
Dazu schreibt die spanische Zeitung LA VANGUARDIA: "Die EU-Kommission prüft die Verhängung weiterer Zölle für chinesische Elektroautos. Gründe dafür gibt es genug. Einer ist, dass das Regime in Peking Dumping betreibt und die eigenen Fabriken subventioniert, was als unlauterer Wettbewerb gilt. Damit trägt China dazu bei, dass seine Autos auf dem europäischen Markt billiger sind als die der heimischen Hersteller. Ein weiterer Grund ist, dass Chinas E-Auto-Exporte von Jahr zu Jahr ansteigen. Brüssel verhandelt mit den chinesischen Behörden, und wenn bis zum 4. Juli keine Einigkeit erzielt wird, werden die Zölle angehoben. Doch Handelskriege verlaufen selten in nur eine Richtung. Verhängt ein Land Sanktionen, zahlt es ihm das andere meist mit gleicher Münze heim. Peking könnte beispielsweise höhere Zölle für den Import europäischer Automarken wie Mercedes oder BMW verhängen", gibt LA VANGUARDIA aus Barcelona zu bedenken.
"Nach dem amerikanischen Vorbild politisiert nun auch die EU dieWirtschafts- und Handelsfrage mit China", kommentiert HUANQIU SHIBAO aus Peking: "Die beabsichtigten Zölle in Höhe von bis zu 38 Prozent sind der beste Beweis dafür, dass Brüssel dem Protektionismus die weiße Flagge schwenkt. Es geht hier nicht wirklich um eine Strafe für die sogenannten Subventionen, die die chinesischen Autokonzerne vom Staat erhalten haben sollen. Die Europäer wollen die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Automobilindustrie schützen, deren Vorteile in Konkurrenz mit den chinesischen Wettbewerbern zu schwinden drohen. Diese Entscheidung wird Europa schweren Schaden zufügen. Der deutsche Kanzler Scholz hat dies erkannt und zu Recht gewarnt, unrechtmäßige Zölle würden die Preise bloß nach oben treiben und die Verbraucher ärmer machen. In der Tat ließ sich Wettbewerbsfähigkeit noch nie durch Protektionismus steigern. Brüssel möge aus der Geschichte lernen und sich mehr auf die Chancen aus dem Handel mit Peking fokussieren", findet die chinesische Zeitung HUANQIU SHIBAO.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG ist folgender Auffassung: "Ein protektionistisches Wettrennen würde letztlich bloß schwache Firmen stützen und den Strukturwandel aufhalten. Benachteiligten Regionen hilft man besser mit Maßnahmen, die den Strukturwandel erleichtern und dafür sorgen, dass möglichst wenige Menschen abgehängt werden. Die EU-Staaten sollten sich darauf konzentrieren, Rahmenbedingungen zu schaffen, mit deren Hilfe ihre Firmen innovativ bleiben und in China Exporterfolge erzielen können." Wir zitierten die NZZ aus der Schweiz.
Die belgische Zeitung DE TIJD führt aus: "Das ist kein Angriff auf China, sondern eine Abwehrmaßnahme, die auf einer gründlichen Untersuchung der EU basiert, wie und in welchem Umfang die verschiedenen chinesischen Autohersteller subventioniert werden. Das ist auch der Grund, warum die Abgaben nicht für jeden Hersteller gleich hoch sind. Europa signalisiert damit, dass es sich an die Regeln des internationalen Handelssystems hält. Es gibt kein neutrales internationales Schiedsgericht, das diesen Handelsstreit schlichten könnte. In Ermangelung dessen nimmt Europa das Recht selbst in die Hand und begibt sich damit in eine verletzliche Lage. Denn es muss mit chinesischen Vergeltungsmaßnahmen rechnen, etwa mit Abgaben auf europäische Agrarprodukte, Flugzeuge und Luxusgüter. Wenn Europa dann wieder zurückschlägt, könnte eine weitere Runde chinesischer Vergeltungsmaßnahmen folgen. Ein echter Handelskrieg wäre dann nicht mehr weit entfernt. Davon würden weder Europa noch China profitieren. In einem Handelskrieg gibt es keine Gewinner, sondern nur Verlierer." So weit DE TIJD aus Brüssel.
