
Zunächst hören Sie einen Kommentar aus der schwedischen Zeitung SVENSKA DAGBLADET zum Treffen von Bundeskanzler Scholz mit den Regierungschefs der nordischen Länder in Stockholm. "Auf der Agenda steht das Thema Wettbewerbsfähigkeit, aber da Scholz als Ehrengast teilnimmt, liegt der Fokus auf hybriden Bedrohungen, Verteidigung und Technologie. Auch die weitere Ukraine-Hilfe wird Gegenstand der Gespräche sein, bevor Schwedens Premier Kristersson unter vier Augen mit Scholz über den grünen und digitalen Transformationsprozess sprechen wird, in dem sich sowohl Schweden als auch Deutschland befinden. Kein Zweifel: Zu besprechen gibt es jede Menge. Putins totaler Krieg gegen die Ukraine und seine hybride Kriegsführung gegen Europa haben die politische Landschaft Europas erschüttert - nicht zuletzt das EU-Schwergewicht Deutschland", unterstreicht das SVENSKA DAGBLADET aus Stockholm.
Der britische TELEGRAPH kommentiert den Kriegsverlauf in der Ukraine: "Russlands neue Offensive in der Ukraine bringt das angeschlagene Land in große Gefahr. Während die diplomatische und politische Aufmerksamkeit der Welt eher auf Israels Angriffe im Gazastreifen gerichtet ist, hat Moskau die Gelegenheit ergriffen, eine große Front an einem strategisch wichtigen Abschnitt um Charkiw zu eröffnen. Damit sollen die unzureichend ausgerüsteten ukrainischen Streitkräfte in Bedrängnis gebracht werden. Diese haben auf Hilfe aus dem Westen gewartet, während Russland den Winter genutzt hat, seine Waffenarsenale zu füllen. Die neuen Angriffe erfolgen, nachdem Putin seine fünfte Amtszeit als Präsident angetreten hat. Alle Vorhersagen wurden damit widerlegt, wonach die Invasion der Ukraine zu seiner Entmachtung führen würde", erläutert der Londoner TELEGRAPH.
Die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA geht der Frage nach, warum Putin einen neuen Verteidigungsminister ernannt hat. "Nun wird der 65-jährige Andrei Beloussow neuer Ressortchef. Beloussow, der zuvor Minister für wirtschaftliche Entwicklung war, ist einer von Putins engen Vertrauten und teilt die Vision des russischen Präsidenten, die Position Russlands als Supermacht wieder aufzubauen. Der Wechsel deutet darauf hin, dass Putin beabsichtigt, noch mehr Ressourcen für den Krieg mit der Ukraine bereitzustellen und die russische Wirtschaft noch stärker für die Bedürfnisse des Krieges zu nutzen. Der Westen hatte versucht, Russlands Wirtschaft durch Sanktionen zusammenbrechen zu lassen – doch Moskau konnte eine schwere Wirtschaftskrise vermeiden. Die Ernennung eines Wirtschaftswissenschaftlers zum russischen Verteidigungsminister beweist, dass Putin den Krieg mit Hilfe von Waffenfabriken und internationalen Märkten gewinnen will", vermutet die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Nach Einschätzung der japanischen Zeitung ASAHI SHIMBUN hat Putin Schoigu entlassen, weil das russische Militär seit Beginn des Invasionskriegs gegen die Ukraine zu viele Fehler gemacht hat: "Bei Personalentscheidungen neigt Putin dazu, eine offensichtliche Degradierung zu vermeiden. Vor allem die Personen, zu denen Putin besonders enge Beziehungen hat, konnten zumindest Mitglied im Nationalen Sicherheitsrat bleiben, wie etwa Sergei Iwanow oder Dmitri Medwedew. Beide sind immer noch Ratsmitglied, aber spielen auf der politischen Bühne keine Rolle mehr. Auch Schoigu, der weiterhin ein wichtiges Amt bekleiden wird, wird seinen Einfluss verlieren. Bemerkenswert ist dagegen die Entlassung von Nikolai Patruschew als Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates. Patruschew galt lange als Nachfolge-Kandidat für Putin. Aber das ist nun unwahrscheinlich geworden", glaubt ASAHI SHIMBUN aus Tokio.
