
Die spanische Zeitung LA VANGUARDIA aus Barcelona bilanziert: "Die ersten Schritte der Annäherung zwischen den USA und Russland in Riad zeigen, wie ein Treffen zwischen Trump und Putin ablaufen könnte. Moskau will seine territorialen Gewinne im Donbass und auf der Krim besiegeln und einen NATO-Beitritt der Ukraine verhindern, damit das Nachbarland weiterhin in der Einflusssphäre des Kremls verbleibt. Die USA wiederum suchen nach Chancen für ihre Unternehmen und wollen die Lücke füllen, den der Rückzug westlicher Firmen aus der Ukraine vor drei Jahren hinterlassen hat. Trump und Putin könnten in Saudi-Arabien ein Abkommen mit dramatischen Folgen für die Ukraine und Europa schließen, während China und Israel aus der Entfernung die Vorteile abschätzen, die ihnen diese neue Weltordnung bietet. Wir erleben gerade einen vollständigen Wandel der jahrzehntelang gültigen diplomatischen Spielregeln", urteilt LA VANGUARDIA. (Anmerkung der Red.: Leider wurde in der Audiofassung fälschlicherweise die Zeitung EL MUNDO aus Madrid genannt)
Die dänische Zeitung JYLLANDS-POSTEN meint: "Unabhängig vom Ergebnis der Gespräche in Saudi-Arabien ist es bereits ein gewaltiger Sieg für den Kreml, dass dieses Treffen überhaupt stattgefunden hat. Drei Jahre westlicher Versuche zur diplomatischen Isolation Russlands sind kollabiert, und gleichzeitig hat Washington auf demütigende Weise die Ukraine und Europa vor die Tür gesetzt. Dabei hat Russland ebenfalls genug Schwächen an den Tag gelegt. Nach drei Jahren mit großen Verlusten wurde nicht eine einzige Regionalhauptstadt in der Ukraine eingenommen, und international bezahlt Russland nach wie vor einen hohen Preis für Putins Hasard-Politik, wie zuletzt beim Sturz von Assad in Syrien deutlich wurde. Der Kreml weiß, wie man den Spielverderber gibt, hat aber kein positives Programm anzubieten", notiert JYLLANDS-POSTEN aus Århus.
Die türkische Zeitung DÜNYA aus Istanbul findet: "Frieden ist immer das Beste, unter allen Umständen, unter allen Bedingungen. Niemand will sich gegen Friedensbemühungen stellen. Aber es ist wichtig, dass das Land, in dem über Frieden gesprochen wird, auch am Tisch sitzt. Ist das genug? Es reicht nicht. Es kommt darauf an, was für eine Zukunft das Land nach dem Frieden haben wird. Das ist der Hauptgrund für die 'Angst'. Die Ukraine ist eine absolute Partei in diesem Frieden. Aber eine ineffiziente. Ohne westliche Unterstützung ist es für die Ukraine unmöglich, sich Russland entgegenzustellen", argumentiert DÜNYA.
Die österreichische Zeitung DIE PRESSE analysiert die Strategie des US-Präsidenten: "Donald Trump betrachtet Außenpolitik aus der Perspektive eines Internet-Trolls, der zwar aus dem Hobbykeller gekrochen ist, um der analogen Welt seine Großartigkeit zu beweisen, der aber trotz aller erhaltenen Anerkennung nicht damit aufhören kann, seine Mitmenschen zu triezen. Die Erfahrung lehrt, dass Trump seine Gegenüber so lang als Opfer behandelt, solang sie sich nicht wehren. Dass die Ukraine wehrhaft ist, steht außer Frage – ihr Präsident hat bereits angekündigt, ein Abkommen ohne ukrainische Teilhabe sei nicht hinnehmbar. Gleiches sollte für die EU gelten. Mit wem Trumps Team auch redet, die Antwort sollte stets gleich sein: Europa wird keine fremden Rechnungen begleichen. Wie immer im Zusammenhang mit Trump gilt auch hier: Ruhe bewahren und abwarten, was passiert", empfielt DIE PRESSE aus Wien.
In der japanischen Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio spricht ein Politikwissenschaftler in einem Gastkommentar von einer sogenannten Madman-Theorie, mit der die US-Regierung unter Donald Trump vorgehe: "Bei einem Gegner wie Wladimir Putin wird sie allerdings unglaublich schnell zu einem Angsthasen. Russland unter Putin weiß diese Schwäche der USA auszunutzen. Trump, dessen Wahlversprechen eine Einigung über Frieden am ersten Tag seines Amtseintritts war, hat mittlerweile verstanden, dass sich Konflikte eben nicht so schnell lösen lassen."
