09. Mai 2025
Die internationale Presseschau

Zentrales Thema auf den Meinungsseiten im Ausland ist der neue Papst, daneben geht es um das Gedenken an den Sieg über Nazi-Deutschland in Moskau und um den Kaschmir-Konflikt.

Der neu gewählte Papst, Leo XIV, steht auf dem Balkon des Petersdoms im Vatikan am 8. Mai 2025. Seine Hände sind gefaltet und er hat ein Lächeln auf den Lippen - Er scheint sichtlich glücklich über sein neues Amt.
Leo XIV. ist der neue Pontifex, das wird auch international viel kommentiert. (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Andrew Medichini)
Doch zunächst in den Vatikan, wo Kardinal Prevost gestern zum neuen Pontifex gewählt worden ist. EL PERFIL aus Peru freut sich über die Entscheidung: "Leo XIV. wurde zwar in den Vereinigten Staaten geboren, aber seine Arbeit als Missionar und später als Bischof in Peru haben ihn zu einem lokal verwurzelten Geistlichen mit einer umfassenden Vision werden lassen. Seine Erfahrung und seine Nähe zu den Menschen machen ihn zu einem Seelsorger, der in der Lage ist, die Kirche inmitten tiefgreifender Veränderungen zu führen. Die Wahl des Konklave erinnert daran, dass Kirche keine Grenzen kennt und dass der Glaube von den ländlichen Gemeinden in Peru bis zum Vatikan eine Brücke sein kann, die Kulturen, Völker und Generationen miteinander verbindet", heißt es in EL PERFIL aus Lima.
Die italienische Zeitung LA STAMPA ergänzt: "Sichtlich bewegt kam Leo XIV. in seiner Ansprache vom Balkon des Petersdoms direkt zum Kern des Problems, das die Welt plagt: die Notwendigkeit des Friedens. Mehr Kontinuität zu seinem Vorgänger Franziskus hätte es nicht geben können. Natürlich ist es alles andere als sicher, dass ihm die Machthaber, die in der Ukraine, in Gaza, im Sudan und jetzt in Kaschmir Krieg führen, mehr Beachtung schenken als sie es bei Papst Franziskus taten. Aber ein Amerikaner, der vom Vatikan aus vom Frieden spricht und sich der Welt öffnet, ohne auf die Nationen zu schauen, macht einen großen Unterschied zu dem anderen Amerikaner im Weißen Haus", notiert LA STAMPA aus Turin.
LIANHE BAO aus Taiwan stellt fest: "Der neue Pontifex sieht sich mit einer Welt voller Nationalismus, Hass, Gewalt, Krisen und Kriegen konfrontiert. Soll und kann er diese Welt retten? Immerhin könnte er einen Beitrag dazu leisten. Mit Diplomatie, Pragmatismus und dem Fokus auf die Armen und Unterdrückten könnte er die Mächtigen unserer Zeit dazu bewegen, Kriege und Wirtschaftskrisen zu beenden und die Folgen des Klimawandels für die Menschen abzumildern", glaubt LIANHE BAO aus Taipeh.
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN ist überzeugt: "Einer der wichtigsten Gründe für die überraschende Entscheidung für den gebürtigen US-Amerikaner ist wohl, dass er lange in Peru gearbeitet hat. In Nord- und Südamerika lebt fast die Hälfte der Katholiken weltweit, und Prevost ist jemand, der diese beiden Kontinente verbinden kann. Seine Wahl zeigt, wie viel Macht der Schwellenländer inzwischen im Vatikan ausüben. Auch der Einfluss aus Asien und Afrika, wo derzeit die Zahl der Katholiken steigt, wird in Zukunft noch zunehmen, während in Europa viele Katholiken aus der Kirche austreten", prognostiziert NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG wagt einen Ausblick auf die anstehenden Herausforderungen für den neuen Papst: "Er hat sich den Namen Leo XIV. gegeben und knüpft damit an profilierte, reformorientierte Päpste vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert an. Was er auch tut, eine seiner schwierigsten Aufgaben wird es sein, mit den Erwartungen umzugehen, die an ihn gestellt werden. Progressive Katholiken in Europa und Amerika wünschen sich, dass er die Reformen seines Vorgängers umsetzt: die Zulassung verheirateter Männer zur Priesterweihe, die Weihe von Frauen als Diakoninnen, wenn nicht sogar als Priesterinnen, mehr Kompetenzen für die Bischöfe und mehr Mitbestimmungsrecht für die Laien", hält die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz fest.
