
Spanien stehe nicht auf der entsprechenden Liste, betont EL PERIODICO DE CATALUNYA aus Barcelona: "Zwar schloss Spanien das vergangene Jahr mit einem Defizit von 3,6 Prozent ab, aber die Kommission vertraut darauf, dass der Wert in diesem Jahr die drei Prozent nicht übersteigt. Anderen Ländern drohen dagegen Sanktionen. Es sind dies unter anderem Belgien, Ungarn und Polen, vor allem aber auch Frankreich, wo in diesem Jahr ein Defizit von 5,1 Prozent erwartet wird. Das sind verheerende Werte für die Regierung, die nun vor den nächsten Wahlen drastische Maßnahmen ergreifen muss, um die öffentlichen Ausgaben zu senken. Die spanische Wirtschaft hat sich, angetrieben von den Exporten und vom Tourismus, zuletzt als durchaus robust erwiesen", konstatiert EL PERIODICO DE CATALUNYA.
Die italienische Zeitung IL FOGLIO QUOTIDIANO betont, die fiskalischen Regeln in der Europäischen Union seien reformiert worden und müssten nun umgesetzt werden." "Aber nicht zu schnell, denn es ist Wahlkampf. Ursula von der Leyen will als Kommissionspräsidentin bestätigt werden. Da ist es besser, man bringt die Staats- und Regierungschefs, die sie ernennen müssen, nicht zu sehr in Verlegenheit. Deshalb hat die Kommission, wenn auch offiziell aus technischen Gründen, die fiskalischen Anstrengungen, die von Italien im Rahmen des Defizitverfahrens verlangt werden, auf November verschoben. Ob heute oder im Herbst, die Regierung tut gut daran, sich an die Arbeit zu machen", empfiehlt IL FOGLIO QUOTIDIANO aus Rom.
Die französische Zeitung L'OPINION aus Paris fragt: "Könnte Frankreich im Fall einer nationalen Finanzkrise mit der Unterstützung der Europäischen Union rechnen? Sicherlich nur unter sehr strengen Bedingungen. Zwar hat sich die Europäische Zentralbank vor zwei Jahren mit einem 'Schutzinstrument' ausgestattet. Es handelt sich um ein Notfallinstrument zur Sicherung der Finanzstabilität, aber keineswegs um ein garantiertes Rettungsnetz für Länder, die sich bewusst für eine abenteuerliche Wirtschaftspolitik entscheiden. Sollte das nächste französische Kabinett eine fiskalische Flucht nach vorne antreten, würde es die EZB höchstwahrscheinlich zunächst zulassen, dass es die Folgen seines Handelns auf den Märkten ausbaden muss", vermutet L'OPINION.
Die österreichische Zeitung DIE PRESSE mahnt: "Die vergangenen Krisen dürfen nicht als ewige Ausrede für auf Pump finanzierte Wohltaten und hinausgezögerte Reformbemühungen herhalten. Die EU befindet sich in stürmischen Gewässern, und ein rettender Hafen ist nicht nur nicht in Sicht – es gibt ihn ebenso wenig wie die schützende Hand aus Übersee. Wenn Europa Stabilität haben will, muss es sich diese selbst erarbeiten. Halbwegs solide Budgets und einigermaßen glaubwürdige Konsolidierungspläne für jene Mitgliedstaaten, in denen hohe Schuldentürme tiefe Schatten auf die Regierungsviertel werfen, sind nicht mehr eine Frage des Geschmacks, sondern der nationalen und europäischen Sicherheit", findet DIE PRESSE aus Wien.
Themenwechsel. Die polnische RZECZPOSPOLITA äußert sich zu dem Treffen von Kreml-Chef Putin mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un in Pjöngjang. "Während des Besuchs unterzeichneten beide einen Partnerschaftsvertrag, der gegenseitige Hilfe im Falle einer Aggression gegen eines der beiden Länder vorsieht. Der Inhalt des Vertrages ist nicht genau bekannt, aber das ist auch nicht der entscheidende Faktor. Der russische Staatschef möchte ein weiteres Signal an den Westen senden. Anfang Juni hatte er während des Sankt Petersburger Wirtschaftsforums angekündigt, er werde möglicherweise Waffen an Länder übergeben, die den westlichen Demokratien feindlich gegenüberstünden, damit diese 'sensible Orte angreifen' könnten. Putin unternimmt diese Schritte nur wegen der jüngsten Zustimmung westlicher Akteure, westliche Waffen zum Angriff auf russisches Territorium einzusetzen", vermutet die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Die britische Zeitung THE DAILY TELEGRAPH aus London wendet ein: "Was Kim Jong Un als Gegenleistung für die militärische Unterstützung Putins erhält, ist eher undurchsichtig, obwohl die Nordkoreaner keinen Hehl daraus machen, dass sie ihr Weltraum-, Raketen- und Atomprogramm vorantreiben wollen. Es ist fraglich, inwieweit Putin bereit ist, eine technologische Zusammenarbeit mit Pjöngjang zu akzeptieren - vor allem, wenn dadurch ein anderer wichtiger Verbündeter des Kremls, nämlich China, verprellt werden könnte."
