
Dazu schreibt die schwedische Zeitung DAGENS NYHETER: "Auf der Welt gibt es so viele Kriege und Konflikte wie lange nicht mehr. Vor diesem Hintergrund wäre es für das Nobelkomitee in diesem Jahr durchaus möglich gewesen, den Friedenspreis unter Verweis auf die Weltlage wieder einmal nicht zu vergeben. Stattdessen beschloss das norwegische Komitee jedoch, einen anderen Fokus auf Kriege und Konflikte zu legen, indem es die japanische Abrüstungsorganisation Nihon Hidankyo auszeichnete. Die Graswurzelbewegung wurde von einem Überlebenden der Atombombenabwürfe 1945 gegründet. Nihon Hidankyo hat durch Zeitzeugenberichte gezeigt, dass es nie wieder zum Einsatz von Atombomben kommen darf. Die Auszeichnung ist eine gute Gelegenheit, den Blick gleichermaßen nach vorne wie zurück zu richten und die Schrecken der Vergangenheit mit denen von heute zu verbinden", meint DAGENS NYHETER aus Stockholm.
Der TAGES-ANZEIGER aus Zürich in der Schweiz notiert: "Das Risiko einer atomaren Eskalation des Ukraine-Kriegs besteht. Man kann darüber debattieren, wie groß es ist, wie ernst man es nehmen muss. Aber man kann dieses Risiko nicht einfach leugnen. Insofern ist die Verleihung des Friedensnobelpreises an die japanische Organisation Nihon Hidankyo eine politisch und zeitlich passende Wahl."
"Der Friedensnobelpreis wurde so treffend vergeben wie selten zuvor", titelt die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA und führt aus: "Nihon Hidankyo ist keine Organisation von Männern in Anzügen und Krawatten und Damen in Kostümen, von internationalen Beamten, die langweilige Erklärungen abgeben, die keinen der Mächtigen verletzen könnten. Nihon Hidankyo ist eine Basisbewegung derjenigen, die die Explosion amerikanischer Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki im Jahr 1945 überlebten. Durch die Darstellung ihrer eigenen Erfahrungen sagen die japanischen Zeugen der Welt: Atomwaffen sollten nie wieder eingesetzt werden. Ihnen ist es unter anderem zu verdanken, dass wir noch immer an diesem 'Nuklear-Tabu' festhalten. Die Zeugen sind friedlich, kämpfen aber hart in der Sache. Sie sind sehr alt und werden bald verschwinden, aber ihre Botschaft wird in Japan an die nächsten Generationen weitergegeben. Und nicht nur dort", ist sich die Warschauer RZECZPOSPOLITA sicher.
Die norwegische Zeitung VERDENS GANG ist folgender Meinung: "Nihon Hidankyo setzt sich bereits seit 1956 für eine atomwaffenfreie Welt ein. Ab jetzt kennen sie alle und das ist das wichtigste Ziel der Auszeichnung in diesem Jahr. Indem die Organisation so auf die Weltbühne gehoben wird, kann sie ihre lebenswichtige Botschaft global verbreiten: nie wieder Hiroshima und Nagasaki. Das ist umso wichtiger, weil es heute so viele bewaffnete Konflikte auf der Welt gibt wie seit 1945 nicht mehr. Der diesjährige Friedenspreis ist eine klare Warnung vor jeder Normalisierung der atomaren Drohung wie zuletzt durch Russland oder vor fünf Jahren durch Indien und Pakistan. Atomare Aufrüstung, die Verbreitung von Atomwaffen sowie die Drohung, sie zum Einsatz zu bringen, sind moralisch inakzeptabel", unterstreicht VERDENS GANG aus Oslo.
Die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN merkt an: "In Europa und im Nahen Osten gibt es derzeit Kriege, die das Potenzial haben, sich zu einer atomaren Auseinandersetzung auszuweiten. Auch in Ostasien rüsten China und Nordkorea ihre Atomwaffen auf. Das Risiko ihres Einsatzes ist so hoch wie noch nie. Die Auszeichnung für die Organisation Nihon Hidankyo mit dem Friedensnobelpreis ist eine Mahnglocke, die das Vergabekomitee angesichts dieser Lage läutet. Sie ist für jeden von uns eine Gelegenheit, nachzuvollziehen, was tatsächlich unter den Atom-Pilzwolken von Hiroshima und Nagasaki geschah. Die Botschaft des Nobelkomitees sollten wir alle teilen", lautet der Appell von ASAHI SHIMBUN aus Tokio.
