15. April 2024
Die internationale Presseschau

Auch im Ausland steht heute in den Kommentaren vieler Zeitungen der iranischen Angriff auf Israel im Mittelpunkt.

Iran, Teheran: Eine Tageszeitung berichtet auf der Titelseite über Irans ersten direkten Angriff auf Israel.
Der iranische Angriff auf Israel ist auch Thema in der Auslandspresse - hier einige iranische Zeitungen im Bild. (Rouzbeh Fouladi/ZUMA Press Wire/dpa)
"Der Angriff war beispiellos und hätte katastrophale Folgen haben können", kommentiert die JERUSALEM POST. "Die äußerst beeindruckende Abfangquote - zusammen mit der überwältigenden Kooperation mit Staaten, die den Extremismus bekämpfen - verdienen einen Moment des Innehaltens und des Stolzes". Für die Zeitung steht aber fest: "Keine Frage, Israel muss reagieren. Die Frage ist nur, wann, wie und wo - und welchen Rückhalt das Land erhält, wenn es geschieht. Das sind die schwierigen Erwägungen, denen sich die Regierung und ihr Chef stellen müssen". Das war die JERUSALEM POST.
"Mit seinem direkten Angriff auf Israel hat der Iran die rote Linie überschritten", betont der CORRIERE DELLA SERA aus Mailand. "Das war eine kalkulierte Aktion der Revolutionsgarde. Wenn sie uns angreifen, so bekräftigte deren Befehlshaber, dann greifen wir sie an. In Israel drängt der härteste Flügel der Regierung jetzt auf einen Gegenschlag."
"Wenn Israel nicht entschlossen auf diesen Angriff reagiert, könnten die Ayatollahs und ihre Verbündeten das als Zeichen der Schwäche sehen", gibt das israelische Portal YNETNEWS zu bedenken, das zur Zeitung JEDIOT ACHARONOT gehört. "Aber es gibt einen zweiten Aspekt, der vielleicht noch wichtiger ist: die entschiedene Forderung der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Deutschlands und Kanadas, dass Israel von einer unverhältnismäßigen Reaktion absieht, die die Stabilität der Region gefährden würde. Ein regionaler Krieg würde auch Hamas-Anführer Yahia Sinwar in Gaza in die Hände spielen. Daher hat Israel ein Interesse daran, sich wieder auf die Kriege in Gaza und an der Nordgrenze zu konzentrieren - und es erst einmal zu verschieben, dem Iran eine Lektion zu erteilen." Soweit die Analyse von YNETNEWS aus Tel Aviv.
Einer der Kolumnisten der WASHINGTON POST fasst die Lage so zusammen: "Nach sechs frustrierenden Monaten in Gaza hat Israel endlich einen entscheidenden Sieg gegen seine Gegner errungen, indem es den iranischen Angriff mit einer erstaunlichen Demonstration militärischer High-Tech-Fähigkeiten abwehrte."
"Der Iran hat seinen Angriff auf Israel angekündigt", merkt AL AYYAM aus Ramallah im Westjordanland an. "In Teheran war man sich darüber im Klaren, dass Israel alarmbereit war und die amerikanischen Stützpunkte und Schiffe sich darauf eingestellt hatten, der Gefahr zu begegnen. Somit liegt es auf der Hand, dass das Ziel in erster Linie darin bestand, Israel eine Warnung zu schicken - nicht aber darin, ernsthaften Schaden anzurichten. Allerdings dürfte der Iran kaum zögern, die Lage zu eskalieren, sollte Israel mit voller Wucht antworten", zeigt sich AL AYYAM überzeugt.
"Dem Iran ging es ganz klar um Vergeltung für den Luftangriff Israels auf seine Botschaft in Syrien", ist in der chinesischen Zeitung HUANQIU SHIBAO zu lesen. "Obwohl momentan allem Anschein nach die Gefahr einer weiteren Eskalation eher gering ist, wird sich der Angriff doch negativ auf die Lage im Nahen Osten auswirken. Entscheidend ist dabei die Reaktion Israels", steht für HUANQIU SHIBAO aus Peking fest.
In einem Kommentar der regimenahen iranischen TEHRAN TIMES werden die Angriffe auf Israel gerechtfertigt. "Der Westen verurteilte auf das Schärfste das rechtmäßige Unterfangen des Iran, sich gegen ein Schurkenregime zu verteidigen, das keine Grenzen kennt. In den Augen der USA und Europas besteht eine freie und demokratische Welt darin, dass Israel unvorstellbare Verbrechen begehen kann, ohne dass jemand zurückschlägt. Iran hat entschieden, dass es an der Zeit ist, das zu ändern", betont die TEHRAN TIMES.