Russlands Überfall auf die Ukraine müsse Kim Jong Un wie ein Geschenk des Himmels vorkommen, hebt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz hervor: "Nach bleiernen Jahren, bedingt durch die Corona-Pandemie und ein hartes Sanktionsregime, hat Putins Krieg die marode Wirtschaft Nordkoreas reanimiert. Kims Waffenschmieden produzieren nun im Dreischichtbetrieb, um den Bedarf des russischen Aggressors zu decken. Ballistische Raketen aus nordkoreanischer Produktion töten Menschen inmitten Europas. Kim füllt dadurch seine Kassen, seine Generäle sammeln praktische Erfahrungen im Kriegshandwerk."
Nach Einschätzung der türkischen Onlinezeitung T24 ist Nordkorea nun in der Lage, mit seinen Raketen: "Washington und (theoretisch) auch Moskau und Peking zu erreichen. Diese Fähigkeit beunruhigt auch China und Russland, wenn auch nicht so sehr wie Washington, Seoul und Tokio. Auch mit China kann es wegen Taiwan jederzeit zu einem Atomkrieg kommen. Die Spannungen und Konflikte in der multipolaren Welt nehmen rasch zu. Ein solches internationales Umfeld kommt einem Land wie Nordkorea sehr entgegen", analysiert T24 aus Istanbul.
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio sieht in einer neuen Partnerschaft nicht nur eine Bedrohung für Ostasien. Darüber hinaus begehe Putin "mit seiner Ankündigung, als Gegenleistung für Waffenlieferungen die Aufrüstung Nordkoreas zu unterstützen, einen Verrat am UNO-Sicherheitsrat - für das Gremium bedeutet dies fast ein Todesurteil. Peking dürfte der Besuch Putins in Pjöngjang nicht gefallen haben. Mit ausreichender Aufrüstung würde Nordkorea nicht mehr brav Chinas Anweisung folgen und zunehmend allein handeln."
Die US-amerikanische Zeitung WALL STREET JOURNAL rät dem Weißen Haus, einen genaueren Blick auf Putins Besuch zu werfen: "Dies ist ein weiteres Beispiel dafür, wie die Achse der Autoritären auf der ganzen Welt gegen Amerika und seine Verbündeten zusammenarbeitet. Die realistische Schlussfolgerung ist, dass Russland und China Nordkorea als atomar bewaffneten Staat wollen, um Südkorea, Japan und die USA zu bedrohen. Die Diktatoren sind sich nicht in allem einig, und eine geschickte US-Diplomatie würde nach Möglichkeiten suchen, diese Differenzen auszunutzen. Doch zunächst müssen wir uns von der Illusion verabschieden, dass diese Achse verschwindet", lesen wir im WALL STREET JOURNAL aus New York.
Nun noch die Meinung der schwedischen Zeitung GÖTEBORGS-POSTEN zu den EU-Plänen für eine sogenannte Chatkontrolle: "Die Idee dahinter ist, dass die gesamte digitale Kommunikation geprüft wird, um die Verbreitung illegaler Bilder über das Internet zu verhindern. Das neue Gesetz soll somit zur Bekämpfung von Kinderpornografie dienen, und natürlich ist es löblich, Kinder schützen zu wollen. Aber ein edler Zweck rechtfertigt nicht alle Mittel. Die Polizei wäre dann nicht mehr nur auf der Straße unterwegs, sondern auch in unseren Smartphones. Sämtliche Chats, Bilder und Videotelefonate würden mit Hilfe von KI durchsucht. Nun hat auch noch unsere Regierung den Kurs gewechselt und unterstützt den Vorschlag. Das ist besonders erbärmlich bei den Parteien, die noch vor den Wahlen zum EU-Parlament mit ihrer Ablehnung der Chatkontrolle geworben haben", urteilt GÖTEBORGS-POSTEN zum Ende der internationalen Presseschau.