14. Juni 2024
Die internationale Presseschau

Zum Auftakt der Fußball-Europameisterschaft mit Stimmen dazu, außerdem ist die politische Situation in Frankreich Thema, ebenso das Treffen der G7-Staaten in Italien. Die spanische Zeitung LA VANGUARDIA nennt Einzelheiten zu den ersten Beschlüssen:

Giorgia Meloni (l-r), Ministerpräsidentin von Italien, Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Fumio Kishida, Ministerpräsident von Japan, Justin Trudeau, Premierminister von Kanada, und US-Präsident Joe Biden, stehen beieinander beim Gipfeltreffen der G7-Staaten. Die Staats- und Regierungschefs aus den sieben Industrienationen USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Italien, Deutschland und Japan treffen sich unter der Gastgeberschaft von Italien in Borgo Egnazia bei Bari zu ihrem jährlichen G7 Gipfel.
"Mit Ausnahme von Gastgeberin Giorgia Meloni befinden sich die Teilnehmer in kläglicher Verfassung", schreibt die dänische Politiken zum G7-Gipfel in Italien - und auch andere Zeitungen sind eher kritisch. (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
"In Anwesenheit des ukrainischen Präsidenten Selenskyj haben sich die G7 gestern auf ein 50 Milliarden-Dollar-Darlehen für den Wiederaufbau der Ukraine geeinigt. Das Geld soll noch vor Ende des Jahres ausbezahlt werden und stammt aus den Zinsen auf russisches Vermögen, das in der EU und den G7-Ländern eingefroren ist. Mit anderen Worten: Sie haben einen legalen finanziellen Trick gefunden, durch den Russland die militärische Unterstützung der Ukraine durch den Westen gewissermaßen selbst bezahlt", vermerkt die Zeitung LA VANGUARDIA aus Barcelona.
Die russische Zeitung NESAWISSIMAJA GASETA hebt ein weiteres konkretes Ergebnis des Gipfels hervor, nämlich das Sicherheitsabkommen zwischen der Ukraine und den USA. Das Blatt kommt zu dem Schluss: "Kiew und Washington sind jetzt offiziell Verbündete. Der Vertrag hat eine Laufzeit von zehn Jahren. Die USA verpflichten sich darin, Geheimdienstinformationen mit der Ukraine auszutauschen, das ukrainische Militär auszubilden und militärische Hilfe zu leisten, einschließlich der Lieferung von Waffen", fasst die NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau zusammen.
Die Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio geht in einem Gastkommentar auf die Vereinbarungen der Ukraine mit Japan ein: "Premierminister Kishida hat Unterstützung etwa bei der Stromversorgung und der Minenbeseitigung zugesagt. Gleichzeitig stellte er klar, dass Japans Hilfen aus verfassungsrechtlichen Gründen nur im nicht-militärischen Bereich eingesetzt werden können. Auf diese Weise könnte die Regierung als Vermittler in möglichen Friedensverhandlungen auftreten, schließlich töten japanische Waffen keine russischen Soldaten. Darüber hinaus sollte Kishida bisher zurückhaltende Staaten überzeugen, am anstehenden Friedensgipfel in der Schweiz teilzunehmen. So könnte Japan einen Beitrag dazu leisten, dass die Ukraine noch mehr Unterstützung aus aller Welt bekommt", rät die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN.
CHINA DAILY aus Peking sieht in den neuen Hilfen für die Ukraine eine - wie die Zeitung es formuliert - weitere Eskalation des Konflikts: "Das Ziel, Russland zu schwächen, wenn nicht gar zu besiegen, wird selbst von vielen westlichen Militärexperten als unerreichbar angesehen. Überhaupt ist der Zeitpunkt des diesjährigen G7-Gipfels unheilvoll. Viele der Teilnehmer - außer Gastgeberin Meloni - mussten bei den Europawahlen Niederlagen einstecken, zum Beispiel Bundeskanzler Scholz und Frankreichs Präsident Macron, der sogar Neuwahlen ansetzte. In den USA liefern sich Präsident Biden und sein Vorgänger Trump weniger als fünf Monate vor den Präsidentschaftswahlen ein Kopf an Kopf-Rennen. Die G7-Staats- und Regierungschefs haben also vor allem mit ihren innenpolitischen Problemen zu kämpfen", konstatiert die chinesische Zeitung CHINA DAILY.
"Mit Ausnahme von Gastgeberin Giorgia Meloni befinden sich die Gipfelteilnehmer in kläglicher Verfassung", lautet die Bilanz der dänischen Zeitung POLITIKEN: "Der wachsende Populismus in vielen europäischen Ländern könnte für Zwist sorgen und damit den Gegnern in die Hände spielen: Parteien am rechten Rand sind in der Regel skeptisch gegenüber Freihandel, dafür aber positiver gegenüber China eingestellt und nicht zwangsläufig für strengere Sanktionen gegen Putins Russland. Meloni hat die Teilnehmer sicher nicht zufällig in ein traumhaftes Resort mit Blick auf die Adria eingeladen. Dort finden sie erst einmal eine Zuflucht", beobachtet POLITIKEN aus Kopenhagen.