Themenwechsel. Bei den Regionalwahlen in Katalonien haben die separatistischen Parteien ihre gemeinsame Mehrheit im Parlament verloren. Die spanische Zeitung EL MUNDO sieht das Abstimmungsergebnis mit gemischten Gefühlen: "Die gestrigen Wahlen in Katalonien haben zu einem stark zersplitterten Regionalparlament geführt. Zum ersten Mal seit mehreren Jahrzehnten haben die Nationalisten eine gemeinsame Mehrheit verfehlt. Für Katalonien und für Spanien ist das auf jeden Fall erst einmal eine gute Nachricht. Nach einem Jahrzehnt des wirtschaftlichen, politischen und sozialen Niedergangs und der gefährlichen Erosion der Institutionen haben die Katalanen jetzt mehrheitlich gegen eine Abspaltung gestimmt. Aber die Wahrheit dürfte eher sein, dass die katalanische Gesellschaft nach diesem verlorenen Jahrzehnt erschöpft ist. Es ist bezeichnend, dass rechnerisch die Bildung einer verfassungstreuen Regierung aus Sozialisten, konservativer Volkspartei PP und der ultrarechten Vox möglich wäre, diese aber durch die Polarisierung der Zentralregierung in Madrid unmöglich gemacht wird. Das lässt Instabilität in Katalonien wie auch in ganz Spanien befürchten", schreibt EL MUNDO aus Madrid.
Die spanische Zeitung LA VANGUARDIA kommentiert den Wahlsieg der Sozialisten in Katalonien: "Die sozialistische PSC errang einen Sieg wie nie zuvor. Ihr Spitzenkandidat Illa bezeichnete die Politik der ausgestreckten Hand von Spaniens sozialistischem Regierungschef Sánchez zur Normalisierung des politischen Lebens in Katalonien als entscheidenden Faktor für diesen Erfolg. Es ist klar, dass die Separatisten immer dann ihre besten Ergebnisse erzielt haben, wenn die Zentralregierung mit harter Hand regierte. Gestern erhielt die Politik von Sánchez die bestmögliche Bestätigung: die an der Wahlurne. Wie geht es weiter? Man muss den Parteien jetzt Zeit geben, das Ergebnis zu verarbeiten und die Botschaft der Bürger zu verstehen. Es gibt jetzt eine Gelegenheit, Politik zu machen und die ausgestreckte Hand zu nutzen. Es lohnt sich, den Dialog zu vertiefen", empfiehlt LA VANGUARDIA aus Barcelona.
Hören Sie nun noch Kommentare zum Eurovision Song Contest ESC. Dazu heißt es in der norwegischen Zeitung DAGBLADET: "Ganz Malmö war im Ausnahmezustand. Überall war die Polizei präsent, auf den Dächern lagen Scharfschützen. So etwas gehört sich nicht für eine demokratische Stadt. Die israelische Künstlerin Eden Golan war die ganze Zeit in ihrem Hotelzimmer eingesperrt und konnte nur unter wahnwitzigem Sicherheitsaufgebot zur Arena gebracht werden. Ihr Song 'Hurricane' war stark und hätte normalerweise den Sprung an die Spitze geschafft. Aber es ist ein unmögliches Dilemma, wenn die Jury entscheiden muss, ob sie für den besten Song oder taktisch und politisch stimmt, um einen totalen Kollaps zu verhindern", bedauert die Zeitung DABLADET aus Oslo.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG moniert: "Der ESC-Slogan 'United By Music' - vereint durch Musik - fand bereits 2023 in Liverpool Verwendung und ist nach einem Jahr genauso nichtssagend als wie zuvor. Dass sich die politischen Dissonanzen auf die Harmonie auswirken, ist bedauerlich für alle, die teilnehmen: die Künstlerinnen und Künstler inklusive der nonbinären Teilnehmenden. Die Diskussionen um den Ausschluss Russlands und die Teilnahme Israels reißen nicht ab, die Leichtigkeit und Unbeschwertheit, welche die ESC-Events bis zum Angriff Russlands ausgezeichnet hat, ist dahin", findet die Schweizer NZZ.
Die non-binäre Person Nemo aus der Schweiz hat den Wettbewerb gewonnen. Dazu notiert die Pariser Zeitung LIBERATION: "Dank Nemo nimmt die nicht-binäre Realität die fröhliche Gestalt einer Elfe in Rosa und Rüschen an: Ein schelmischer Shakespeare-Puck will ein breites Publikum aller Altersgruppen erreichen. Mit Hilfe von Pailletten gibt es die Revolution."
Abschließend ein Blick in den Wiener STANDARD: "Es geht um das beim Song Contest längst pflichtschuldige Eintreten für die LGBTIQA+-Community, für Toleranz und Gemeinschaft – und natürlich geht es um den Weltfrieden. Darüber ist in der Popmusik immer schon gesungen worden. Dass man es heute als vordringliches Verkaufsargument verwendet, ist ein wenig gar berechnend gedacht.",