11. September 2024
Die internationale Presseschau

Ein Thema sind die milliardenschweren Strafen gegen Apple und Google, die der Europäische Gerichtshof mit seinen Urteilen bestätigt hat. Im Mittelpunkt der Kommentare steht jedoch die Fernsehdebatte der US-Präsidentschaftskandidaten Kamala Harris und Donald Trump.

Donald Trump und Kamala Harris während des Fernsehduells
Donald Trump und Kamala Harris während des Fernsehduells (AP / Alex Brandon)
Die WASHINGTON POST sieht Harris als Gewinnerin des TV-Duells: "Sie hat sich einer bedeutsamen Zahl von US-Bürgern vorgestellt. Trumps Job war es, sie zu diskreditieren. Allerdings war er fast den ganzen Abend in der Defensive. Er konnte gegen Harris keinen klaren Angriff starten. Harris hingegen blieb ruhig, sah entspannt aus, während Trump wütend wurde und unglücklich wirkte. Harris ist es vermutlich gelungen, unentschiedene Wähler für sich zu gewinnen", meint die WASHINGTON POST.
Die taiwanesische Zeitung LIANHE RIBAO analysiert: "Während Kamala Harris rhetorisch professionell wie in einem Gerichtssaal auftrat, polterte Trump gleich wieder drauf los, was ihm aber keine Pluspunkte einbrachte. Zudem wurden seine Falschaussagen bei den Themen Wirtschaft und Abtreibung von den beiden Moderatoren sogleich überprüft und korrigiert. Wie angefasst Trump nach dem TV-Duell war, zeigte sich auch daran, dass er unmittelbar im Anschluss an die Debatte auf Social Media Breitseiten gegen das Moderatorenteam des US-Fernsehsenders ABC abfeuerte", konstatiert LIANHE RIBAO aus Taipeh.
Die britische Zeitung THE TELEGRAPH ist vom Auftritt der Präsidentschaftskandidatin der Demokraten nicht vollkommen überzeugt: "Kamala Harris hat unklar kommuniziert und in der Debatte wenig über ihre wichtigsten politischen Vorhaben gesprochen. Sie gab schwammige Antworten auf Fragen zur Wirtschaftspolitik. Sowohl Trump als auch die Moderatoren haben Harris vorgeworfen, viele ihrer Überzeugungen zugunsten der Macht aufzugeben. Harris konnte das nicht überzeugend widerlegen. Es fällt schwer, Harris zur Gewinnerin einer politischen Debatte zu küren, in der sie so wenig über ihr eigenes Programm gesagt hat. Aber Harris Angriffstaktik führte sie an diesem Abend zum Sieg. Trump ist voll darauf hereingefallen", schreibt THE TELEGRAPH aus London.
Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt die norwegische Zeitung VERDENS GANG: "Trump fiel es schwer, seinen Zorn zu bändigen. Auf jeden Fall gelang es ihm nicht, sich zu fokussieren. Er sprang von einem Thema zum anderen, um dann noch einmal über etwas ganz anderes zu reden. Man sah, wie Harris seinem Blick standhielt und manchmal milde lächelte wie über einen Onkel, der bei einem Weihnachtsessen ein bisschen zu viel getrunken hat. Und wenn sie dann das Wort hatte, ging sie knallhart zum Angriff über und ließ nichts an Vorwürfen aus: dass er dumm, gefährlich, kriminell und rassistisch sei und die Welt über ihn lache. So etwas hasst Trump zu hören. Erst ganz am Schluss gelang Trump die Frage, warum Harris ihre Versprechen nicht während der letzten Jahre umgesetzt habe. Und da war es schon zu spät: Harris hatte bereits demonstriert, was sie zu einer effektiven Staatsanwältin gemacht hat – und jetzt kennen die USA und die Welt sie ein bisschen besser als vorher", fasst VERDENS GANG aus Oslo zusammen.
Die bulgarische Zeitung TRUD bedauert: "Eine Debatte zwischen Kamala Harris und Donald Trump kam nicht zustande. Stattdessen wurde Trump in einen Hinterhalt gelockt, sodass er mit den zwei moderierenden Journalisten und mit der Vizepräsidentin Kamala Harris debattieren musste. Die Medien griffen ein, um den Status quo der Kandidatin zu retten. Harris schaffte es, ein ordentliches Ergebnis zu erzielen. Allerdings dürfte die Debatte das Wahlergebnis kaum ernsthaft verändern. Harris behauptete sich, Trump auch", kommentiert TRUD aus Sofia.
