
Die italienische Zeitung CORRIERE DELLA SERA fragt: "Was kann getan werden, um den Angriff des Irans auf Israel abzuwenden oder zumindest einzudämmen? In Teheran stehen sich zwei Linien gegenüber. Einerseits drängen die Revolutionswächter auf einen starken Schlag gegen Israel als Reaktion auf die Tötungen der hochrangigen Hamas- und Hisbollah-Führer Ismail Hanija und Fuad Schukr. Parallel dazu unterhält der neue Präsident Massud Peseschkian indirekte Kontakte zu den USA und direkte Kontakte zu Europa. Die Gerüchte jagen einander und überschneiden sich", vermerkt CORRIERE DELLA SERA aus Mailand.
Die panarabische Zeitung ASHARG AL-AWSAT, die in London erscheint, beobachtet: "Derzeit deutet die Entwicklung im Nahen Osten auf eine Ausweitung des Krieges hin. Zwar zeigte sich Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah in seiner letzten Rede zurückhaltend, was womöglich auch die derzeit vorherrschende Haltung in Teheran spiegelt. Zugleich aber bestimmte die Hamas einstimmig Yahya Sinwar zu ihrem neuen Vorsitzenden. Dessen Ernennung steht für ein Bekenntnis zum Iran und die Neigung zu einer militärischen Lösung."
Die regierungsnahe russische Zeitung NESAWISSIMAJA GASETA wirft ein: "Es stellt sich die Frage, ob Washington und Tel Aviv beabsichtigen, die Verschärfung der Lage rund um den Gazastreifen zu nutzen, um das iranische Atomproblem mit Gewalt zu lösen – beispielsweise durch einen Angriff auf das iranische Atomforschungszentrum in Natanz. Wie sonst können wir Israels provokatives Vorgehen gegenüber Teheran erklären? Es scheint so, dass Washington und Tel Aviv mehr als alle anderen an einer Eskalation des Konflikts interessiert sind. Aber die Entscheidung über den 'Vergeltungsschlag' wird in Teheran getroffen", unterstreicht NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau.
Die türkische Zeitung AKŞAM, die der Regierungspartei AKP nahesteht, geht auf den israelischen Luftangriff auf ein Schulgebäude in Gaza-Stadt ein: "Die internationale Ordnung ist unter dem israelischen Bombardement zusammengebrochen und zerfallen. Das Gewissen der Welt wird es nicht hinnehmen, dass Tonnen von Bomben auf Palästinenser, vor allem Frauen und Kinder, abgeworfen werden. Der Feind sind nicht die Araber, sondern die ganze islamische Welt. Mit Hilfe der USA glaubt Israel offenbar, einen großen Krieg anzetteln zu können. Das ist der Geist hinter dieser Gräueltat, hinter diesem Bösen. Das Völkerrecht hat seine Sanktionskraft verloren. Diplomatische Bemühungen sind vergeblich", befürchtet AKŞAM aus Istanbul.
Themenwechsel. Die niederländische Zeitung DE VOLKSKRANT bewertet die Olympischen Sommerspiele in Paris. Sie hätten Frankreich Auftrieb gegeben: "Viele Franzosen meinten, ihr Land sei im Niedergang begriffen, aber es hat sich gezeigt, dass Frankreich tatsächlich ein Weltereignis ausrichten kann, auf das man stolz sein kann. Die Franzosen, die nur allzu oft dazu neigen, zu klagen und zu protestieren, haben sich mitreißen lassen. Doch der Effekt wird nur vorübergehend sein. Die politischen Probleme des Landes sind noch genauso groß wie vor den Spielen. Goldmedaillen führen nicht zur Bildung einer Regierung, die sich auf eine Mehrheit in der Nationalversammlung stützen kann. Der Sport löst die Probleme der Welt nicht, aber er lenkt die Aufmerksamkeit eine Zeit lang davon ab. Das war der große Wert dieser Spiele", urteilt DE VOLKSKRANT aus Amsterdam.
Auch die französische Zeitung LE FIGARO aus Paris vermutet, die Rückkehr nach den Spielen zum Alltag dürfte weitaus "weniger erfreulich werden. Die Realität ist die eines Frankreichs, das von Schulden geplagt, mit wachsender Unsicherheit, unkontrollierter Immigration und überlasteten öffentlichen Diensten konfrontiert ist. Die Realität ist die einer Nation, die unter geografischen, kulturellen, religiösen und sozialen Spaltungen leidet. Und die Realität ist die eines Landes in einer tiefen politischen Krise, ohne Mehrheit, ohne Regierung und ohne offensichtliche Lösung in Sicht."