Die britische Zeitung FINANCIAL TIMES aus London fragt: "Sind die USA noch ein Verbündeter? Sind sie sogar zu einem Gegner geworden? Dass sich die Europäer diese Fragen stellen, zeigt, wie radikal Donald Trump und seine neue Regierung die Bedingungen für die transatlantischen Sicherheitsbeziehungen umgeschrieben haben. Es war immer klar, dass die USA die Europäer irgendwann zwingen würden, einen größeren Teil der Last ihrer eigenen Sicherheit zu übernehmen. Die Frage war nur, ob diese Veränderung einvernehmlich und geordnet oder chaotisch und auf gefährliche Weise erfolgen würde", folgert die FINANCIAL TIMES.
Die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA aus Warschau glaubt mit Blick auf den ukrainischen Präsidenten: "Kein Staatsoberhaupt der Welt würde heute wohl gern in der Haut von Wolodymyr Selenskyj stecken. Über seinen Kopf hinweg führen die Mächtigen Gespräche über die Zukunft seines ohnehin zerrissenen Heimatlandes. Gleichzeitig versuchen sie, ihn zu zwingen, auf Knien wichtige Dokumente für die Zukunft des Landes zu unterzeichnen, um so ihre Macht zu demonstrieren und ihn zu demütigen. Selenskyj ist sich völlig darüber im Klaren, dass nach drei Jahren Krieg angesichts der gegenwärtigen geopolitischen Lage letztlich jede der Optionen, zwischen denen er wählen muss, eine schlechte sein wird. Selenskyj ist gezwungen, eine Wahl zu treffen", ist sich die RZECZPOSPOLITA sicher.
Die in Taipeh erscheinende Zeitung ZHONGGUO SHIBAO vermutet, für Taiwan stelle sich nun die Frage, ob Trump "demnächst auch bilaterale Gespräche mit Xi Jinping ohne die Beteiligung des Landes führen wird, und um was es dabei gehen könnte. Bei uns und auch bei anderen Verbündeten der USA im pazifischen Raum sollten spätestens jetzt auf jeden Fall die Alarmglocken schrillen. Der Kauf amerikanischer Waffensysteme reicht alleine nicht aus. Wir müssen bereit sein, mehr Verantwortung für die regionale Sicherheit und die eigene Verteidigung zu übernehmen. Taiwan muss zudem die multilaterale Zusammenarbeit verstärken, um zu verhindern, dass es im globalen Machtpoker an den Rand gedrängt wird", mahnt ZHONGGUO SHIBAO.
Themenwechsel. Die norwegische Zeitung AFTENPOSTEN aus Oslo geht ein auf die bevorstehende Bundestagwahl und bemerkt zum Unions-Kanzlerkandidaten: "Merz hat das Thema Migration in den Mittelpunkt seines Wahlkampfs gestellt und die sogenannte Brandmauer zur AfD eingerissen. Aber als Taktiker ist er gescheitert. Die AfD steht in den Umfragen weiterhin gut da, während der Union allenfalls ein mittelmäßiges Ergebnis vorausgesagt wird. Es ist, als nähmen die Wähler Merz nicht allzu ernst. In den neunziger Jahren unterlag er in der Auseinandersetzung mit Angela Merkel, und erst 2021 gelangte er an die Spitze der CDU. Auch seine Nominierung zum Kanzlerkandidaten im letzten Herbst war alles andere als selbstverständlich, denn es waren auch andere Persönlichkeiten im Spiel. Wie kann ein solcher Kandidat gewinnen? Ein Grund ist, dass seine Konkurrenten ebenfalls schwach sind, und die Deutschen wollen in erster Linie einen Wechsel nach Scholz. Damit bleibt Merz als einzige reelle Alternative," schreibt AFTENPOSTEN.
Die israelische Zeitung HAARETZ aus Tel Aviv verweist auf Demonstrationen in Deutschland gegen die AfD: "Diese Massenkundgebungen sind zwar wichtig, lösen aber nicht allein dasdas Problem. Es liegt in der Verantwortung eines jeden demokratischenParlamentariers, die AfD vollständig zu isolieren, die politische 'Mauer' zu stärken - und niemals auf ihre rassistische Rhetorik und ausgrenzende Politik einzugehen. Aber was noch wichtiger ist: Es ist an der Zeit, dass das deutsche Verfassungsgericht über ein Verbot der AfD entscheidt. Die Partei wird aus der Wahl am 23. Februar weiter gestärkt hervorgehen. Und 80 Jahre nach der Niederlage des Nationalsozialismus sollte dies nicht nur in Deutschland Grund zur Sorge sein, sondern weltweit." Das war zum Ende der internationalen Presseschau ein Auszug aus der HAARETZ.