21. Dezember 2024
Die internationale Presseschau

Heute unter anderem mit Stimmen zur US-Haushaltskrise und zum EU-Gipfel. Doch zunächst geht es um den mutmaßlichen Anschlag in Sachsen-Anhalt.

Blick auf das Kapitol in Washington. Das Kapitol ist der Sitz des US-Kongresses (Parlament) mit seinen beiden Kammern. Das Repräsentantenhaus ist im Südflügel (im Bild re.) untergebracht, der Senat im Nordflügel.
In den USA ist ein Stillstand der Regierung, der sogenannte Shutdown, abgewendet worden - das ist ein Thema in den Kommentaren (Archivbild). (picture alliance / Jürgen Schwenkenbecher)
Die norwegische Zeitung VERDENS GANG führt aus: "Ein Auto rast auf einem Weihnachtsmarkt in Magdeburg in eine Menschenmenge, und laut Landesregierung wird ein Anschlag vermutet. Mit anderen Worten: Es war eine absichtlich verübte Tat, die vollkommen willkürlich unschuldige Opfer gefordert hat. Und das an einem Ort, der eigentlich von Freude und Erwartung geprägt sein sollte. Nach dem Schock kommt die Trauer. Wir haben das schon früher erlebt und es ist schlimm, dass wir es wieder erleben müssen. Vor acht Jahren starben in Berlin 13 Menschen, als ein Lastwagen in einen Weihnachtsmarkt raste. Damals war der Täter ein Anhänger des IS, während wir über die Motive des Magdeburger Täters noch nicht genug wissen. Deshalb sollten wir auch keine übereilten Schlussfolgerungen ziehen, aber das Bedrohungsbild wirkt bekannt. Es ist beunruhigend, dass die Zahl der Terroranschläge im vergangenen Jahr in Europa wieder gestiegen ist. Es ist positiv, dass mehrere Anschläge rechtzeitig vereitelt wurden, aber eben leider nicht alle", vermerkt VERDENS GANG aus Oslo.
In den USA ist ein Übergangshaushalt beschlossen und somit ein Stillstand des Verwaltungs- und Regierungsapparats abgewendet worden. Die dänische Zeitung POLITIKEN bemerkt mit Blick auf den künftigen Präsidenten: "Für Trump gibt es 38 Gründe, sich zu ärgern. Es haben nämlich 38 Republikaner im Repräsentantenhaus gemeinsam mit den Demokraten gegen seinen Vorschlag gestimmt, der einen sogenannten Shutdown bewirkt hätte. Es dürfte Trumps Zorn auch kaum mildern, dass diese 38 Nein-Sager keineswegs zu den wenigen moderateren republikanischen Politikern gehören. Ganz im Gegenteil, es waren besonders konservative Abgeordnete, die sich Trumps Wunsch entgegenstellten. Eigentlich hatte Mike Johnson, der Sprecher des Repräsentantenhauses, mit Mühe einen Kompromissvorschlag zusammengeschustert, der eine Mehrheit hätte finden können. Aber seine ganze politische Arbeit war vergeblich, denn Elon Musk lief auf seiner Plattform X Amok gegen Johnsons Vorschlag. Also musste Johnson einen Vorschlag formulieren, der auf Trumps Zustimmung stieß, aber der ist nun gescheitert. Die Demokraten empfinden Schadenfreude über Johnsons Schwierigkeiten und rühren keinen Finger, um ihm zu helfen. Die Sabotage durch Trump und Musk hat für Verwirrung gesorgt, aber zu viele von Trumps Anhängern wünschen genau ein solches Chaos: Das System soll erschüttert, der vermeintliche Sumpf in Washington trocken gelegt werden", analysiert POLITIKEN aus Kopenhagen.
Die Zeitung USA TODAY stellt fest: "Regierungsstillstände oder zumindest die Androhung solcher Stillstände kommen und gehen. Sie sind in der Regel ein Symptom für die Spaltung der Parteien - ein Zeichen dafür, dass Demokraten und Republikaner zwar die Macht haben, sie aber nicht gemeinsam ausüben können. Der jetzige Fall ist anders: Das ist nur das Chaos von Trump, der nach Aufmerksamkeit giert, ohne an die Konsequenzen zu denken."
Die chinesische Staatszeitung JIEFANG RIBAO glaubt, die Gefahr eines "Shutdowns" in den USA sei inzwischen... "...ein neuer Ausdruck des Machtkampfs zwischen den Regierungs- und Oppositionsparteien geworden. Der designierte Präsident übt Druck aus und droht mit personellen Konsequenzen. Und der Noch-Präsident Biden lässt weder von sich hören noch sehen. Demokraten und Republikaner geben sich gegenseitig die Schuld für diese missliche Lage. Immerhin hat man ja bereits Erfahrungen aus Trumps erster Amtszeit. Jedenfalls sind das keine guten Aussichten für seine Rückkehr ins Weiße Haus", findet JIEFANG RIBAO aus Schanghai.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz vermutet, die jetzige Episode biete "einen Vorgeschmack für die Regierungsjahre von Donald Trump: provokante, medienwirksame Aktionen, die aus dem Bauch heraus und mit dem Social-Media-Daumen gezündet werden – mit wenig Rücksicht auf Kollateralschäden für Parteifreunde. Das Muster kennt man aus Trumps erster Amtszeit."