Die britische Zeitung THE DAILY TELEGRAPH aus London ist sich sicher: "Keiner der Anwesenden wird die Kulissen so schnell vergessen: die Sonnenuntergänge hinter dem Eiffelturm, die glitzernde Lichtshow in St. Denis beim 100-Meter-Finale oder das Surfen auf Tahiti, 10.000 Meilen entfernt im Pazifikparadies Französisch-Polynesien. Oberflächlich betrachtet waren diese Olympischen Spiele ein sorgfältig choreographiertes Meisterwerk, das in der fotogensten Stadt der Welt mitreißende Kunststücke bot."
Die taiwanesische Zeitung LIANHE BAO aus Taipeh bewertet die Spiele auch kritisch. Es seien politische Entscheidungen nicht zu übersehen gewesen: "Diesmal ging es um den Ausschluss der Aggressoren Russland und dessen Unterstützer Belarus. Andererseits durfte das ebenfalls in einem Krieg involvierte Israel mit dabei sein. Auch bei Dopingfragen schienen ebenfalls zweierlei Maßstäbe praktiziert worden zu sein. Ein chinesischer Schwimmweltrekord zum Beispiel wurde öffentlich laut infrage gestellt, während der französische Schwimmstar Marchand für seine außerordentliche Leistungen herzlichst gefeiert wurde."
Zum Ausschluss Russlands bemerkt die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio: "Unter dem Strich hat man das Land, das bei den vergangenen Spielen oft Chaos wie Dopingprobleme verursachte, in Paris nicht vermisst. Aus Sicht der Olympischen Idee allerdings kann ein Ausschluss Russlands keine Lösung für alle Probleme sein. Olympia hat eine Mission, nicht nur faire Wettbewerbe in den Stadien zu ermöglichen, sondern auch außerhalb davon olympische Ideale zu fördern, wie etwa einen Beitrag für den Weltfrieden."
Die kolumbianische Zeitung EL TIEMPO aus Bogotá bilanziert: "Olympia in Paris hat auf jeden Fall die Probe bestanden. Das gilt für das Thema Nachhaltigkeit oder die Begrenzung der Ausgaben. So wurden keine Megaprojekte durchgeführt, wie sie in der Vergangenheit zum Beispiel Athen im Nachhinein an den Rand des Abgrunds trieben. Klar ist auch, dass es einer strengeren Bekämpfung des Dopings bedarf. Die sportlichen Erfolge allein sind nicht alles."
Abschließend noch Stimmen zur demokratischen Kandidatin für die US-Präsidentschaftswahl, Kamala Harris. Die WASHINGTON POST wünscht sich von ihr mehr inhaltliche Klarheit: "Seit sie Präsident Joe Biden als demokratische Spitzenkandidatin abgelöst hat, hat Vizepräsidentin Kamala Harris weder ein richtiges Interview noch eine Pressekonferenz gegeben. Ihre Wahlkampf-Website hat keine 'Themen'-Seite. Ist schon klar, taktisch: Es ist verlockend für Harris, wie es auch für jeden anderen in ihrer Position wäre, bei den Inhalten so lange wie möglich so vage wie möglich zu bleiben, um der Opposition kein Futter zu geben und ihre Anhänger nicht zu spalten."
Die norwegische Zeitung DAGBLADET aus Oslo hebt hervor, Harris besitze eine wichtige Eigenschaft, die ein Vizepräsident benötige: "Die Fähigkeit zur Übernahme. Die Geschichte lehrt, dass nur ein Schuss, eine Erkrankung oder ein Skandal reichen können, damit der Vize an die Stelle des Präsidenten tritt. Und was immer die Umfragen zwischendurch zur Beliebtheit von Harris sagten: Es gibt eine lange Reihe wirklich unfähiger Vizepräsidenten, darunter einen Totschläger, einen Trunkenbold, einen korrupter Ex-Gouverneur und einen Mann, der nicht richtig schreiben konnte."
Die schwedische Zeitung DAGENS NYHETER aus Stockholm gibt zu bedenken, das Rennen um das Weiße Haus sei noch nicht entschieden: "Die veränderten Umfragewerte bedeuten nicht, dass Trump-Wähler scharenweise zu Harris überlaufen, sondern dahinter stehen zuletzt demotivierte Demokraten, die sich nun wieder von ihren Sofas aufraffen. Wie 2016 und 2020 werden nur minimale Wählerbewegungen den Ausschlag geben. Für uns in Europa bedeutet dies, dass sich unsere Einstellung nicht verändern darf: Wir müssen auf das Schlimmste vorbereitet sein."