Die schwedische Zeitung SYDSVENSKAN notiert: "Nun stand Donald Trump kein älterer und verwirrter Joe Biden mehr gegenüber, sondern eine deutlich jüngere Frau mit klaren Ansagen. Kamala Harris konnte lachen: Sie hat Trump dorthin gelockt, wo sie ihn haben wollte. Ist die Wahl damit entschieden? Bei Weitem nicht – Trump hat Millionen Anhänger. Kurz nach dem Duell kam die Nachricht, dass der Popstar Taylor Swift für Kamala Harris stimmen will. Die Fans von Taylor Swift haben schon früher sprichwörtlich für Erdbeben gesorgt", heißt es in der Zeitung SYDSVENSKAN aus Malmö.
Die polnische Zeitung GAZETA WYBORCZA fragt: "Wird Taylor Swifts Unterstützung für Harris einen Unterschied machen? Nach ihren Appellen zur Beteiligung an der Kongresswahl folgten ihr Zehntausende, vor allem junge Menschen, die noch nie gewählt hatten. Andererseits warnen Experten davor, den Einfluss von Stars und Prominenten auf das Wählerverhalten zu überschätzen. Die Generation unter 30 Jahren ist ein wichtiger Teil der Wähler, die Joe Biden an die Macht gebracht hat. Der Wechsel zu Harris hat die Generation Z und die Millennials ein wenig aufgeweckt, aber die Demokratin lag zuletzt immer noch weit unter Bidens Zustimmungswerten von 2020. In den kommenden Tagen werden die Umfragen zeigen, ob sie diesen Rückstand aufgeholt hat", überlegt die GAZETA WYBORCZA aus Warschau.
Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hat Urteile gegen Apple und Google zu milliardenschweren Strafen und Steuernachzahlungen bestätigt. Nach Ansicht der dänischen Zeitung POLITIKEN hat die EU-Kommissarin für Wettbewerb, Margrethe Vestager, neue Maßstäbe gesetzt: "Das Verfahren gegen Apple mit der Forderung an den Konzern, 13 Milliarden Euro an Irland zurückzuzahlen, war Vestagers juristisches Kronjuwel. Die Botschaft lautet, dass Steuertricksereien ein Risiko darstellen, das Investoren nicht ignorieren sollten. Auch Irlands Steuermodell steht auf dem Prüfstand. Bei dem anderen Verfahren ging es um die Dominanz von Google auf dem Anzeigenmarkt, die der Konzern missbraucht hat. Vestagers Siege haben das Problem nicht lösen können. Aber die Urteile bahnen den Weg für einen faireren Wettbewerb mit diesen Technologiegiganten", ist sich POLITIKEN aus Kopenhagen sicher.
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN bemerkt: "Was Vestager zum Handeln treibt, sind ihre Gedanken zur Regulierung. Sie sieht in den großen US-Technologiekonzernen eine Gefahr für den Wettbewerb. Großbritannien und die USA verstehen den Kapitalismus so, dass Innovationen und Profite wichtig für die weitere Entwicklung der Unternehmen sind. Auf dem europäischen Festland wird hingegen der Verbraucherschutz und der Gewinn für die gesamte Gesellschaft höher geschätzt. Für Europäer bedeuten Regulierungen nicht unbedingt Schlechtes und sie scheuen - anderes als Japaner - keinen Streit mit den USA. Deshalb wird die EU auch nach der Ära von Vestager wohl weiterhin ihre Regulierungen stärken. Es ist allerdings zu befürchten, dass im Falle eines Siegs von Donald Trump im November die Konflikte zwischen den USA und Europa noch heftiger ausgetragen werden", befürchtet NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Zum Schluss hören Sie noch einen Kommentar zum Migrationsgipfel der Bundesregierung mit Vertretern der Länder und der Union. Der österreichische STANDARD führt aus: "Was genau wollen Merz und seine Unterstützer? Ab 16. September sollen nicht nur an sämtlichen Außengrenzen Kontrollen stattfinden. Gleichzeitig soll die Möglichkeit für Schutzsuchende, Asyl zu beantragen, ausgesetzt werden. Die Zurückweisung solle alle treffen, die in einem anderen Mitgliedsstaat der EU einen Asylantrag stellen können. Laut Merz soll die unionsrechtliche Ordnung durch eine Angst und Flüchtlingsfeindlichkeit geschuldete deutsche Interessenpolitik ersetzt werden – in der unausgesprochenen Hoffnung, die Nachbarstaaten mögen sich der Abwehrpraxis anschließen und ihrerseits die Grenzen für Asylsuchende sperren.Österreichs Innenminister Gerhard Karner hat dem eine Absage erteilt. Von Deutschland abgewiesene Asylsuchende würden nicht zurückgenommen, sagte er. Das würde bedeuten, dass die Menschen an der Grenze in Lagern stranden – eine inakzeptable Perspektive", warnt DER STANDARD aus Wien.