"Nach den jüngsten israelischen Angriffen gab es Zweifel an der Fähigkeit Irans, sich zu verteidigen, abzuschrecken und anzugreifen", fügt die Zeitung EBTEKAR - ebenfalls aus Teheran - hinzu. "Mit dem Einsatz von Samstagabend ist deutlich geworden: Der Iran verfügt sehr wohl über diese Fähigkeiten und vor allem über eine große Schlagkraft. Mit dieser Aktion hat das Land seine Stärke unter Beweis gestellt."
"Der Iran wünscht sich schon lange die Rolle des Anführers einer Art internationaler Widerstandsbewegung gegen das, was die Gegner als westlichen Machtmissbrauch bezeichnen", urteilt die norwegische Zeitung AFTENPOSTEN. "Jetzt bietet der Krieg im Gazastreifen dem Regime in Teheran neue Chancen. Der Iran und Russland haben die westlichen Sanktionen dazu genutzt, engere Bande zu knüpfen. Beide profitieren auch davon, dass der sogenannte globale Süden die westliche Hegemonie immer mehr herausfordert", schreibt AFTENPOSTEN aus Oslo.
Die NEW YORK POST blickt ungehalten auf den US-Präsidenten. "Wie kam Teheran auf die Idee, mit einer solch brisanten Aktion davonzukommen? Durch das Weiße Haus in Washington. Präsident Biden hat Israel monatelang dafür kritisiert, die Hamas nach den Gräueltaten vom 7. Oktober auslöschen zu wollen. Er und sein Team haben geradezu Überstunden gemacht, um den jüdischen Staat an einem Angriff auf die restlichen Hamas-Bataillone in Rafah zu hindern - mit der Begründung, dies könnte Zivilisten gefährden. Der Iran sah mit an, wie Washington sich von Israel distanzierte - und dachte sich, dass die USA im Falle eines Angriffs nicht hinter Israel stehen würden." Sie hörten die Meinung der NEW YORK POST.
Auch der britische ECONOMIST befasst sich mit dem Konflikt. "Noch vor einer Woche war ein Großteil der Welt vereint in der Empörung über die erschreckende Zahl ziviler Opfer und die wachsende Hungersnot, die Israels Einmarsch in Gaza als Reaktion auf die Gräueltaten der Hamas auslösten. Heute sieht das ganz anders aus. Israel kann sich als Opfer darstellen (auch wenn es ein israelischer Luftschlag war, der den iranischen Angriff auslöste). Die Debatte über eine Beschränkung der Waffen an Israel wird erst einmal verstummen. Und die Not der Bevölkerung im Gazastreifen wird zweitrangig angesichts der Gefahr eines größeren regionalen Krieges", glaubt der ECONOMIST aus London.
"Durch den massiven Angriff mit Drohnen und Raketen erfüllte Teheran Benjamin Netanjahus Traum", vermutet die polnische RZECZPOSPOLITA. "Israel hat jetzt wieder die volle Unterstützung des Westens. Es landete im Lager des Guten, und der Iran steckt zusammen mit der Hamas und Russland im Lager des Bösen fest."
"Israel und der Iran teilen ein sicherheitspolitisches Ziel, nämlich die Stärkung ihrer Abschreckungsfähigkeiten", bemerkt die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN. "Das Problem ist, dass es derzeit womöglich niemandem gelingen würde, eine Eskalationsspirale zu stoppen. Wo sich die rote Linie für eine Konfrontation befindet, wird zunehmend unklarer. Durch den Anschlag der Hamas vom 7. Oktober hat sich die Lage im Nahen Osten erheblich verändert."
Für die türkische Zeitung CUMHURIYET ist klar, Zitat: "... dass ein Krieg zwischen Israel und dem Iran katastrophal wäre. Die USA und die Nato sollten alles tun, um das zu verhindern. Auch Russland sollte zwischen Israel und dem Iran vermitteln. Sowohl die iranische als auch die israelische Führung sollten zur Vernunft kommen. Und Israel sollte so schnell wie möglich vorgezogene Wahlen abhalten und die Regierung Netanjahu loswerden", rät CUMHURIYET aus Istanbul.
"Der Iran ist zur Geisel seiner selbstgewählten Rolle als Regionalmacht geworden", findet EL TIEMPO aus Bogotá. "Noch längeres Stillhalten wäre als Schwäche gedeutet worden. Auch Israel wünschte im Grunde keine regionale Eskalation, weil es zunächst die Hamas besiegen wollte. Doch die Zeit dafür wird knapp, da die USA immer dringender eine Waffenruhe fordern. Es wäre jedoch inakzeptabel, wenn Israel den iranischen Angriff als Vorwand nutzt, um das Drama gegen Zivilisten in Gaza fortzusetzen. Jetzt ist nicht die Stunde der Kanonen, sondern die der Diplomatie", unterstreicht die kolumbianische Zeitung EL TIEMPO.