17. August 2024
Die internationale Presseschau

Heute mit Kommentaren zur Lage im Nahen Osten und zum Mpox-Fall in Schweden. Zunächst geht es aber um den Einmarsch der Ukraine in die russische Region Kursk.

Ein von ukrainischen Truppen zerstörter russischer Militärkonvoi in der russischen Region Kursk.
Ein von ukrainischen Truppen zerstörter russischer Militärkonvoi in der russischen Region Kursk. (picture alliance / Anatoliy Zhdanov/ Sipa USA / Kommersant Photo Agency)
Damit beschäftigt sich die WASHINGTON POST: "Eskalation birgt Risiken und wir können nicht wissen, wie die Kursk-Operation ausgehen wird. Dennoch werfen die Ereignisse Licht auf einige bedeutende russische Schwächen. Nach zwei Jahren, in denen russische Bürger den Krieg größtenteils unterstützten oder zumindest passiv waren, löste der Angriff in den sozialen Medien Proteste von Bürgern in den betroffenen Regionen aus. Der Angriff zeigte auch, dass die russische Grenze schlecht verteidigt war. Die Vereinigten Staaten und Europa sollten der Ukraine alle möglichen Mittel an die Hand geben, um den Krieg in einer Position der Stärke und als funktionierende, prosperierende Demokratie im Einklang mit dem Westen zu beenden", konstatiert die WASHINGTON POST aus den USA.
Die britische Zeitung THE DAILY TELEGRAPH sieht die Waffen aus dem Westen als entscheidend für den Kampf der Ukraine gegen den russischen Aggressor: "Langsam hat der Westen die Handschellen für die Ukraine gelöst. Im Mai erlaubte er den Einsatz seiner Waffen, um Ziele auf russischem Boden anzugreifen. Die Kühnheit des Westens hat die militärische und politische Realität verändert. Um zukünftige peinliche Offensiven zu verhindern, wird der russische Präsident Putin gezwungen sein, Männer und Material als Schutzmaßnahme in andere Sektoren der russischen Grenze zur Ukraine zu verlegen, wodurch die Ressourcen, die er an der Front hat, erneut ausgedünnt werden. Und da sich das Zeitfenster, das Moskau in diesem Jahr hatte, um Kiew zu besiegen, geschlossen hat, ist es jetzt der ukrainische Präsident Selenskyj, der den Wind in den Segeln hat, unterstützt – endlich – von seinen westlichen Amtskollegen", zeigt sich THE DAILY TELEGRAPH aus London optimistisch.
Die Zeitung DIE PRESSE aus Österreich nennt die Offensive der Ukraine zwar "spektakulär" und "tollkühn", sieht sie aber mit Sorge: "Ob das Husarenstück wirklich schlau war, muss sich erst zeigen. Zu der erhofften Entlastung der Front im Donbass ist es in den ersten Tagen seit der Kursk-Offensive nicht gekommen. Im Gegenteil: Die russische Armee ist in der Ostukraine auf dem Vormarsch. Den ukrainischen Streitkräften mangelt es nach wie vor an Personal und Munition. Und jetzt könnten sie sich auch noch fatal überdehnt haben. Im militärischen Hase-und-Igel-Spiel haben auf Dauer die Russen die besseren Chancen, weil sie über größere Ressourcen verfügen. Für die Ukraine könnte das Kursk-Abenteuer noch bitter mit einem Backlash enden. Sollte es der russischen Armee gelingen, die Ukrainer schnell wieder zu vertreiben aus Kursk und Umgebung, wird Russland das zu weiteren Eroberungen in der Ostukraine anspornen", betont DIE PRESSE aus Wien.
Die chinesische Zeitung HUANQIU SHIBAO sieht die Offensive als letzte Karte der Ukraine: „Die Frage ist allerdings, was der ukrainische Präsident Selenskyj nun vorhat und wie groß seine Erfolgschancen sind. Für Russland und das Gebiet Kursk ist das die erste Invasion seit dem Zweiten Weltkrieg. Das schadet dem Image des russischen Präsidenten Putin, denn die Menschen sehen, dass er sein Land nicht schützt. Allerdings ist kaum zu erwarten, dass sich für ihn dadurch rasch etwas ändert. Für die Ukraine schafft der Schritt gewisse Erleichterungen, aber der grundsätzliche Druck bleibt. Auf jeden Fall aber scheint eines klar: Die Invasion im Gebiet Kursk reduziert jetzt erst einmal die Chancen für Frieden und erschwert auf längere Zeit einen Waffenstillstand“, bemerkt HUANQIU SHIBAO aus Peking.
