
Zunächst geht es aber um die Entscheidung des Verfassungsschutzes, die AfD bundesweit als rechtsextremistisch einzustufen. Der CORRIERE DELLA SERA aus Mailand bemerkt: "Dass die Partei allen Grund bietet, als extremistisch bewertet zu werden, ist unbestritten. Die Radikalisierung wurde von ihren führenden Politikern, angefangen bei Alice Weidel, in vollem Bewusstsein gezielt betrieben. Aber weder ein Geheimdienstbericht noch ihre Marginalisierung im Bundestag werden die AfD besiegen. Ohne konkrete Antworten der neuen Regierungskoalition auf die Sorgen und Ängste der Bürger, vor allem auf die illegale Einwanderung, wird es schwierig sein, den Zulauf für die AfD zu stoppen", meint der italienische CORRIERE DELLA SERA.
Der TAGES-ANZEIGER aus Zürich notiert zur Debatte über ein Parteiverbot: "Viele AfD-Wähler sind selbst keine Rechtsextremisten; sie trauen es den anderen Parteien nur nicht mehr zu, ihre Probleme zu lösen. Die Vorstellung, diese Menschen würden brav wieder CDU oder SPD wählen, sobald die AfD verboten wäre, ist abstrus."
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio sieht ein Verbotsverfahren ebenfalls kritisch: "Dieses könnte beispielsweise von den USA als antidemokratische politische Einmischung kritisiert werden. Ohnehin ist die bisherige Migrationspolitik sowie die Sicherheitslage in Deutschland mitverantwortlich dafür, dass negative Gefühle der Bevölkerung gegenüber Migranten zugenommen haben."
Die türkische Onlinezeitung T24 vermerkt: "Der Aufstieg der extremen Rechten in Deutschland ist nicht zu leugnen. Das ist nicht nur eine politische Entwicklung, sondern auch eine ernsthafte Bedrohung für die deutsche Verfassungsordnung. Die Politik der AfD gegenüber türkeistämmigen Bürgern geht über eine gewöhnliche Anti-Einwanderungs-Stimmung hinaus. Es handelt sich um eine geplante und systematische Strategie der Ausgrenzung und Abschiebung von Millionen Menschen mit Migrationshintergrund", notiert T24 aus Istanbul.
LA VANGUARDIA aus Barcelona hebt hervor: "Die AfD sieht sich in einer Opferrolle und bezeichnet die gegen sie gerichteten Maßnahmen als Angriff auf die Demokratie. Dies ist ein Dilemma in ganz Europa: In Frankreich wurde Marine Le Pen von einer Teilnahme an den Präsidentschaftswahlen 2027 ausgeschlossen, und in Rumänien müssen jetzt wegen des ultrarechten Kandidaten Georgescu die Präsidentschaftswahlen wiederholt werden. Jeder Staat muss diese Herausforderung auf seine Weise angehen, und niemand hat eine magische Formel. Aber es darf keine Willkür bei der Anwendung der Gesetze geben", mahnt LA VANGUARDIA.
Bei den Kommunalwahlen in Großbritannien hat die rechtspopulistische Partei von Nigel Farage große Erfolge erzielt. Der britische DAILY TELEGRAPH hält fest: "Die Wahlen waren für die konservativen Tories katastrophal. Während Farages Partei Reform UK bei den nationalen Stimmenanteilen auf den ersten Platz vorrückte, wurden die Tories auf den vierten Platz verdrängt und lagen nur wenige Punkte vor den Grünen. Aber auch für Labour sind die Ergebnisse ein herber Schlag. Premier Starmer dürfte nun schmerzlich bewusst sein, dass sein Wahlsieg im letzten Jahr eher eine Absage an die Konservativen als eine Bestätigung seiner Politik war. Angesichts seiner sinkenden persönlichen Popularität, der internationalen Turbulenzen und der knappen Haushaltsmittel dürfte es schwierig werden, diese Situation wieder zu verbessern", erwartet der DAILY TELEGRAPH aus London.
Der australische SYDNEY MORNING HERALD bilanziert: "Der rechtspopulistische Politiker Farage, bekannt für seine Befürwortung des Brexits, und seine Partei haben ein politisches Erdbeben ausgelöst. Dies ist nicht nur eine Protestbewegung; es ist ein politischer Aufstand, angetrieben von Frustration und angeführt von einer Person, die weiß, wie man sie als Waffe einsetzt."
