
Die dänische Zeitung POLITIKEN blickt auf den deutschen Bundeskanzler Scholz: "Seine SPD hat nicht nur gegen die CDU verloren, sondern sie wurde auch noch auf einen demütigenden dritten Platz hinter der AfD verwiesen. Dabei ist die AfD eine Partei, die zweifelhafte Verbindungen zu China und Russland unterhält und die mit einem Spitzenkandidaten in die Wahlen zog, der die deutsche NS-Vergangenheit relativierte. Aber zu einem Zeitpunkt, an dem alle von Scholz eine Reaktion erwarteten, kam nur ein ‚Nö‘. Die SPD weist Forderungen nach Neuwahlen zurück, obwohl sie erkannt haben müsste, dass vor den nächsten Bundestagswahlen im September 2025 etwas passieren muss", erläutert POLITIKEN aus Kopenhagen.
Die türkische Zeitung KARAR vermerkt: "Der Aufstieg der extremen Rechten in Europa wird zwar keinen neuen Weltkrieg oder Holocaust auslösen, aber er wird den Weg für eine Zunahme antimuslimischer und fremdenfeindlicher Ideologien ebnen. Auch wenn die rechtsextremen Parteien weder an die Macht kommen noch die Mehrheit im Europäischen Parlament erringen, werden die Manstream-Parteien ihre Ideen übernehmen. Es ist zu befürchten, dass sich die Einwanderungspolitik verschärfen wird. Die Visaliberalisierung, die den Türken einst versprochen wurde, wird Zukunftsmusik bleiben", erwartet KARAR aus Istanbul.
Die Zeitung LIANHE ZAOBAO aus Singapur bilanziert: "Allzu extreme Forderungen der grünen und linken Parteien, wie der völlige Verzicht auf den Verzehr von Fleisch und ein radikaler Umbau der Verkehrspolitik, haben dazu geführt, dass sich viele Wähler von ihnen abgewandt haben. Hinzu kommt, dass sich viele Bürger mit der massiven Aufnahme von Migranten überfordert fühlen. Den linken Regierungen ist es in den vergangenen Jahren nicht gelungen, Lösungen für diese Probleme zu finden."
Der britische GUARDIAN analysiert: "Im besten Fall hält die pro-europäische Mehrheit im Brüsseler Parlament, das Wagnis von Frankreichs Präsident Macron, vorgezogene Neuwahlen abzuhalten, geht auf, und die Welle der Unterstützung für die AfD in Deutschland ebbt ab. Dennoch sind die Herausforderungen für die EU enorm: Krieg auf dem Kontinent, die ausufernde Klimakrise, ein heraufziehender Handelskrieg zwischen den USA und China und die Missachtung internationalen Rechts im Nahen Osten werden die Europäische Agenda in den kommenden Monaten dominieren. Die äußeren Gegebenheiten werden die Prioritäten der EU bestimmen", heißt es im GUARDIAN aus London.
Die mexikanische Zeitung LA RAZON hält fest: "Der Aufstieg der radikalen Rechten ist auffällig, vor allem in Ländern wie Deutschland und Frankreich, die als Motor der EU-Zusammenarbeit gelten. Eine solche Instabilität in Europa kommt ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, an dem in der Ukraine ein Krieg tobt und der Konflikt in Gaza weitergeht. Außerdem könnte ein chaotischer Donald Trump erneut Präsident der USA werden. Das ist nicht der Moment für Manöver, wie sie Frankreichs Präsident Macron betreibt, denn schließlich geht es um die Zukunft der Union. Wir wollen hoffen, dass er sich nicht verkalkuliert hat", konstatiert LA RAZON aus Mexiko-Stadt.
LE FIGARO aus Paris geht auf die Ausrufung von Neuwahlen in Frankreich ein: "Eine Parlamentsmehrheit des Rassemblement National - bei einer gleichzeitigen Präsidentschaft Macrons - würde einen erbitterten Kampf um die Vorrechte in den Brüsseler Gremien auslösen. Der Präsident würde weiterhin an den Tagungen des Europäischen Rates teilnehmen, während die Mitglieder einer rechtsnationalen Regierung in den EU-Ministerräten sitzen würden, die für die Umsetzung der EU-Politik zuständig sind. Die Spannungen in Bezug auf den Green Deal, der vom Rassemblement National abgelehnt wurde, die Unterstützung für die Ukraine, die europäische Verteidigung, die EU-Erweiterung, die Migration und den Haushalt sind bereits absehbar", befürchtet LE FIGARO aus Frankreich.
