
Die estnische Zeitung POSTIMEES aus Tallinn betont: "Der 8. Mai ist das richtige Datum dafür, nicht der 9. Mai, an dem wir der Besatzungszeit gedenken - auch wenn Russland noch immer hartnäckig daran festhält. Der Unterschied erklärt sich durch die unterschiedlichen Zeitzonen: Als die bedingungslose Kapitulation Deutschlands in Kraft trat, hatte in Moskau schon ein neuer Tag begonnen. Die Teilnehmer des Ersten Weltkriegs hatten keine ausreichenden Lehren aus dem erlebten Schrecken gezogen, aber der Horror des Zweiten Weltkriegs war so enorm, dass den westlichen Staaten ein besserer Neustart gelang. Zu den größten Errungenschaften gehörte der Marshall-Plan zum Wiederaufbau Europas - jawohl, ganz Europas, denn die Hilfe wurde auch Ost-Europa angeboten, jedoch von Stalin zurückgewiesen. Der Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg bescherte Westeuropa und Japan einen Wirtschaftsboom, und die Demokratie verbreitete sich auf der Welt", hält POSTIMEES fest.
Die spanische Zeitung EL PERIODICO DE ARAGON stellt fest: "Vieles hat sich seit 1945 verändert, als die USA einen wesentlichen Beitrag zur Niederlage des Nationalsozialismus leisteten, das transatlantische Bündnis auf den Weg brachten und den Marshall-Plan ins Leben riefen. Durch die Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus haben sich die Beziehungen rapide verändert, und die von Putin ausgehende Bedrohung und das Erstarken der extremen Rechten in mehreren Ländern sorgen für ein Klima der Unsicherheit. Es bestehen reale Gefahren für die globale Stabilität im Allgemeinen und für die Zukunft Europas im Besonderen, wie besonders der Krieg in der Ukraine zeigt", mahnt EL PERIODICO DE ARAGON aus Zaragoza.
Die britische Zeitung THE TIMES findet: "Trotz der anhaltenden gewaltsamen Konflikte im Ausland ist es wichtig festzuhalten, dass sich die damaligen Hoffnungen auf eine bessere Welt weitgehend erfüllt haben. Auch wenn die Sehnsucht nach vergangenen Zeiten in Mode sein mag, ist das Leben in Großbritannien im Jahr 2025 – gemessen an allen Indikatoren wie Gesundheit, Wohlstand, Wissen, Toleranz oder persönlicher Freiheit – unermesslich besser als 1945. Die Soldaten und Soldatinnen haben die freie Welt vor einer brutalen Tyrannei bewahrt. Weder die Opfer der Gefallenen noch der Optimismus der Überlebenden waren umsonst." Das war THE TIMES aus London.
Thema in der schwedischen Zeitung SYDSVENSKAN ist der Antrittsbesuch von Bundeskanzler Merz bei Frankreichs Präsident Macron in Paris: "Die beiden Staatsführer haben gute Voraussetzungen für eine positive Zusammenarbeit: Sie teilen eine liberale Sicht auf die EU und auf Freihandel - im Unterschied zu den USA und ihrem Handelskrieg. Es gebe hier mehr Konsumenten als in Amerika, und Europa habe etwas zu bieten, betonte Merz und erklärte, man richte eine Botschaft der Einigkeit an die USA. Aber das ist leichter gesagt als getan. Merz braucht eine besser geeinte politische Mitte als sein Vorgänger Olaf Scholz, wenn sein Plan gelingen soll. Schließlich macht die Regierung dort weiter, wo die vorige aufgehört hat: mit Zugeständnissen an die politischen Ränder. Kontrollen an den europäischen Binnengrenzen stehen im Widerspruch zur EU-Gesetzgebung, und trotzdem wurden sie ‚vorübergehend‘ eingeführt und am Mittwoch weiter verstärkt - und das, obwohl sie den Handel mit wichtigen Exportmärkten behindern und logistische Probleme verursachen", unterstreicht SYDSVENSKAN aus Malmö.
Im Anschluss hat der deutsche Regierungschef Polens Ministerpräsident Tusk getroffen. Die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA aus Warschau fragt: "Was bringt die Wahl von Merz? Aus Macrons Umfeld ist zu hören, dass es sich um eine Rückkehr zur 'deutsch-französischen Methode' handele, die auch Polen in das Weimarer Dreieck einbeziehen würde: Tusk und Macron wollen am Freitag in Nancy einen neuen Vertrag mit weitreichenden bilateralen Sicherheitsgarantien unterzeichnen. In einem neu belebten Weimarer Dreieck könnte man eine Konstellation schaffen, in der drei Länder - auch wenn sie zunächst unterschiedlicher Meinung sind - über alle für die Europäische Union wichtigen Fragen verhandeln, bis sie zu einer gemeinsamen Position gelangen. Diese Vorgehensweise ermöglichte bahnbrechende Veränderungen in der Gemeinschaft, wie etwa die Einführung des Euro", notiert die RZECZPOSPOLITA.