DIE PRESSE aus Wien sieht es so: "Kurzfristig können solche Zölle ein probates Mittel sein. Eine Lösung für das grundlegende Problem der Branche sind sie aber nicht. So ist es bei einem emotionalen Produkt wie dem Auto nämlich durchaus möglich, dieses auch mit höheren Preisen zu verkaufen, wenn es technologisch besser ist – oder die Kunden zumindest dieses Gefühl haben. Das haben vor allem die deutschen Premiumhersteller lange Jahre gezeigt", notiert die österreichische Zeitung DIE PRESSE.
"Die Ankündigung der Europäischen Kommission ist eine geopolitische Entscheidung", meint die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA: "US-Präsident Biden fordert von seinen europäischen Verbündeten schon seit Längerem eine klare Antwort, mit wem sie spielen wollen: Washington oder Peking. Gestern kam die Antwort. Bei einer solchen Belastung durch Strafzölle wird der Kauf eines erheblichen Teils des chinesischen Angebots unrentabel. Dies ist ein schwerer Schlag für die Strategie von Chinas Staatschef Xi Jinping, das industrielle und technologische Potenzial seines Landes weiter auszubauen. Allerdings sind die Strafzölle nicht nur eine Wahl zwischen den USA und China, sondern auch der Versuch einer Rettung der Produktion in der EU selbst. Der Ausbau der Automobilmontage auf dem alten Kontinent und die damit verbundene Schaffung neuer Arbeitsplätze werden dazu beitragen, die Welle des Populismus in Europa zu stoppen, die Brüssel derzeit mehr beschäftigt als der Klimawandel“, ist die RZECZPOSPOLITA aus Warschau überzeugt.
In der japanischen Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN ist zu lesen: "Die EU wirft der Regierung in Perking vor, dass sie mit ihren Subventionen den Markt in der EU verzerre. Tatsächlich gehören aber 60 Prozent der von China nach Europa importierten E-Autos zu in China produzierenden US-amerikanischen oder europäischen Herstellern wie etwa Tesla, der Renault-Tochter Dacia oder BMW. Ein herber Schlag für die europäischen Autobauer also ist diese Maßnahme durch Brüssel. Für die japanischen Auto-Hersteller sind die Auswirkung vorerst nicht so groß. Doch wenn Chinas Produzenten ihre Standorte weltweit ausbauen, werden das auch die Japaner - die besonders in Südostasien hohe Marktanteile genießen - zu spüren bekommen", glaubt NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
LA STAMPA aus Turin befasst sich mit dem Treffen der G7-Staaten in Italien und merkt an: "Bei dem heute beginnenden Gipfel in Apulien handelt es sich um einen der schwierigsten seit dem Bestehen dieser Organisation. Die Themen reichen von Kriegen bis zum Klimawandel, aber auch sozioökonomische Veränderungen und die Auswirkungen neuer Technologien stehen auf der Tagesordnung. Auch die Strafzölle gegen China sind ein Thema. Die Schwierigkeit ergibt sich aus der Verflechtung all dieser Probleme. Und es ist keine Übertreibung zu sagen, dass diese Verflechtungen Europa und das, was von der Weltwirtschaft übrig geblieben ist, zu ersticken drohen. Ganz zu schweigen von den USA, wo die positiven Impulse auf den Finanzmärkten nicht mit einer echten Verbesserung der Kerninflation einhergehen, was die soziale Kluft weiter wachsen lässt. Hoffen wir trotzdem, dass die gute Luft in Apulien für alle gut ist", resümiert die italienische Zeitung LA STAMPA.
Abschließend noch ein Blick in die norwegische Zeitung DAGBLADET. Sie wimdet sich einer geplanten Reise von Russlands Präsident Putin nach Nordkorea: "Das Ziel dürfte vor allem sein, die militärische Zusammenarbeit auszubauen und den Westen zu provozieren. Der Besuch in Nordkorea ist allerdings auch eine symbolträchtige Niederlage für Putin. Denn er zeigt, wie abhängig Russland inzwischen von Nordkorea und dessen Munitionslieferungen ist. Nur deshalb gelang es der russischen Armee zuletzt, in der Ukraine in begrenztem Umfang vorzurücken. Doch sind Nordkorea und der Iran echte Verbündete Russlands? Wohl kaum. Putin sollte also gut aufpassen, wenn er das Spiel mit Machthaber Kim Jong Un wagt. Er ist dabei nämlich nicht zwangsläufig der Stärkere." Mit diesem Auszug aus dem DAGBLADET aus Oslo endet die Internationale Presseschau.