Samstag, 27. April 2024

26. März 2024
Die internationale Presseschau

Der UNO-Sicherheitsrat hat erstmals seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der Hamas eine sofortige Waffenruhe für den palästinensischen Gazastreifen gefordert. In Moskau wurden nach dem Anschlag Terrorverdächtige mit sichtbaren Verletzungen dem Haftrichter vorgeführt. Thema ist auch der Umgang der Sicherheitsbehörden mit der neuen Bedrohungslage durch islamistischen Terror.

26.03.2024
Spezialkräfte der französischen Polizei bei einem Einsatz.
Frankreich hat die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen (Archivbild) (MAXPPP/Guillemette Jolain)
In Frankreich wurde als Reaktion die höchste Alarmstufe ausgerufen. Dazu schreibt LE FIGARO: "Die Truppen, die der französische Präsident Macron in die Ukraine schicken will, patrouillieren wieder auf unseren Bahnhöfen und in unseren Straßen, um uns vor der terroristischen Bedrohung zu schützen. Der schreckliche Anschlag bei Moskau, eine Kopie des Bataclan, erinnert uns daran, dass die Verrückten Allahs ihre Agenda ohne Rücksicht verfolgen. Wir werden in der Osternacht unsere Kirchen schützen und bewachen. Und wir müssen wachsam sein, wenn sich die ganze Welt in Frankreich zu den Olympischen Spielen trifft. Die Islamisten, die unsere Schwächen ausnutzen, setzen ihr Werk fort", warnt LE FIGARO aus Paris.
Die Zeitung DIE PRESSE aus Wien notiert: "Es scheint eine Bewältigungsstrategie à la 'Aus den Augen, aus dem Sinn' zu sein, die im Westen zuletzt im Umgang mit dem IS angewandt wurde. Doch die Gefahr, die vom IS und von seinen Splittergruppen ausgeht, darf nicht unterschätzt werden. Die zynischen Verführer der Extremisten versuchen alles, um neue Mitglieder anzuwerben – auch in Europa. Vor zehn Jahren missbrauchten sie die schauerlichen Bilder der vom Regime getöteten Zivilisten aus dem Syrien-Krieg, um Jugendliche zu radikalisieren. Heute setzen sie auf neue Propagandamunition, um Menschen zu verführen: das Leid im Gazastreifen", befürchtet die österreichische Zeitung DIE PRESSE.
Die indische Zeitung THE HINDU verweist auf Tausende von Arbeitsmigranten aus Zentralasien, die für Russland eine Gefahr darstellen könnten. "Präsident Putin, der in den 1990er Jahren den von Terroranschlägen geplagten Russen Sicherheit versprach, wird diese Sicherheitslücken schließen müssen. Doch das wird nicht reichen. Um den afghanischen Ableger des IS zu bekämpfen, müssen auch die anderen Staaten die Bedingungen beseitigen, unter denen sich der IS dort neu formieren konnte. Solange die radikalen Taliban in Afghanistan regieren und in Teilen Westasiens Instabilität, Krieg und Gesetzlosigkeit herrschen, werden Gruppen wie der IS weiterhin Möglichkeiten finden, zu wachsen und zuzuschlagen", ist sich THE HINDU aus Chennai sicher.
Die schwedische Zeitung GÖTEBORGS-POSTEN mahnt eine engere Kooperation der Geheimdienste an: "Die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen mögen sich auf einem Tiefpunkt befinden, aber islamistische Terroristen machen keinen Unterschied zwischen Moskau, Berlin oder Paris. Aber weil sich Moskau für die volle Konfrontation mit dem Westen entschieden hat, bieten sich für Terroristen neue Gelegenheiten. In Fragen wie der Bekämpfung von Terrorismus besteht selbst zwischen politischen Gegnern die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit", findet GÖTEBORGS-POSTEN.
Nach dem Terroranschlag bei Moskau sind vier Tatverdächtige einem Haftrichter vorgeführt worden. Zuvor waren in Russland nicht verifizierte Fotos und Videos veröffentlicht worden, die die Misshandlung der Verdächtigen nach ihrer Festnahme zeigen sollen. Die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA führt aus: "Es wäre naiv anzunehmen, dass diese drastischen Aufzeichnungen der Tatverdächtigen zufällig und auf Initiative unvorsichtiger Beamter im Internet veröffentlicht wurden. Es scheint, dass dies eine bewusste Maßnahme der Behörden ist, die erkannt haben, dass in der russischen Gesellschaft eine große Nachfrage nach dieser Art von Videos besteht. Die Menge fordert, dass die Schuldigen bestraft, ausgepeitscht, erschossen