Schauen wir nun in den Nahen Osten wo jüdische Siedler palästinensische Zivilisten im Westjordanland angegriffen haben. Die österreichische Zeitung DER STANDARD hebt hervor: "Der Mord von Dschit reiht sich in eine Reihe von Provokationen ein, mit denen Israels rechte Szene ein mögliches Abkommen mit den Palästinensern verhindern will. Am Mittwoch hatte Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir mit 2.000 Anhängern den Tempelberg gestürmt und entgegen einem interreligiösen Abkommen dort Juden das Beten erlaubt. Eine kleine gesetzlose Minderheit dürfe nicht weiter Israels Namen in der Welt beschmutzen, sagte der israelische Präsident Herzog gestern. Die Provokationen sollten offenbar den Iran, die Hisbollah oder palästinensische Milizen aus Nablus zu einer Gegenreaktion bewegen. Doch dort wartet man noch geduldig den Verlauf der Gespräche in Doha ab", urteilt DER STANDARD aus Wien.
Die norwegische Zeitung AFTENPOSTEN kritisiert den isralischen Regierungschef Netanjahu: „Seine Politik ist mittlerweile so unversöhnlich, dass sie längerfristig gar nicht in Israels Interesse liegen kann. Eine Zwei-Staaten-Lösung scheint in weiter Ferne. Israel hat inzwischen so viele Siedlungen im Westjordanland errichtet, dass dort kaum noch Platz für einen palästinensischen Staat ist. Im Juli sprach sich die Knesset mit großer Mehrheit prinzipiell gegen einen solchen Staat aus. Aber wo bleibt der alternative Entwurf? Eine Ein-Staaten-Lösung für Israel, das Westjordanland und Gaza mit gleichen Rechten für alle steht wohl kaum auf Netanjahus Wunschliste. Was also ist sein Plan? Wie sollen Israel und die Palästinenser kurzfristig mehr Sicherheit erhalten und mittelfristig in Frieden leben können? Niemand weiß es", kommentiert die Zeitung AFTENPOSTEN aus Oslo.
In einer Rede vor dem türkischen Parlament in Ankara hat Palästinenserpräsident Abbas angekündigt, nach Gaza reisen zu wollen. Dazu schreibt die türkische Zeitung MILLIYET: "Abbas sagte, es sei keine Lösung für Gaza in Reichweite. Deshalb habe er sich entschieden, trotz aller Gefahren nach Gaza zu reisen. Die Idee ist gut, aber ist sie auch umsetzbar? Es ist unwahrscheinlich, dass Israel Abbas über seine Grenzübergänge einreisen lässt. So bleibt Abbas nur ein Weg: der Grenzübergang Rafah zu Ägypten. Da aber auch die andere Seite des Grenzübergangs von Israel kontrolliert wird, ist auch hier die Zustimmung Israels erforderlich. Die ägyptischen Bemühungen allein werden möglicherweise nicht ausreichen, um Israel zu überzeugen. Während in Doha der Verhandlungstisch für einen Waffenstillstand eingerichtet wurde, könnten die USA aufgefordert werden, Druck auf Israel auszuüben, damit Abbas den Gazastreifen betreten kann. Eins ist klar: für Gaza muss mehr getan werden", befindet MILLIYET aus Istanbul.
Zum Abschluss befasst sich die die Zeitung EXPRESSEN aus Stockholm noch einmal mit dem Fall von Mpox in Schweden: „Die WHO hat wegen des neuen Mpox-Virus den globalen Notstand ausgerufen. Covid-19 war nicht die letzte Pandemie. Globale Krankheitsausbrüche werden sich häufen, auch wenn das viele seit Auslaufen der Corona-Beschränkungen gerne vergessen würden. Der Grund ist wie so oft menschliche Kurzsichtigkeit. Der Fleischkonsum steigt, was den Bedarf nach landwirtschaftlichen Nutzflächen in die Höhe treibt. Das Vordringen in zuvor unberührte Regionen führt zu mehr Kontakten zu Wildtieren. Corona und Mpox sind sogenannte Zoonosen, also Krankheiten, die von Tieren auf Menschen übergesprungen sind. Die Menschen reisen - und eine neue Epidemie nimmt an Fahrt auf“, mahnt die schwedische Zeitung EXPRESSEN.
Die spanische Zeitung EL PAIS ist zuversichtlicher: "Die heutige Situation unterscheidet sich sehr von der plötzlichen Herausforderung durch die Corona-Pandemie. Wie schon bei der Mpox-Krise 2022 und bei Corona 2020 sind Impfstoffe das zentrale Thema. Es gibt bereits einige Mpox-Impfstoffe mit einer Wirksamkeit von annähernd 80 Prozent und es sind weitere in der Entwicklung, die an die neuen Varianten, die in Afrika aufgetreten sind, angepasst sind. Um die Ausbreitung des Virus zu bremsen, müssen die Industrieländer die Produktion von Impfstoffen beschleunigen und ihre Verteilung in Ländern mit unzureichenden Gesundheitssystemen erleichtern". Mit diesem Kommentar der Zeitung EL PAIS aus Madrid endet die internationale Presseschau.