
Die JERUSALEM POST aus Israel gratuliert den Kräften, die - so wörtlich - "gegen das Böse" vorgegangen sind: "Wenn es Israel war, können wir darauf sehr stolz sein - denn es wirft ein unglaublich gutes Licht auf unseren Geheimdienst und unsere Sicherheitssysteme. Sollte es eine andere Macht gewesen sein, muss diese Israel als Verbündete gelten in dem Ziel, Terrorismus und extremistischen Hass gegen Juden und den jüdischen Staat auszurotten. Zweifellos zeigt die Attacke, dass es insbesondere im Nahen Osten eine neue Art der Kriegsführung gibt: Wir haben ungewöhnliche Anschläge erlebt, die man mit ohne weiteres mit dem Label 'out of the box' belegen kann", findet die Zeitung JERUSALEM POST.
Ähnlich sieht es die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN, die betont: "Der Fall der Pager-Explosionen zeigt, dass technologische Innovationen die Regeln der Kriegsführung grundlegend verändern könnten. Mittlerweile weiß niemand mehr, wo sich im Nahost-Konflikt die 'roten Linien' befinden. In Gaza-Krieg werden vordergründig Wohngebiete und Tunnel unter Beschuss genommen, tatsächlich aber wird mit neuen Drohnen oder Raketensystemen experimentiert. Die Frage, wie sich diese rasant entwickelten Technologien in das internationale Kriegsrecht einpassen, sollte rasch diskutiert werden", fordert NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Die italienische LA STAMPA macht zwei direkte Folgen der Angriffe aus: "Zum einen werden so die Kommunikationsmöglichkeiten und die Logistik der Hisbollah geschwächt. Zum anderen wirken die Attacken psychologisch abschreckend auf alle Ableger der Bewegung. Zufällig hatte sogar der iranische Botschafter im Libanon einen Pager der Hisbollah in seiner Tasche."
Die pan-arabische Zeitung AL QUDS erwartet nun eine gefährliche Eskalation zwischen Israel und dem Libanon: "Die Aktion fiel mit der Reise des US-Gesandten Amos Hochstein zusammen, der eine weitere Zuspitzung des Konflikts zwischen Israel und der Hisbollah verhindern sollte. Seit gestern nun kann man davon ausgehen, dass auch dieser Vermittlungsversuch scheitert. Das oberste Ziel des israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu ist offenbar weiterhin, sich seine politische und juristische Zukunft zu sichern", kritisiert die pan-arabische Zeitung AL QUDS, die in London erscheint.
Nach Brüssel: Dort erscheint DE STANDAARD und dort sitzt auch die EU-Kommission, deren neues Spitzenpersonal seit gestern bekannt ist. Die Zeitung ist enttäuscht über den Posten für die belgische Kandidatin: "Als Kommissarin für Krisenmanagement wird Belgiens amtierende Außenministerin Hadja Lahib zu Waldbränden und Hungersnöten reisen. Die Kommissare aus Frankreich, Italien und Spanien aber können die Grundzüge einer neuen Industriepolitik bestimmen. Der Litauer Andrius Kubilius übernimmt das Verteidigungsressort und die Estin Kaja Kallas bekommt den Posten als Außenbeauftragte. Luxemburg, bekanntlich nicht eben ein Agrarriese, bekommt das wichtige Landwirtschaftsressort - und für das Klima ist ausgerechnet der Niederländer Wopke Hoekstra zuständig, obwohl seine Regierung weder für Europa schwärmt noch irgendwelche nennenswerten Klima-Ambitionen verfolgt", zählt DE STANDAARD aus Belgien auf.
"Für Russland ist die Entscheidung bemerkenswert, dass die Estin Kaja Kallas die künftige Chefin der europäischen Diplomatie werden soll", befindet NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau: "Kallas gilt aufgrund ihrer Aussagen als eindeutige Unterstützerin der Ukraine. Diese Personalie deutet darauf hin, dass die Europäische Union zumindest in absehbarer Zeit nicht mit einem Ende der Konfrontation mit Russland rechnet."
Die Zeitung EL PAIS aus Madrid freut sich über die Ernennung der Spanierin Teresa Ribera zur Wettbewerbs-Kommissarin, bemerkt aber auch: "Die Zusammensetzung der neuen EU-Kommission ist die am weitesten rechts stehende in der Geschichte dieser Institution. Die Ernennung erfolgt vor dem Hintergrund eines Rechtsrucks der Wählerschaft in mehreren EU-Ländern. Dieses Szenario hat die Kommissionspräsidentin dazu veranlasst, sich auf Aspekte wie Wachstum und Produktivität zu konzentrieren und soziale Fragen beiseitezulassen. Von der Leyen musste einen Spagat machen. Auch deshalb wird es einige europaskeptische Kommissare geben, wie den Italiener Rafaelle Fitto, oder sogar europafeindliche wie den Ungarn Oliver Varhelyi", analysiert EL PAIS aus Madrid.
