23. April 2025
Die internationale Presseschau

Neben den heutigen Gesprächen in London über eine Beendigung des russischen Angriffskriegs in der Ukraine geht es unter anderem um die Lage im Nahen Osten. Zunächst jedoch weitere Stimmen zum Tod von Papst Franziskus.

Kardinal Camerlengo Kevin Joseph Farrell verteilt Weihrauch um den Leichnam von Papst Franziskus im Petersdom, wo dieser drei Tage lang aufgebahrt sein wird.
Weiterhin kommentieren viele ausländische Zeitungen den Tod von Papst Franziskus. (Andrew Medichini/AP Pool/dpa)
Die brasilianische Zeitung O GLOBO aus Rio de Janeiro blickt zurück: "Der argentinische Kardinal Jorge Mario Bergoglio wurde 2013 zum Papst gewählt. Damals erwog er die Möglichkeit, den Namen Johannes XXIV anzunehmen, und das wäre das Signal gewesen, dass er die Kirche ebenso aufrütteln wollte wie Johannes XXIII. Bergoglio wurde Franziskus und kein Johannes XXIV, und er rüttelte die Kirche auch nicht auf - wenngleich er tat, was er konnte. In seinen zwölf Jahren als Papst ernannte er 108 der 135 wahlberechtigten Kardinäle für das nächste Konklave. Wenn der nächste Papst nun tatsächlich den Namen Johannes XXIV annimmt, wird er ein symbolträchtiges Erbe übernehmen, das ihm Franziskus hinterlässt. Aber dann wird er drei Themen angehen müssen, die sich aus dem Zweiten Vatikanischen Konzil ergeben, und das sind die Empfängnisverhütung, der Zölibat und die Macht der Bischöfe", erwartet O GLOBO.
Die polnische Zeitung GAZETA WYBORCZA analysiert: "Franziskus war nicht naiv. Er sagte offen, dass die Reform der Kirche ein Vorhaben sei, als würde man die ägyptische Sphinx mit einer Zahnbürste reinigen wollen. Er wusste, dass er auf Widerstand stoßen würde. Aber er ahnte wahrscheinlich nicht, wie nah ihm dieser Widerstand sein würde – in den Palästen der Bischöfe, in den Beichtstühlen des Schweigens, im Lächeln der Loyalisten, die jede Spur einer Veränderung blockierten. Er war kein Revolutionär, obwohl er den Dämon der Macht aus dem Vatikan vertreiben wollte", meint GAZETA WYBORCZA aus Warschau.
Die französische Zeitung LES DERNIÈRES NOUVELLES D'ALSACE hält fest: "Franziskus war, ebenso wie Johannes Paul II., ein Papst, der sich voll und ganz in seiner Zeit engagierte. Beide hatten ein Wort, das weit über die Gemeinschaft der Katholiken hinaus trug. Hier liegt eine der Herausforderungen bei der Wahl des neuen Papstes, die in weniger als drei Wochen beginnen soll. Werden wir noch einen Papst haben, der die Schwachen verteidigt und dem anderen wohlwollend gegenübersteht? Es liegt in den Händen von 135 Kardinälen", notiert DNA aus Straßburg.
Die südafrikanische Zeitung THE MERCURY aus Durban ist sich sicher: "Das Vermächtnis des Papstes wird in Afrika stark spürbar sein. Denn er spiegelte mit seiner Botschaft gegen Imperialismus, Kolonialismus und die Ausbeutung der Armen durch die Reichen die Sorgen der Menschen auf dem Kontinent wider. Papst Franziskus wurde eine Stimme für Afrika. Als er 2015 nach Kenia kam, entschied er sich, die Slums von Nairobi zu besuchen. Er forderte die afrikanischen Regierungen auf, den Armen und allen Bürgern den Zugang zu Land, Unterkunft und Arbeit zu garantieren. In gewissem Sinne verkörperte Papst Franziskus die Botschaft der Entkolonialisierung", findet THE MERCURY.
Die italienische Zeitung LA STAMPA aus Turin glaubt, die Aufgabe des neuen Papstes werde es sein, ... "...Lösungen zu finden für drängende Fragen und angekündigte Veränderungen, die durch die Reaktionen der 'anderen' Kirche gestoppt wurden. Werden Frauen früher oder später die Messe lesen dürfen? Soll die Segnung von Homosexuellen fortgesetzt werden? Werden verheiratete Priester im Haus des Herrn akzeptiert? Antworten, die Zeit und einen Waffenstillstand zwischen den Streitparteien brauchen. Eine solche Aufgabe erfordert Erfahrung und Wissen über das komplexe System der Kirche," unterstreicht LA STAMPA.
