Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG ist folgender Meinung: "Offenkundig hat es Deutschland mit der Vielfalt übertrieben. Jedes Land benötigt Grenzen: Außengrenzen, um den Zustrom von Risikopersonen zu verhindern. Dazu gehören Migranten wie Issa al-Hasan in Solingen. Um seiner Abschiebung nach Bulgarien zu entgehen, tauchte Hasan unter. Kaum war die Frist verstrichen, kehrte er in seine Flüchtlingsunterkunft zurück. Trotzdem blieb er unbehelligt. Deutlicher hätte die Asylbürokratie nicht machen können, dass der deutsche Rechtsstaat ein unverbindliches Angebot ist, bei dem der Migrant selbst entscheidet, was er daraus macht. Niemand schrieb den Syrer zur Fahndung aus. Vermutlich hatte man Hasan aus den Augen verloren, so wie andere Flüchtlinge auch, die später zu Mördern wurden. Angesichts der Fülle von Fällen ist die Asylmigration der Verwaltung über den Kopf gewachsen. Vielfalt ist längst ein Synonym für Chaos", urteilt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz.
"Vor neun Jahren, am 31. August 2015, sprach die damalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel drei Worte, die in die Geschichte eingehen sollten", erinnert die österreichische Zeitung DIE PRESSE: "'Wir schaffen das'. Heute, viele bei Terrorakten abgeschlachtete Menschen später, ist völlig klar: Deutschland hat es nicht geschafft, die massenhafte Zuwanderung von Menschen aus Afrika, Afghanistan und der arabischen Welt ohne schweren Schaden für Deutschland zu organisieren. Ob der jüngste Anschlag von Solingen allerdings jene 'Zeitenwende' in der Migrationspolitik darstellt, die jüngst CDU-Chef Merz ausrief, darf bezweifelt werden. Eine wirkliche Zeitenwende in der Migrationspolitik kann nur darauf abzielen, den weiteren Zuzug von Flüchtlingen aus Staaten wie Afghanistan und Syrien möglichst auf null zu reduzieren", meint DIE PRESSE aus Wien.
Die türkische Zeitung EVRENSEL notiert: "Die Messerattacke eines Syrers in Solingen mit drei Toten hat Deutschland erschüttert. Die Diskussionen darüber gehen weiter. Warum konnte der Angreifer nicht abgeschoben werden? Regierungs- und Oppositionsparteien stimmen in einen Chor gegen Flüchtlinge und Migranten ein. Nach ihren Vorstellungen soll das Asylrecht für politisch Verfolgte abgeschafft werden. So forderte der CDU-Vorsitzende Merz einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Afghanistan und Syrien. Die Tatsache, dass es sich bei den Attentätern um radikal-religiöse Terroristen handelt, wird als Vorwand genommen, Schutzsuchenden die Tür vor der Nase zuzuschlagen. Anstatt zwischen denjenigen, die Terroranschläge gegen die Bevölkerung organisieren, und den unschuldigen Opfern der Kriege zu unterscheiden, werden fast alle Einwanderer aus islamischen Ländern zu Kriminellen oder Terroristen erklärt", kritisiert EVRENSEL aus Istanbul.
Die polnische Zeitung GAZETA WYBORCZA blickt vor dem Hintergrund der Migrationspolitik auf die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen am kommenden Sonntag: "Die Landtagswahlen sind von großer Bedeutung. Sollte der Alternative für Deutschland ein Erdrutschsieg gelingen, könnte das zu einer Krise der gesamten deutschen Demokratie führen. Die auf Bundesebene regierende Koalition aus SPD, Grünen und FDP ist im Osten so unpopulär, dass praktisch keine der drei Parteien sicher sein kann, die Fünf-Prozent-Hürde zu überschreiten. Der Wahlkampf in beiden Ländern wird von bundesweiten Themen wie dem Krieg in der Ukraine, der Migration, der Kriminalität und den steigenden Lebenshaltungskosten dominiert. Die Deutschen sind mit der Ampelkoalition mehrheitlich unzufrieden – Grund sind die regelmäßigen Querelen innerhalb der Bundesregierung und mangelnde Einigkeit über die wichtigsten Reformen", beobachtet die GAZETA WYBORCZA aus Warschau.