Farage sei ein "vollendeter Opportunist", kommentiert der GUARDIAN aus London: "Da er spürt, dass er seine Fangemeinde auf der rechten Seite ausgeschöpft hat, taucht er nun fröhlich in die Politik der Linken ein und setzt sich etwa für Verstaatlichung von Unternehmen ein. Er ist eben alles, was Sie wollen. Und jetzt scheint es, als sei seine Zeit gekommen. Die Gefahr für Farage besteht allerdings darin, dass mit dem Erfolg auch Verpflichtungen einhergehen. Die Erwartung, Ergebnisse zu liefern. Ein Problem, mit dem er noch nie konfrontiert war", unterstreicht der britische GUARDIAN.
Heute ist der internationale Tag der Pressefreiheit. Diese sei weltweit zunehmend bedroht, schreibt die Zeitung IRISH INDEPENDENT aus Dublin: "Im vergangenen Jahr wurden mehr Journalisten getötet als in jedem anderen Jahr seit Beginn der Datenerfassung. Mindestens 124 Journalisten und Medienschaffende sind ums Leben gekommen, fast zwei Drittel davon waren Palästinenser, die von Israel getötet wurden. Diese Todesfälle müssen weiterhin im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen, damit die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden."
ARAB NEWS aus Saudi-Arabien würdigt die Arbeit von palästinensischen Reportern: "Für sie ist der heutige Tag der Pressefreiheit eine düstere Erinnerung an die außergewöhnlichen Opfer und die großen Gefahren, denen sie allein aufgrund ihrer Tätigkeit ausgesetzt sind. Im Gazastreifen und im Westjordanland werden Reporter angegriffen – nicht nur von israelischen Streitkräften, sondern auch von ihrer eigenen Führung und von bewaffneten Gruppen."
DER STANDARD aus Wien blickt auf die Situation in den USA: "Journalisten sind für Präsident Trump Feinde. Im Land der Freiheit wird gerade alles bekämpft und gecancelt, was ihm nicht gefällt. Für viele Rechtsextreme und Rechtspopulisten rund um den Globus ist das ein Bauplan. Es geht um die systematische Delegitimierung von Medien. Und darum, dass es für alle Angesprochenen wesentlich angenehmer ist, von eigenen Social-Media-Mitarbeitern befragt zu werden als von kritischen Journalisten. Um das Scheinbild irgendwie zu erzeugen, muss Verwirrung darüber herrschen, was echter Journalismus überhaupt ist." Wir zitierten den STANDARD.
Estland landet im neuen Pressefreiheitsindex der Organisation "Reporter ohne Grenzen" hinter Norwegen erstmals auf Rang 2. Die estnische Zeitung POSTIMEES aus Tallinn zeigt sich erfreut: "Der Aufstieg Estlands im Ranking ist ein bemerkenswerter Erfolg für unsere junge Demokratie. Es sei daran erinnert, dass unzählige Organisationen unsere Presse- und Meinungsfreiheit kritisch unter die Lupe genommen haben, und gerade vor unserem EU-Beitritt gab es viele Zweifler. Inzwischen sind wir es, die einigen anderen Mitgliedsstaaten eine Lektion erteilen könnten."
Die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong landet im Ranking nur auf Rang 135. Die dort erscheinende Zeitung TAKUNGPAO beschwert sich: "Die Einschätzungen von 'Reporter ohne Grenzen' sind voller Vorurteile. Die Pressefreiheit ist eine der zentralen Werte in Hongkong und steht bis heute unter rechtlichem Schutz. Auch kritische Stimmen gegenüber der Regierung haben nach wie vor ihren Platz", behauptet TAKUNGPAO.
In der Zeitung EL TIEMPO, die in Bogotá erscheint, ist zu lesen: "Kolumbien kommt in der Liste gerade einmal auf Platz 115 von 180 und ist noch immer eines der gefährlichsten Länder unseres Kontinents für Journalisten. Wer über Themen wie Umwelt, bewaffnete Konflikte und Korruption berichtet, geht enorme Risiken ein. Wenn immer mehr Länder dem Autoritarismus verfallen, muss der Journalismus seine Anstrengungen verdoppeln und wahrheitsgetreu und unvoreingenommen über die Ereignisse in der Gesellschaft berichten. Doch ebenso wichtig ist, dass allen Bürgern und dem Staat eines klar ist: Ohne freie und geschützte Presse bleibt die Demokratie nur graue Theorie“, Mit dieser Stimme aus der kolumbianischen Zeitung EL TIEMPO endet die internationale Presseschau.