Themenwechsel. "Es ist nicht klar, ob Selenskyjs Mini-Tour durch Europa so vorgesehen war oder ob es sich dabei nicht eher um einen Ersatz für den seit Langem geplanten Ukraine-Gipfel in Ramstein handelte", heißt es in der britischen Zeitung THE INDEPENDENT: "Dass dieses Treffen verschoben und inzwischen vermutlich ganz vom Tisch ist, nachdem US-Präsident Biden seine Teilnahme abgesagt hatte, zeigt einmal mehr, wie wichtig die USA für jede Entscheidung in der Ukraine-Politik sind. Die offizielle Begründung lautete, dass der Präsident wegen des Hurrikans 'Milton' in Washington sein müsse, um im Falle einer größeren Katastrophe unmittelbar reagieren zu können. Der sogenannte Siegesplan des ukrainischen Präsidenten wurde mit der Absage jedenfalls für unbestimmte Zeit auf Eis gelegt. Dass Biden vor der Präsidentenwahl noch eine bedeutende Entscheidung in Bezug auf die Ukraine trifft, ist schwer vorstellbar. Zumal ein scheidender Präsident üblicherweise nichts unternimmt, was seinem Nachfolger während der Übergangsphase die Hände binden würde. Das bedeutet, dass alle bis Mitte Januar warten müssen", befürchtet THE INDEPENDENT aus London.
Die aserbaidschanische Zeitung MÜSAVAT erläutert: "Berichten zufolge werden intensive Schritte unternommen, um den Krieg in der Ukraine zu beenden. Einige westliche politische Kreise sollen hinter den Kulissen bereits Kontakte zu Russland geknüpft haben. Für einen Frieden drängt der Kreml offenbar darauf, dass der Westen Forderungen akzeptiert, die mit den Interessen Russlands übereinstimmen. Bis vor kurzem beharrte Moskau darauf, dass alle besetzten ukrainischen Gebiete, einschließlich der Krim und des Donbass, unter russischer Kontrolle bleiben. Gleichzeitig bleibt Russland bei seiner klaren Ablehnung einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine. Lediglich einer EU-Mitgliedschaft will der Kreml zustimmen, wenn im Gegenzug die westlichen Sanktionen aufgehoben werden. Einige EU-Länder haben sich bereits positiv zu dieser Forderung geäußert. Der Westen insgesamt ist jedoch noch nicht bereit, die Sanktionen aufzuheben. Das erschwert die Aufnahme von Friedensgesprächen", analysiert MÜSAVAT aus Baku.
Nun zur Lage im Nahen Osten. Die niederländische Zeitung TROUW aus Amsterdam bemerkt: "Der israelische Premier Netanjahu hat nie einen Zweifel daran gelassen: Israel wird tun, was es für notwendig hält - egal was der Rest der Welt darüber denkt. Und alles, was seinen Zielen im Wege zu stehen scheint, muss weichen. Dazu gehören unter anderem mehr als eine Million Libanesen, die aus dem Süden geflohen sind, nachdem Israel mit einer Reihe von Luftangriffen und einer Bodenoffensive versucht hat, die Hisbollah zurückzudrängen. Oder auch ganze Wohnblocks mitten in Beirut, die zum Ziel von Bombardierungen werden."
Die libanesische Zeitung AN NAHAR aus Beirut wirft ein: "Viele Libanesen sehen den Krieg zwischen Israel und der Hisbollah als Chance für eine echte Reform ihres Staates. Sie befürworten nicht nur die vollständige Umsetzung der UNO-Resolution 1.701, die auf einen Frieden mit Israel hinausläuft, sondern auch weitere Erklärungen, die eine Entwaffnung und Einhegung der Hisbollah vorsehen. Sie wissen aber auch, dass die Hisbollah Ausdruck einer sehr komplexen regionalen Realität ist, die ganz wesentlich vom Iran geschaffen wurde. Und dieser ist durchaus in der Lage, die Miliz erneut zu mobilisieren."
Die chinesische Zeitung HUANQIU SHIBAO fordert die internationale Gemeinschaft auf, sich mehr für eine Entspannung im Nahen Osten einzusetzen, denn "die Region steht kurz vor einem umfangreichen Krieg. Langsam schließt sich das Zeitfenster für eine Friedenslösung. Die Vereinten Nationen müssen mehr Verantwortung übernehmen. In der Palästina-Frage sollte die Zwei-Staaten-Lösung als Schlüssel angesehen werden, um aus der Gewaltspirale herauszukommen." Das war zum Ende der internationalen Presseschau HUANQIU SHIBAO aus Peking.