Die norwegische Zeitung AFTENPOSTEN nimmt die politische Situation in Frankreich unter die Lupe: "Gerade einmal drei Wochen Zeit bekommen die Franzosen, in denen sie darüber nachdenken können, was sie eigentlich wollen: ein politisch anständiges Frankreich oder ein Land im Griff der ultrarechten Partei von Marine Le Pen. Macron bekam schon einen Schuss vor den Bug, als der Chef der konservativen Republikaner, Ciotti, seine Bereitschaft zu einer Zusammenarbeit mit Le Pen signalisierte. Die Partei stürzte ihn umgehend, aber das Problem bleibt: Die Wähler sehen - wie auch in anderen europäischen Ländern - keinen großen Unterschied mehr zwischen den alten Konservativen und der vulgären neuen Rechten", analysiert AFTENPOSTEN aus Oslo.
Die chinesische Zeitung WENHUI BAO bewertet die Neuwahlen als "riskantes Manöver": "Ja, die Fußball-Europameisterschaft und die Olympischen Spiele könnten die Stimmung der französischen Gesellschaft aufheitern und Macron helfen. Ob das reicht, um den rechtsextremen Rassemblement National zu besiegen, ist äußerst fraglich. Es kommt nun darauf an, ob es dem Präsidenten gelingt, Bündnisse gegen Le Pen zu bilden. Automatisch kommen diese leider nicht zustande", schreibt die Zeitung WENHUI BAO, die in Schanghai erscheint.
Die französische Zeitung VAR-MATIN spannt einen Bogen von den ausgerufenen Neuwahlen hin zur Fußball-Europameisterschaft - und ist verzweifelt: "Seit Sonntagabend wissen wir, dass die französische Mannschaft die EM nicht gewinnen wird. Emmanuel Macron hat den Traum mit der Auflösung der Nationalversammlung platzen lassen. Les Bleus werden von der Politik eingeholt - alle Fragen von Journalisten werden sich um die Parlamentswahlen drehen. Die Spieler werden dazu gedrängt werden, sich zu positionieren. Alle einschlägigen Politiker werden an die Tür der Umkleidekabine klopfen. Das ist ein Albtraum", beklagt VAR-MATIN aus Brignoles.
Im Eröffnungsspiel der Europameisterschaft trifft die deutsche Nationalmannschaft heute Abend auf Schottland. Dort erscheint THE SCOTSMAN, der notiert: "Schottland war eine der ersten Mannschaften, die in Deutschland angekommen ist. Sie wollen nicht zu den Ersten gehören, die sich wieder verabschieden. Aber die Deutschen haben nicht vor, Schottland einen Gefallen zu tun. Die EM ist ihre Party. Die Augen Europas werden sich am Abend auf die Arena in München richten - und die Deutschen wollen das Ding nach Hause holen", ist THE SCOTSMAN aus Edinburgh überzeugt.
NEWS DAY aus Simbabwe betont: "Deutschland hat vier Welt- und drei Europameisterschaften gewonnen. Aber seit dem WM-Sieg 2014 in Brasilien ist der gute Ruf der Mannschaft durch eine Reihe von Misserfolgen dahin. Weil das Turnier dieses Mal im eigenen Land stattfindet, gibt es nur ein Ergebnis, das die deutschen Fans zufriedenstellen kann: Europameister werden", ist sich NEWS DAY aus Harare sicher.
Die Zeitung CORRIERE DELLA SERA aus Mailand schaut auf die Aussichten von Titelverteidiger Italien bei dieser EM: "Die Favoriten sind andere: zuallererst Frankreich und England, dahinter dann Deutschland und Spanien. Vielleicht ist es ein Glücksfall, dass in den letzten zwanzig Jahren nur einmal, nämlich 2012 mit Spanien, eine Mannschaft Europameister wurde, mit der man vorher gerechnet hatte: Griechenland 2004, Spanien bei seinem ersten Sieg 2008, Portugal 2016 und auch Italien 2021 waren allesamt Überraschungen. Dieses Turnier folgt seiner eigenen Logik", stellt die italienische Zeitung CORRIERE DELLA SERA fest.
Die finnische Zeitung HUFVUDSTADSBLADET merkt an: "Schon vor Beginn der Fußball-EM steht ein Gewinner fest: das autoritäre China und seine kommerziellen Tentakel. Wenn wir über solche Sportveranstaltungen sprechen, übersehen wir leicht den eigentlichen Machtfaktor: die Wirtschaft. Das chinesische Geld fließt bei dieser EM in Strömen. China geht es darum, bei den Konsumenten neue Gewohnheiten zu erzeugen und chinesische Marken zu etablieren. Jedes erreichte Augenpaar ist ein kleiner Propagandasieg für die kommunistische Diktatur. Wenn heute Deutschland auf Schottland trifft wird auffallen, dass die Hauptsponsoren eben nicht stolze deutsche Marken wie Mercedes oder VW sind", prognostiziert HUFVUDSTADSBLADET aus Helsinki.