"Von der Leyen ist gezwungen, der extremen Rechten Zugeständnisse zu machen", stellt auch GULF TODAY aus den Vereinigten Arabischen Emiraten fest, erkennt aber auch eigene Akzente der Kommissionspräsidentin: "Im Gegensatz zu den rechtsextremen Parteien, die alle den Klimawandel leugnen, setzt sich von der Leyen stark für eine nachhaltige, grüne Agenda ein. Von der Leyen ist eine lautstarke Verteidigerin der europäischen Werte, aber trotzdem offen für Verhandlungen mit allen. Sie ist eine pragmatische Konservative - und das ist es, was Europa heute dringend braucht", meint die Zeitung GULF TODAY aus Sharjah.
Die schwedische Zeitung DAGENS NYHETER erkennt in von der Leyen vor allem eine "eiskalte Machtpolitikerin": "Es hat schon fast etwas von einer guten Fernsehserie, wie sie zuletzt den Rückzug des selbstbewussten Binnenmarktkommissars Thierry Breton aus Frankreich erzwang. Der hatte im März noch auf Twitter durchblicken lassen, dass er sich den Posten an der Spitze der EU-Kommission auch selbst vorstellen könnte. Keine Führungskraft der Welt kann sich so illoyale Mitarbeiter leisten. Nun hat Stéphane Séjourné für Frankreich das Industrie-Ressort bekommen. Vor allem aber hat sich von der Leyen durchgesetzt", konstatiert DAGENS NYHETER aus Stockholm.
Zum Schluss noch ein Blick nach Deutschland, wo das Rennen um die Kanzlerkandidatur bei der Union entschieden ist: CDU-Chef Merz hat sich gegen Bayerns Ministerpräsidenten Söder von der CSU durchgesetzt. Die österreichische Zeitung DER STANDARD ist erleichtert: "Endlich ist die Katze aus dem Sack. Fände jetzt die Wahl statt, hätte Merz gute Chancen, Scholz als Kanzler abzulösen. In Umfragen ist die Union doppelt so stark wie die SPD. Doch bis zur Wahl in einem Jahr kann viel passieren. Merz muss auch erst seine Rolle zwischen Oppositionschef und Staatsmann finden, ebenso eine thematische Linie für den Wahlkampf. Söder merkte man an, dass ihm das Zurückstecken nicht leichtfällt. Ganz sicher kann man nicht sein, ob der Bayer seinen Job tatsächlich verinnerlicht hat. Der heißt: einfach mal den Mund halten und sich wirklich hinter Merz stellen", unterstreicht DER STANDARD aus Wien.
Der TAGES-ANZEIGER aus der Schweiz hält Merz zwar für einen energischen Redner und gewieften politischen Strategen, nennt aber auch einige Mängel: "So fehlt es ihm trotz seines Alters an jeglicher Regierungserfahrung. Nicht einmal Bürgermeister oder Landrat im heimischen Sauerland war er. Merz neigt unter Druck zu Unbeherrschtheit und verbalen Ausfällen. In vielem - Habitus, Ideen, Ansprache - ist er ein Politiker vom Ende des letzten Jahrhunderts geblieben. Und er soll Deutschland jetzt in die Zukunft führen?", wundert sich der TAGES-ANZEIGER aus Zürich.
Dort erscheint auch die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG, die in ihrem täglichen Newsletter warnt: "Sollte Merz die Wahl am Ende gewinnen, bleibt die Frage, mit wem er das kriselnde Land regieren will. Eine Koalition mit der AfD hat er so vehement ausgeschlossen, dass er diese Meinung nicht ohne Gesichtsverlust ändern könnte. Die FDP, mit der es sicher am besten passen würde, kann froh sein, wenn sie die Wahl überlebt. Bleiben SPD oder Grüne oder, wer weiss, das Bündnis Sahra Wagenknecht. Bürgerliche Politik und soziale Marktwirtschaft werden es, so oder so, auch im Herbst 2025 schwer haben in Deutschland". Mit dieser Erwartung aus der Schweizer NZZ endet die Presseschau.