionen zeigte, die Auswirkungen mehrerer Schicksalsschläge zu spüren bekam. Doch die vergangenen zwölf Monate gehören mit Sicherheit zu den traumatischsten, die die königliche Familie seit Menschengedenken erlebt hat." Mit diesem Zitat des britischen GUARDIAN endet die internationale Presseschau.