Der Parteichef der Konservativen in Frankreich hat zur Zusammenarbeit mit dem rechtsnationalen Rassemblement National aufgerufen. "Schande", titelt die Zeitung LIBERATION aus Paris, und führt aus: "Ein schwarzer Tag in der Geschichte der konservativen Republikaner. Die Ankündigung von Eric Ciotti, ein Bündnis mit dem Rassemblement National einzugehen, ist ein Dammbruch. Ciottis eigene Haltung passt zwar dazu - er vertritt eine offen identitäre Linie mit leicht fremdenfeindlichen Untertönen. Aber dass er es wagt, seine Partei mit in diesen Sumpf zu ziehen, ist unwürdig. Man kann nur hoffen, dass die anderen in der Parteiführung aufbegehren, um zu retten, was von der republikanischen Rechten noch zu retten ist. Viele von ihnen haben bereits Ciottis Rücktritt gefordert. Das ist erfreulich, auch wenn einige das ideologische Abdriften ihrer Partei einfach haben geschehen lassen", notiert die französische Zeitung LIBERATION.
Die spanische Zeitung EL PAIS aus Madrid bemerkt: "Unmittelbar nach seinem Amtsantritt hatte Macron den Franzosen versprochen, er werde die extreme Rechte ausrotten. Nach den Wahlen vom Sonntag sind jedoch die Rechtsextremisten vom Rassemblement National der Macht in Frankreich näher denn je. Es bleibt nun abzuwarten, ob die Neuwahl des Parlaments wie ein Schutzwall wirken wird - oder ob sie den Rechtsruck beschleunigt."
Nun zum Krieg im Nahen Osten. Die norwegische Zeitung VERDENS GANG hebt hervor: "Der UNO-Sicherheitsrat hat es geschafft, eine Resolution für einen Waffenstillstand in Gaza zu verabschieden. Bislang haben aber weder Israel noch die Hamas die Bedingungen des Plans offiziell akzeptiert. Solange beide Seiten vor allem um ihren eigenen Machterhalt kämpfen, bleibt das Risiko, dass kurzsichtige politische Interessen der Umsetzung der UNO-Resolution im Weg stehen. Eine Zwei-Staaten-Lösung als letzter Schritt würde Israelis und Palästinensern Frieden bringen, aber das setzt voraus, dass beide die legitimen Interessen der jeweils anderen anerkennen. Das tut die Hamas nicht, weil sie Israel nicht anerkennt und versucht, eine Zwei-Staaten-Lösung mit Terror zu verhindern. Die Auseinandersetzung um einen Waffenstillstand war zeitraubend und kompliziert. Der weitere Weg wird noch schwieriger", erklärt VERDENS GANG aus Oslo.
Die österreichische Zeitung DIE PRESSE schreibt zur UNO-Resolution: "Der Deal scheitert schon in den Grundzügen an seinen Prämissen. Die Terrororganisation Hamas pocht auf einen israelischen Abzug und einen Waffenstillstand. Nicht nur für Regierungschef Netanjahu, sondern auch für eine Mehrheit der Israelis sind dies inakzeptable Forderungen. Würde dies doch bedeuten, dass die Hamas weiterhin die Kontrolle im Gazastreifen behält. Zur bitteren Wahrheit gehört auch, dass Israel eine Strategie fehlt, um den längsten Krieg in seiner Geschichte zu beenden", stellt DIE PRESSE aus Wien heraus.
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio erklärt: "US-Präsident Joe Biden hat in der vergangenen Woche in seiner Rede in der Normandie bekräftigt, wie wichtig die Geschlossenheit der USA und der Europäer für die Ukraine-Hilfe ist. In dieser Hinsicht ist es eine gute Nachricht, dass mit der UNO-Resolution die USA und Europa anfangen, auch beim Thema Nahost in die gleiche Richtung zu denken."
Die staatsnahe chinesische Zeitung HUANQIU SHIBAO vertritt folgende Ansicht: "Diese Resolution ist zwar nicht perfekt, aber China hat dennoch dafür gestimmt, um dem dringend notwendigen Waffenstillstand nicht im Wege zu stehen. Nur durch eine politische Lösung können das Blutvergießen und die humanitäre Krise beendet werden. Mit dieser Initiative werden außerdem die Vereinten Nationen als wichtigste Plattform für globale Ordnungspolitik und Multilateralismus wieder in den Fokus gerückt."