18. Mai 2024
Die internationale Presseschau

Mit Stimmen zu den chinesisch-russischen Beziehungen, zum Anschlag auf den slowakischen Regierungschef Fico und zur neuen Regierungskoalition in den Niederlanden.

Der chinesische Staats-und Parteichef Xi Jinping empfängt den russischen Präsidenten Putin mit militärischen Ehren in Peking, China.
Der chinesische Staats-und Parteichef Xi Jinping und der russische Präsident Putin (IMAGO/SNA/Sergey Bobylev)
DER STANDARD aus Wien befasst sich mit dem Treffen von Russlands Präsidenten Putin mit dem chinesischen Staatschef Xi: "Auch wenn es vielen im Westen nicht schmeckt: Für Wladimir Putin ist sein Staatsbesuch in China ein voller Erfolg. Seine Ziele hat Putin erreicht. China wird im Juni wohl nicht am Friedensgipfel in der Schweiz teilnehmen, zu dem Russland erst gar nicht eingeladen ist. Wirtschaftlich wird die Zusammenarbeit zwischen Russland und China enger. Ein voller Erfolg also für Putin, mit einem Haken: In China hat alles seinen Preis. Würde sich etwa die Taiwan-Krise verschärfen, müsste Putin seinem 'Freund' Xi wohl politisch beistehen. Und würde so in Asien in eine Konfrontation mit den USA gezogen, die er eigentlich vermeiden will", prophezeit der österreichische STANDARD.
Die polnische GAZETA WYBORCZA schreibt: "Putin und die ihn begleitende rekordverdächtig große Delegation wurden vom 'guten alten Freund' Xi Jinping auf höchster Ebene empfangen. Es gab einen roten Teppich, Salutschüsse, jubelnde Kinder, und die Militärkapelle spielte die russische Nationalhymne. Mit dem Zarenempfang halfen die Chinesen Putin, der Welt und insbesondere den Russen zu zeigen, dass ihr Führer ein vollwertiger Präsident ist. Doch die offiziellen Ergebnisse des Besuchs sind bescheiden. Die unterzeichneten Vereinbarungen betreffen beispielsweise die Schaffung eines gemeinsamen Tigerreservats, die Qualität der von Russen exportierten Topinambur und die Regeln des Rindfleischhandels. Vor dem Hintergrund des Pomps wirkt das ziemlich grotesk", urteilt die GAZETA WYBORCZA aus Warschau.
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN analysiert: "Der Westen, der die aktuelle Weltordnung bewahren will, gegen die chinesisch-russische Allianz: Dass die Konfrontation dieser beiden Lager sich so sehr verschärft hat, dass man es nicht zurückdrehen kann, hat der Besuch Putins in Peking deutlich gezeigt. Vor allem die vertiefte russisch-chinesische Zusammenarbeit für den Ukraine-Krieg wird den Konflikt zwischen Peking und Washington verstärken. Darauf müssen andere Staaten reagieren. Insbesondere Japan, Südkorea, Australien, Kanada und Europa müssen für neue Lieferketten und für eine verstärkte Sicherheitspartnerschaft enger mit der US-Regierung kooperieren. Darüber hinaus werden die Bemühungen um ein Risikomanagement noch wichtiger, damit kein ungewollter Krieg ausbricht", unterstreicht NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Die kolumbianische Zeitung EL ESPECTADOR geht auf das Attentat auf den slowakischen Ministerpräsidenten Fico ein: "Europa erlebt eine Spirale der Gewalt in der Politik, die die Demokratie gefährdet. Man hat dort während der letzten Jahre eine Verrohung der öffentlichen Debatte erlebt, die die Bürger polarisiert und Hass schürt. Fico war schon früher Premier und kehrte mit einer nationalpopulistischen Agenda an die Macht zurück, die an seinen ungarischen Amtskollegen Viktor Orbán erinnert. Er steht Putin nahe, kritisiert die Ukraine, geht auf Distanz zu Europa und schwingt fremdenfeindliche und homophobe Reden. Aber verbale Gewalt und radikale Äußerungen sind immer ein Alarmzeichen, denn sie können auch zu phsyischer Gewalt führen", heißt es im ESPECTADOR aus Bogotá.
Der Kommentator der chinesischen Zeitung HUANQIU SHIBAO bemerkt: "Auch wenn die Regierung und die Opposition in der Slowakei das Attentat gleichermaßen verurteilt haben, ist die Spaltung innerhalb des Landes nicht zu übersehen. Man kann dieses Ereignis nicht isoliert betrachten. In Europa hat die Zahl der politisch motivierten Gewalttaten in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Die vielen inneren wie äußeren Krisen fordern die Gesellschaften heraus. Rechtsradikale Strömungen werden immer populärer. Auch die Rhetorik der Politiker ist aggressiver geworden. Politische Gegner werden zunehmend dämonisiert. Darin ist wohl die eigentliche Ursache solcher extremen Entwicklungen zu suchen", glaubt HUANQIU SHIBAO aus Peking.