Die britische Zeitung THE INDEPENDENT beleuchtet das Verhältnis zwischen dem künftigen US-Präsidenten Trump und dem Unternehmer Elon Musk: "Wir wissen, dass Elon Musk bereits Einfluss ausübt und sich öffentlich weit über seinen ohnehin schon sehr umfangreichen künftigen Aufgabenbereich als Chef der Behörde für Regierungseffizienz - DOGE - hinaus äußert. Wir wissen auch, dass die Art und Weise, wie sich die Beziehung zwischen Musk und Trump entwickelt, entscheidend für den Erfolg der Regierung sein wird. Wir wissen allerdings nicht, ob diese Interessenübereinstimmung ausreicht für den Erfolg von DOGE und Musks künftige Interventionen - und ob die beiden planetengroßen Egos tatsächlich in Harmonie koexistieren können", schreibt THE INDEPENDENT aus London.
Die türkische Zeitung KARAR beobachtet, Trump bereite sich in seinem Haus in Florida auf seine zweite Amtszeit vor: "Selbst diejenigen, die Trumps Präsidentschaft vehement ablehnen, stehen eifrig auf der Gästeliste von Mar-a-Lago. Darunter finden sich die Chefs von Technologiegiganten, die seit Jahren das Ziel von Trumps Wut sind. Sie alle suchen nach einer Möglichkeit, mit Trump einen 'Neuanfang' zu machen. Darunter auch TikTok-Chef Shou Chew. Denn dem Videoportal droht ein Verbot in den USA. Amazon-Chef Jeff Bezos hat nicht nur eine Million Dollar gespendet, er will auch die Vereidigung am 20. Januar über Prime Live übertragen. Trump freut sich, dass diejenigen, die ihn einst kritisiert und sogar verunglimpft haben, nun Schlange stehen, um ihn zu treffen", unterstreicht KARAR aus Istanbul.
Thema in der spanischen Zeitung EL PERIODICO DE ARAGON ist der EU-Gipfel in Brüssel: "Das Gruppenfoto spiegelt wider, in was für einer schwierigen Lage sich die Union gerade befindet. Macron fehlte, weil er nach Mayotte aufgebrochen war, der scheidende Ratspräsident Charles Michel war aus persönlichen Gründen abwesend und Giorgia Meloni hatte sich eine Erkältung zugezogen. Stattdessen wurde die deutsch-französische Achse von Scholz vertreten, dessen Tage gezählt sind. Außerdem gab es ernste Gesichter, weil Viktor Orbán mit einem Veto gegen die Ukraine-Hilfen gedroht hatte, falls darüber vor dem Amtsantritt von Trump abgestimmt wird. Schließlich spiegelt die Zusammensetzung des Europäischen Rats die Richtung wider, die Europa eingeschlagen hat. Die meisten Vertreter stammen von konservativen oder sogar ultrarechten Regierungen und nur wenige aus dem liberalen oder sozialdemokratischen Lager. Das zeigt, vor welchen Problemen Kommissionschefin Ursula von der Leyen und der neue Ratspräsident, der portugiesische Sozialist Antóno Costa, stehen werden, wenn es um Fragen wie den Klimaschutz oder die Migrationspolitik geht" hebt EL PERIODICO DE ARAGO aus Zaragoza hervor.
Die österreichische Zeitung DER STANDARD bewertet den neuen EU-Ratspräsidenten Costa: "Sein Vorgänger, der Belgier Charles Michel, ließ die Dinge gerne treiben. Der Neue hat jahrzehntelange Regierungserfahrung und offenbar mehr Fähigkeiten, seine verhaltensauffälligen 27 Regierungschefs in Vielfalt zusammenzuhalten. Einzige Ausnahme: Viktor Orbán. Der Ungar produzierte sich auf offener Bühne wieder einmal als eitler Besserwisser und Quertreiber. Wichtiger ist aber, dass das EU-'Staatsoberhaupt' Costa erkennbar gut mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kann. Er stimmt sich mit ihr ab und konkurriert nicht eitel wie Michel. Sie hat starke Exekutivmacht. Die beiden brauchen einander. Im Trio mit der neuen EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas könnte daraus erstmals ein kompaktes, glaubhaftes außen- und sicherheitspolitisches Team werden. Der Europäischen Union und ihren Mitgliedsstaaten wäre das zu wünschen. Die Welt ist Ende 2024 ein gefährlicher Ort. Da schadet es nicht, wenn an der Spitze Leute stehen, die im Team zusammen führen, statt zu spalten und zu streiten." So beurteilt DER STANDARD aus Wien die Lage an der Spize der EU. Und mit diesem Kommentar endet die Internationale Presseschau