Themenwechsel. Die chinesische Zeitung XINJINGBAO, ein Presseorgan der Kommunistischen Partei, beschäftigt sich mit dem Konflikt zwischen US-Präsident Trump und der Notenbank Federal Reserve: "Den erneuten massiven Kurseinbruch an den Aktienbörsen versucht Trump der Notenbank in die Schuhe zu schieben, deren Chef Jerome Powell sich aber bislang davon unbeeindruckt zeigt. Zudem sind Zweifel daran angebracht, ob man mit der vom US-Präsidenten so vehement eingeforderten Zinssenkung die Märkte überhaupt noch beruhigen könnte. So haben institutionelle Großanleger als Reaktion auf Trumps Zollpolitik bereits einen strategischen Wechsel hin zu Staatsanleihen in Europa, Japan und einigen Schwellenländern eingeleitet. Hinzu kommt, dass Länder wie Japan im Gegensatz zu früheren Handelskonflikten mit Washington diesmal nicht geneigt scheinen, gegenüber dem mächtigen Bündnispartner einzuknicken", schreibt XINJINGBAO aus Peking.
Die japanische Zeitung MAINICHI SHIMBUN aus Tokio hebt hervor: "Die Unabhängigkeit einer Notenbank ist deshalb so wichtig, weil eine politische Einmischung zu einer Inflation oder zu einem Wertverlust der Währung führen könnte. Trump ist alleine verantwortlich für die derzeitige Situation. Seine Zollpolitik, die die Weltwirtschaft sowie die Finanzmärkte erschüttert, sollte er schnellstmöglich zurücknehmen."
Die lettische Zeitung NEATKARĪGĀ RĪTA AVĪZE geht ein auf die heutigen Gespräche über den Ukraine-Krieg in London, bei denen die westlichen Verbündeten jedoch weniger hochrangig vertreten sind als erwartet: "Es handelt sich dabei um eine Fortsetzung der Verhandlungen in Paris, nach denen US-Außenminister Rubio damit drohte, den ganzen Prozess zu beenden, wenn es nicht bald einen Durchbruch gebe. Unter anderem geht es um die NATO-Ambitionen der Ukraine und um die Zukunft der von Russland besetzten Gebiete. Würde die Annexion der Krim international anerkannt, würde das allerdings ein Ende des Prinzips der Unverletzlichkeit von Grenzen bedeuten, und das könnte eine ganze Welle der Grenzverschiebungen auf der ganzen Welt auslösen - mit allen Folgen, die sich daraus ergeben würden. Es ist also nur schwer vorstellbar, dass die Ukraine und die Europäer zu einem solchen Schritt bereit sind", schätzt NEATKARĪGĀ RĪTA AVĪZE aus Riga.
Der Schweizer TAGES-ANZEIGER aus Zürich vermutet: "Putin möchte die Bemühungen von Donald Trump um einen Frieden möglichst in die Länge ziehen. Von der eigenen Position abzurücken, kommt für ihn aber nicht infrage. Gleichzeitig weiß jeder, dass die Geduld des amerikanischen Präsidenten endlich ist. Womöglich schließt sich gerade ein Fenster, den Krieg in der Ukraine zu für Moskau günstigen Bedingungen zu beenden."
Nun noch Stimmen zum Nahost-Konflikt. Die dänische Zeitung KRISTELIGT DAGBLAD aus Kopenhagen stellt fest: "Wieder ist ein Versuch für einen Frieden in Gaza ins Wanken geraten. Ägypten und Katar sind noch immer damit beschäftigt, ein Abkommen zu formulieren, aber leider gibt es nur wenig Aussichten auf einen Erfolg. Zuletzt erklärte Netanjahu, er wolle den Krieg erst nach einer Zerschlagung der Hamas und der Freilassung aller israelischen Geiseln beenden. Gleichzeitig hat die Hamas auf der anderen Seite einen arabischen Vorschlag zurückgewiesen, die Geiseln zu übergeben und die Kämpfe einzustellen, um ein Ende des Kriegs zu erreichen. Dänemark und der Westen haben Israel verteidigt, als es angegriffen wurde, aber das Ziel war nie eine dauerhafte militärische Besetzung. Längerfristig ist es entscheidend, dass es in Gaza eine Führung geben wird, die das fundamentale Existenzrecht Israels anerkennt und keine Terrorangriffe durchführt", mahnt KRISTELIGT DAGBLAD.
Die palästinensische Zeitung AL HAYAT AL-JADIDA bemerkt zu Gerüchten, wonach die militant-islamistische Hamas bereit sei, ihre Regierungsgeschäfte im Gazastreifen abzugeben: "Die Vorschläge dürften auf eine ganze Reihe von Faktoren zurückgehen - etwa die täglichen Demonstrationen im Gazastreifen, auf denen der Rücktritt der Hamas gefordert wird. Zudem lässt sich nicht ausschließen, dass das Regime in Teheran seine regionalen Stellvertreter, darunter die Hamas, im Zuge der laufenden Verhandlungen mit den USA und Israel absehbar aufgeben wird. Es ist durchaus möglich, dass es in den nächsten Tagen oder Wochen zu einem zumindest vorübergehenden Waffenstillstand kommt", spekuliert AL HAYAT AL-JADIDA aus Ramallah.