werden. So gab es bereits Diskussionen über die Wiedereinführung der Todesstrafe, und vieles deutet darauf hin, dass sie nach vielen Jahren in Russland wieder eingeführt wird", notiert die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Die schwedische Zeitung DAGENS NYHETER ergänzt: "Das Nachspiel zu dem entsetzlichen Anschlag in Moskau mag vorhersehbar gewesen sein, aber dass es solche grotesken Züge angenommen hat, kam dann vielleicht doch überraschend. Hochrangige Kreml-Demagogen wie Margarita Simonjan, Chefredakteurin des staatlichen Fernsehsenders RT, teilen ebenfalls solche Filme und Fotos. Nach der Wahlfarce soll offenbar gezeigt werden, dass die Grausamkeit des Regimes keine Grenzen kennt. Auch wird dadurch die Aufmerksamkeit von der Inkompetenz der russischen Behörden abgelenkt", ist sich DAGENS NYHETER aus Stockholm sicher.
Themenwechsel. Der UNO-Sicherheitsrat hat zum ersten Mal eine Resolution zu einer sofortigen Waffenruhe im Gazastreifen beschlossen. Dazu vermerkt der australische SYDNEY MORNING HERALD: "Theoretisch haben die USA bei der jüngsten Abstimmung im UNO-Sicherheitsrat gar nichts gesagt: Schließlich haben sie sich enthalten. In der Praxis war diese Enthaltung aber ein symbolträchtiger Moment. Die Enthaltung hat dem wichtigsten UNO-Gremium für Friedens- und Sicherheitspolitik erlaubt, die erste Resolution seit Beginn des Gazakriegs im Oktober zu verabschieden, die zum Waffenstillstand aufruft. Die USA haben damit eine Kluft zwischen US-Präsident Biden und Israels Ministerpräsidenten Netanjahu formalisiert, die seit Monaten offensichtlich war", unterstreicht der SYDNEY MORNING HERALD.
Die spanische Zeitung LA VANGUARDIA erwartet nicht, dass Israel der Forderung nach einer Waffenruhe nachkommen wird. Aber: "Die Resolution hat einen politischen Preis für Israel, denn selbst die USA wenden sich langsam ab. Bei dem jüngsten Besuch von US-Außenminister Blinken in Jerusalem hielt der israelische Premier Netanjahu ihm entgegen, er werde den Vormarsch auf Rafah nicht stoppen. Falls nötig, werde man ihn sogar ohne Unterstützung der USA durchführen. Nun ja, damit ist Israel in seinem nicht enden wollenden Krieg endgültig allein und isoliert", erläutert LA VANGUARDIA aus Barcelona.
Die Zeitung HAARETZ aus Tel Aviv zeigt kein Verständnis für die Politik der israelischen Regierung: "Premierminister Netanjahu ist zu einer Belastung für Israel geworden. Er setzt das Land strategischen Risiken aus, die einen hohen Preis mit sich bringen könnten. Um seines eigenen politischen Überlebens willen schadet er vorsätzlich den Bürgern Israels. Netanjahu muss zurücktreten und Israel eine Chance geben, sich von dem Schaden zu befreien, den er verursacht hat", fordert die israelische HAARETZ.
Der UNO-Sicherheitsrat hat auch die Freilassung aller Geiseln gefordert. Die palästinensische Zeitung AL QUDS hält das für unrealistisch. Sie selbst spricht nicht von Geiseln, sondern von - Zitat - "Häftlingen". Und: "Es ist offensichtlich, dass insbesondere der israelische Ministerpräsident Netanjahu kein Interesse an der Freilassung der Häftlinge hat, die von der Hamas festgehalten werden. Er setzt weiterhin auf die Sprache der Gewalt, des Krieges und der Aggression. Langfristig will er nichts anderes, als die Konfrontation in die Länge zu ziehen. Sein einziges Ziel ist es, den Gazastreifen zu zerstören, ihn unbewohnbar zu machen und seine Bewohner zu vertreiben", vermerkt die Zeitung AL QUDS aus Jerusalem.
Die chinesische Zeitung GUANGMING RIBAO verweist auf den zuvor abgelehnten Resolutionsentwurf der USA, in dem Washington ebenfalls einen Waffenstillstand gefordert hatte - laut GUANGMING RIBAO aus rein innenpolitischem Kalkül: "Der Resolutionsentwurf war voller Unklarheiten und enthielt Vorbedingungen für einen Waffenstillstand. Deshalb wurde er durch das Veto Russlands und Chinas abgelehnt. Der jetzt verabschiedete Entwurf zeigt dagegen eine klare Haltung. China setzt alles daran, einen sofortigen Waffenstillstand zu erreichen, humanitäre Hilfe zu leisten und alle Seiten für eine Friedenslösung zu gewinnen", lobt die GUANGMING RIBAO aus Peking.