Die schwedische Zeitung GÖTEBORGS-POSTEN sieht es so: "Deutschland steht im Grunde vor derselben Veränderung der politischen Landschaft als Folge gesellschaftlicher Veränderungen wie der Rest des Westens. Die besondere Geschichte Deutschlands macht es den Parteien jedoch besonders schwer, mit rechtspopulistischer Unzufriedenheit umzugehen. Dass sich die AfD radikalisiert hat, hängt sozusagen mit dem scharfen Konflikt mit der übrigen Gesellschaft zusammen. Die deutsche politische Kultur fördert dabei keinen Pragmatismus, sondern einen eher zum Radikalismus neigenden Intellektualismus. Etablierte Stimmen diskutieren ernsthaft über ein Verbot der Partei. Deutschland ist in seinem Anti-Autoritarismus ganz einfach ausgesprochen autoritär", findet GÖTEBORGS-POSTEN.
Nun in den Nahen Osten. Die britische Zeitung THE GUARDIAN thematisiert den israelischen Militäreinsatz gegen militante Palästinenser im Westjordanland: "Nach zwei Tagen israelischer Angriffe mit Hubschraubern, Drohnen und Bodentruppen steigt die Zahl der palästinensischen Todesopfer im Westjordanland. Erst im Juli hatte das oberste Gericht der Vereinten Nationen - der Internationale Gerichtshof - eine Grenze zwischen Recht und Politik gezogen, als es erklärte, dass die israelische Besatzung des Westjordanlands, einschließlich Ost-Jerusalems und des Gazastreifens, gegen das Völkerrecht verstößt und beendet werden muss. Nur durch Diplomatie kann eine längerfristige Lösung dieses Konflikts erreicht werden, die es zwei Völkern ermöglicht, Seite an Seite in Frieden zu leben. Solange jedoch die internationalen Rechtsgrundsätze nicht beachtet werden, kann keine politische Lösung von Dauer sein", stellt THE GUARDIAN aus London klar.
In der palästinensischen Zeitung AL AYYAM ist zu lesen: "Der israelische Großeinsatz im Westjordanland findet vor dem Hintergrund dreier Faktoren statt: Erstens entsprechen sie dem Bestreben von Premier Netanjahu und seiner Regierung, an der Macht zu bleiben. Dafür ist es nötig, dass Israel sich in einem ständigen Krisenzustand befindet. Zweitens hat der Krieg im Gazastreifen sein Ziel nicht erreicht: Weder ist die Hamas eliminiert, noch sind die verbliebenen Geiseln befreit. Und drittens hat sich gezeigt, dass eine bewaffnete Auseinandersetzung mit der Hisbollah höchst schwierig ist. So errichtet Netanjahu nun eine Front im Westjordanland. Sie ist das günstigste Mittel, den Fortbestand seiner Regierung zu sichern", unterstreicht AL AYYAM aus Ramallah im Westjordanland.
Hören Sie nun noch Meinungsäußerungen zum russischen Krieg gegen die Ukraine. Die italienische Zeitung CORRIERE DELLA SERA führt aus: "Überleben, Pattsituation, Zusammenbruch. In einem Algorithmus über den mehr als zwei Jahre andauernden Krieg in der Ukraine wären dies die von Analysten am häufigsten verwendeten Wörter. Die interessierten Zuschauer sind China und die USA, die beiden Supermächte, die auf jeden Fall schon gewonnen haben. Peking und Washington profitieren geopolitisch und wirtschaftlich, ohne sich die Hände schmutzig zu machen. Das gespaltene und kurzsichtige Europa, das von ukrainischen Flüchtlingen und russischen Schuldzuweisungen heimgesucht wird, darf die Rechnung für den Krieg bezahlen", bemerkt der Mailänder CORRIERE DELLA SERA.
Die norwegische Zeitung AFTENPOSTEN erläutert: "Wenn die Schule abgeschlossen ist, werden russische Teenager vom Militär eingezogen: Die Wehrpflicht hat es immer schon gegeben. Neu ist, dass 17- und 18-Jährige nach nur wenigen Wochen mangelhafter Ausbildung direkt in den Krieg geschickt werden. Nicht alle kehren lebend nach Hause zurück. Der Krieg beschränkt sich nicht mehr auf die östliche Ukraine, sondern findet seit einigen Wochen auch im russischen Gebiet Kursk statt. Putin kann sich keine Niederlage an auch nur einer dieser Fronten leisten. Der Krieg ist inzwischen in Russland selbst angekommen. Noch scheint es, als habe Putin große Teile der Bevölkerung auf seiner Seite. Aber dies muss nicht von Dauer sein." Das war zum Ende der internationalen Presseschau AFTENPOSTEN aus Oslo.