Die britische FINANCIAL TIMES ergänzt die Aufgabenliste: "Papst Leo XIV. wird sich den prekären Finanzen des Vatikans widmen und auf Forderungen eingehen müssen, Kinder besser vor sexuellem Missbrauch durch Priester zu schützen. Darüber hinaus wird er die Kirche auch durch die geopolitischen Turbulenzen steuern müssen, die von seinem Heimatland unter Präsident Donald Trump ausgehen. Die Kardinäle haben sich für ein Oberhaupt entschieden, das zwar ideologisch eher mit der relativ progressiven Weltsicht seines Vorgängers Franziskus übereinstimmt, aber dem US-Präsidenten die Stirn bieten könnte", meint die FINANCIAL TIMES aus London.
Auch die Auseinandersetzung mit US-Vizepräsident Vance hat der neue Pontifex als Kardinal nicht gescheut, erinnert die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA: "Vance, der 2019 zum Katholizismus konvertierte, hatte im Januar in einem Interview argumentiert, man solle sich zuerst um die eigene Familie, die eigene Gemeinschaft und die eigene Nation kümmern, bevor man sich um andere kümmere. Prevost wies diese Auffassung auf der Plattform X zurück, mit den Worten: 'Jesus erwartet nicht von uns, dass wir unsere Liebe zu anderen hierarchisieren.' Der neue Papst weiß besser als jeder andere, dass die Zukunft der Kirche in hohem Maße vom Ausgang des Konflikts mit Trump abhängt. In Amerika leben die meisten Katholiken der Welt, doch nirgendwo sonst wenden sich auch so viele von ihnen vom römisch-katholischen Glauben ab und wandern zu den evangelikalen Kirchen ab, deren Anhänger massenhaft für Donald Trump gestimmt haben", vermerkt RZECZPOSPOLITA aus Warschau, und soviel zu diesem Thema.
Russland erinnert heute mit einer Militärparade an den Sieg der damaligen Sowjetunion über das nationalsozialistische Deutschland, die schwedische Zeitung DAGENS NYHETER kommentiert die Veranstaltung: "Vor zwei Jahren beschuldigte Putin am 9. Mai den Westen, Konflikte zu provozieren und Russland als Staat vernichten zu wollen. Darüber hinaus verglich er die demokratisch gewählte Regierung in der Ukraine mit Nationalsozialisten. Es ist natürlich vollkommen absurd, das Gedenken an den Kampf gegen die Nazis als Begründung für den Überfall auf die Ukraine zu missbrauchen. Die russische Rhetorik ist faktenmäßig falsch, moralisch abstoßend und zutiefst kränkend für die Millionen Opfer des Nationalsozialismus und die Menschen, die mutig dagegen angekämpft haben. Kriegsrhetorik prägt einen Tag, an dem es eigentlich um den Frieden gehen sollte", moniert DAGENS NYHETER aus Stockholm.
Die norwegische Zeitung DAGBLADET blickt auf Putins Gästeliste: "Chinas Präsident Xi ist der prominenteste Gast, Brasiliens Präsident da Silva ist Putins Feder am Hut. Indiens Premier Narendra Modi hätte das Juwel in der Krone werden sollen, aber er ist zu Hause geblieben: Er will Xi als den Freund Pakistans nicht in Moskau treffen. Aus der EU kommt nur der slowakische Premier Robert Fico, und sogar Viktor Orbán bleibt der Feier fern - 1:0 für die EU. Belarus, Venezuela und Kuba sind vertreten. Mit wenigen Ausnahmen feiern nur waschechte Autokraten mit Putin. Der sogenannte Tag der Befreiung wird dann als Anlass dafür dienen, gemeinsam den Unilateralismus der USA zu verurteilen - auch wenn Putin aufpassen muss, seinen neuen Freund im Weißen Haus nicht zu beleidigen. Sein Narrativ ist, dass die Sowjetunion allein den Nationalsozialismus besiegt hat und dass Russland heute für die Werte eintritt, die der Westen aufgegeben hat", bemerkt DAGBLADET aus Oslo.
Zum Schluss befasst sich die lettische Zeitung DIENA mit dem Konflikt zwischen Indien und Pakistan: "Trotz Kriegsrhetorik, Schusswechseln und sogar Angriffen aus der Luft deuten hohe Amtsträger sowohl aus Indien als auch aus Pakistan an, dass der aktuelle Konflikt beigelegt werden soll. Auch die meisten Experten sind der Meinung, dass die Ereignisse wohl ungefähr diesem Drehbuch folgen dürften. Sie verweisen zum einen auf die bisherige Entwicklung des Konflikts zwischen den beiden asiatischen Großmächten und zum anderen darauf, dass keine der Seiten bereit für eine umfassende militärische Konfrontation ist. Aber selbst wenn sich beide zum Sieger der jüngsten Auseinandersetzung erklären, sind sie einer Lösung keinen Schritt nähergekommen - ob nun in der Kaschmir-Frage oder dem Konflikt zwischen Hindus und Moslems. Jede künftige Krise zwischen Indien und Pakistan steigert damit das Risiko, dass es irgendwann doch zu einem umfassenden Krieg kommt", warnt DIENA aus Riga.