Die schwedische Zeitung AFTONBLADET kommentiert: "Die öffentliche Debatte in der Slowakei ist schon seit Längerem so vergiftet, dass selbst heftige Beleidigungen keinen Skandal mehr auslösen. Vieles hängt mit der Person von Fico zusammen. Es gibt Verbindungslinien zu dem aufsehenerregenden Mord an dem Journalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten 2018. Trotzdem hat Fico ein politisches Comeback hinlegen können und ist stärker denn je - oder war es bis vergangenen Mittwoch. Eine Hoffnung liegt bei der EU. Sie könnte verhindern, dass die Slowakei ein zweites Ungarn wird, denn das Land ist ebenso wie Ungarn auf die Gelder aus Brüssel angewiesen. Auch Orbán wäre nicht so weit gekommen, wenn er nicht so lange den Schutz europäischer Konservativer genossen hätte. Vielleicht handeln die europäischen Institutionen im Fall der Slowakei verantwortungsvoller", lautet die Überlegung des AFTONBLADET aus Stockholm.
DE VOLKSKRANT aus Amsterdam beleuchtet die Haltung der rechtsgerichteten künftigen Regierung der Niederlande zur Europäischen Union: "Die EU wird als etwas dargestellt, das von außen kommt und 'unsere' Freiheit einschränkt. In Wirklichkeit werden alle europäischen Regeln und Gesetze von den Mitgliedsstaaten selbst gemacht. Die europäische Zusammenarbeit ist notwendig, um grenzüberschreitende Probleme wie Einwanderung, Klima und Sicherheit zu bewältigen. Die Natur- und Umweltpolitik ist dafür ein gutes Beispiel. Auch der Wunsch, den niederländischen Beitrag zur EU zu reduzieren, wird angesichts der großen Vorteile, die eine Handelsnation wie die Niederlande von der europäischen Zusammenarbeit hat, auf wenig Verständnis stoßen", erwartet DE VOLKSKRANT aus den Niederlanden.
Die ebenfalls in Amsterdam erscheinende Zeitung TROUW ergänzt: "Die Vorschläge der künftigen Regierung zur Asylpolitik werden auf den Widerstand anderer Mitgliedstaaten stoßen. Die neue Koalition will zudem die Zahl der Naturschutzgebiete begrenzen, eine Ausnahmeregelung der EU für die Ausbringung von mehr Gülle einführen und die Stickstoffvorschriften lockern. Die Niederlande entpuppen sich immer mehr als der nörgelnde kleine Junge in der EU-Klasse. Die Koalition präsentiert wissentlich eine Vereinbarung, die auf Sand gebaut ist. Die Wählerinnen und Wähler haben etwas Besseres verdient."
"EU-Diplomaten wissen schon länger, dass Wilders Probleme verursachen würde", führt die dänische Zeitung POLITIKEN aus. "Zwar hat er seine Forderung nach einem 'Nexit' auf Eis gelegt, aber das Regierungsprogramm enthält jede Menge Punkte, die nicht zum Regelwerk und den Konventionen der EU passen. Vermutlich werden jetzt politische Delegationen ohne größere politische Erfahrung nach Brüssel kommen, die eine Sonderbehandlung für die Niederlande fordern. Dann wird es auf die neue Kommission ankommen, ob sie eine solche Sonderrolle zulässt, aber die Wahrscheinlichkeit dafür ist wohl eher gering", glaubt POLITIKEN aus Kopenhagen.
Zum Abschluss ein Kommentar der türkischen Zeitung DUVAR zu den Unruhen im französischen Überseegebiet Neukaledonien: "Die Unabhängigkeitsbefürworter in Neukaledonien protestieren seit dem 4. Mai gegen eine Verfassungsreform der französischen Regierung, weil diese den Einfluss der indigenen Bevölkerung bei Wahlen einschränken würde. Die neue Regelung sieht vor, dass Franzosen, die seit zehn Jahren auf der Insel leben, wählen dürfen. Die Wurzeln des Problems liegen zweifellos in der jahrhundertelangen Kolonialpolitik Frankreichs in der Region. Zudem hat das heutige Parlament in Neukaledonien keine wirklichen Befugnisse, es wird von einem von Frankreich eingesetzten Hochkommissar dominiert. Der Unabhängigkeitsbewegung geht es auch um mehr Kontrolle über die Ressourcen der Insel. Die Nickelvorkommen machen Neukaledonien für Frankreich strategisch unentbehrlich."