Mit Blick auf den verschärften migrationspolitischen Kurs Deutschlands mit mehr Zurückweisungen an den Grenzen glaubt der Schweizer TAGES-ANZEIGER aus Zürich: "Sicher ist in jedem Fall, dass Merz, der Europa ausdrücklich stärken will, im Moment keinen Ärger mit den Nachbarn gebrauchen kann. Schon gar nicht mit Polen, das mitten in einem heiklen Wahlkampf steckt, in dem Streit mit Deutschland nur die antieuropäische Opposition stärkt."
Nun geht es um den Konflikt zwischen Indien und Pakistan. Die chinesische Staatszeitung JIEFANG RIBAO führt aus: "Indiens militärischer Schlag gegen Pakistan als Antwort auf den Anschlag auf 26 indische Touristen im April im indischen Teil Kaschmirs ist zwar erwartet worden, die weltweiten Sorgen um die Eskalation der Kämpfe sind allerdings begründet. Schließlich handelt es sich um zwei Atommächte. Die indische Armee hat in der Tat über die eigene Grenze hinweg mit Raketen Ziele in Pakistan angegriffen. Dabei soll es Neu-Delhi ausschließlich um 'terroristische Infrastruktur' gegangen sein. Nun kommt es auf die Gegenreaktionen Pakistans sein. Wie hart Islamabad zurückschlägt, beeinflusst die Entwicklung weiteren Kämpfe", schätzt JIEFANG RIBA aus Schanghai.
Die türkische Zeitung CUMHURIYET geht der Frage nach, welche Ziele der indische Premierminister verfolgen könnte: "Modi praktiziert einen 'Hindu-Dschihadismus'. Indien durchläuft einen gravierenden Prozess, für Muslime, Minderheiten und im Kastensystem niedrig Stehende ist die Flucht in kommunistisch regierte Bundesstaaten die Lösung. Modis riskanter 'begrenzter Krieg' gegen Pakistan unter dem Vorwand von Terroranschlägen ist eine Fortsetzung dieser Innenpolitik. Er will Bushs Irak-Politik und Netanjahus Palästina-Politik auf Pakistan übertragen", vermutet CUMHURIYET aus Istanbul.
Die US-amerikanische Zeitung THE WASHINTGON POST verlangt, es müsse die Diplomatie fortgesetzt werden: "Vor allem sollten Delhi und Islamabad daran arbeiten, militärische Kommunikationskanäle wiederherzustellen. Ein atomares Spiel mit dem Feuer ist in jedem Kontext haarsträubend - noch schlimmer wird es, wenn beide Seiten nicht miteinander kommunizieren."
Die österreichische Zeitung DIE PRESSE aus Wien gibt zu bedenken: "Indien und Pakistan haben es zuletzt immer wieder geschafft, ihre militärischen Auseinandersetzungen auf verhältnismäßig kleiner Flamme auszutragen und eine komplette Eskalation zu vermeiden. Dabei hatten sie auch immer wieder die Hilfe externer Vermittler wie den USA und China."
Die japanische Zeitung MAINICHI SHIMBUN aus Tokio meint, es sei besorgniserregend, dass es bislang... "...keinen Vermittler gibt. Japan pflegt seit langem gute Beziehungen sowohl zu Indien als auch zu Pakistan. Die Regierung in Tokio sollte nun eine Initiative ergreifen, um zusammen mit europäischen Regierungen und der Führung in Peking den Konflikt zu entschärfen."
Die arabischsprachige Zeitung AL QUDS AL-ARABY mit Sitz in London analyisert, die Grenzen von Pakistan und Indien... "...gehen auf das Erbe des britischen Kolonialismus zurück. Darüber sind sie heute zu einem der größten Hindernisse für Frieden und Stabilität im asiatischen Raum geworden. Die Konflikte um sie bedrohen nicht nur die nationale Sicherheit Indiens und Pakistans, sondern wirken sich auch auf die Sicherheitsarchitektur Chinas aus. Somit droht dort gerade eine große geopolitische Konfrontation zwischen drei Atommächten." Und mit diesem Auszug aus AL QUDS AL-ARABY endet die internationale Presseschau.