10. Mai 2025
Die internationale Presseschau

Kommentiert wird die Militärparade in Moskau, mit der Russland an den Sieg über Nazi-Deutschland vor 80 Jahren erinnert. Insbesondere geht es um die Teilnahme hochrangiger ausländischer Politiker an der Feier. Weitere Themen sind die erste Predigt des neuen Papstes Leo XIV. und das Handelsabkommen zwischen Großbritannien und den USA.

Soldaten stehen in Formation auf dem Roten Platz in Moskau.
Militärparade auf dem Roten Platz in Moskau zum 80. Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland. (IMAGO / SNA / IMAGO / Alexander Vilf)
Doch zunächst nach Moskau. Die japanische Zeitung YOMIURI SHIMBUN übt Kritik an dem Treffen zwischen dem russischen Präsidenten Putin und dem chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jingping: "80 Jahre nach Kriegsende wird immer deutlicher, dass Russland und China die Weltordnung, die die USA, Europa und Japan nach dem Zweiten Weltkrieg aufgebaut haben, zu zerstören versuchen. Das gemeinsame Statement und die Teilnahme von Xi und Putin an der Feier zur Parade des russischen Militärs, bei der auch die chinesischen Soldaten marschierten, zeigen: China unterstützt de facto die Barbarei Russlands, das die Erweiterung seines Territoriums und den Sturz der ukrainischen Regierung anstrebt. China und Russland wollen den Einfluss der Supermacht USA vermindern und die Situation für sich ausnutzen. US-Präsident Trump sollte diese Realität anerkennen", appelliert YOMIURI SHIMBUN aus Tokio.
Die regierungsnahe chinesische Zeitung HUANQIU SHIBAO ist voll des Lobes: "Der Besuch von Präsident Xi in Moskau ist bedeutungsvoll auch über die Grenzen der beiden Länder hinaus. Beide bekräftigten, ihre strategische Partnerschaft zu vertiefen. Auch was die globale politische Stabilität und die Aufrechterhaltung des Völkerrechts anbelangt wollen beide Seiten enger zusammenarbeiten. Anders als Washington, zeigen sich China und Russland damit als verantwortungsvolle Weltmächte. Die USA bewegen sich derzeit in eine Richtung, die nicht mit den Grundprinzipien der Weltgemeinschaft im Einklang steht. Vor 80 Jahren ging der Krieg nicht nur militärisch zu Ende. Es besiegelte auch den Sieg des Guten über die Böse", betont HUANQIU SHIBAO aus Peking.
Die Parade sei eine Propaganda-Veranstaltung der russischen Staatsführung, notiert die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA. "Der Kult um den Sieg vom 9. Mai hat es dem Kreml jahrelang ermöglicht, die wahre Geschichte seiner Herrschaft zu verschleiern. 80 Jahre nach dem Krieg ist das durchschnittliche Gehalt der damals besiegten Deutschen mehr als viermal höher als das der Russen. Mehrere Millionen Bürger der von Putin geschaffenen 'Großmacht' kämpfen heute mit extremer Armut – und träumen von deutschen Einkommen. Putins Russland verkauft der Welt keine Computer oder Autos, sondern denkt darüber nach, wie es sein Öl und Gas an die Chinesen oder Inder weitergeben kann. Es spielt keine Rolle, dass das Reich aus Sperrholz besteht und der König nackt ist", hebt die Warschauer RZECZPOSPOLITA hervor.
Die türkische Zeitung CUMHURIYET konstatiert eine Verschiebung der Machtzentren: "In einer gemeinsamen Erklärung verurteilten Xi und Putin das US-Raketenabwehrsystem 'Golden Dome'. Sie warnten die USA, ihre Verbündeten sowie die NATO. Die Botschaften sind klar. Unter den Bedingungen einer schwindenden Hegemonie der USA und der Erosion ihrer globalen Führungsrolle verändert sich die Weltordnung. US-Präsident Trump beginnt langsam zu begreifen, dass er die Beziehungen zwischen China und Russland nicht mehr beeinflussen kann", unterstreicht CUMHURIYET aus Istanbul.
Die brasilianische Zeitung FOLHA DE SÃO PAULO kritisiert mit scharfen Worten die Teilnahme des brasilianischen Präsidenten Lula da Silva an der Gedenkfeier in Moskau: "Es ist kein Zeichen von Pragmatismus, sondern ein diplomatischer Fehlgriff, wenn ein Präsident zum Bankett mit Autokraten in ein Land fährt, das einen Nachbarstaat überfallen und einen Krieg mit tausenden Toten ausgelöst hat. Seine Reise nach Moskau hat das Ansehen Brasiliens beschädigt, weil dadurch die Vorstellung verbreitet wird, wir seien parteiisch zugunsten Russlands. Es gehört zu den Fehlern des Antiimperialismus und Antiamerikanismus, sich stattdessen vor dem Zaren eines Landes zu verbeugen, dessen einzige wahre Stärke sein Atomwaffenarsenal ist", findet FOLHA DE SÃO PAULO.
Es gebe keinen politischen Zusammenhang zwischen der Befreiung im Jahr 1945 und heute, ist in der tschechischen Zeitung PRAVO zu lesen: "Es ist nicht unverständlich, dass die Sowjetunion 1945 Tschechiens Verbündeter war, während die Russische Föderation, ihr Rechtsnachfolger, heute unser Feind ist. Umgekehrt ist Deutschland, einst ein Feind, heute unser Verbündeter. Wer diese einfache Tatsache nicht begreift und mit dem Verweis auf 1945 die Notwendigkeit unserer festen Haltung gegenüber Russland und unserer Bindung an die Europäische Union in Frage stellt, erweist uns einen Bärendienst", betont PRAVO aus Prag.
Die schwedische Zeitung EXPRESSEN widmet sich der Verteidigungsfähigkeit in der Europäischen Union: "Wenn wir am Sinn des europäischen Engagements für die Ukraine zweifeln, verlieren wir den Mut. Das gilt auch, wenn wir unsere militärischen Kapazitäten mit denen der USA vergleichen, ohne den größeren Zusammenhang zu sehen. Wir übersehen, dass die Europäer das Meiste haben, was sie im Fall eines russischen Angriffs für ihre Verteidigung brauchen. Was Europa vor allem fehlt, sind die Koordination und ein guter Plan." Soweit EXPRESSEN aus Stockholm und soviel zu diesem Thema.
Die französische Zeitung LE FIGARO kommentiert die erste Predigt, die Papst Leo gestern in der Sixtinischen Kapelle hielt: "In einer sehr spirituellen, aber auch politischen Predigt äußerte Leo XIV. den Wunsch, dass seine Person zugunsten seiner Mission zurücktreten solle. Es bestehe ein dringender Bedarf, das Evangelium freudig und mutig zu verkünden, auch auf die Gefahr hin, sich lächerlich zu machen, verachtet oder verfolgt zu werden. Der Mangel an Glauben an Christus, so stellte er ruhig fest, führe oft zu Dramen wie dem Verlust des Lebenssinns, dem Vergessen der Barmherzigkeit, der Verletzung der Menschenwürde, Krisen in Familien und vielen anderen Verletzungen", erläutert der Pariser FIGARO.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG schreibt: "Es ist mit Spannung zu erwarten, wie lange dieser harmonische Ton zwischen Washington und dem Vatikan anhalten wird. Das dürfte vor allem auch davon abhängen, ob sich Leo wie sein Amtsvorgänger ähnlich pointiert und direkt in die Migrationsdebatte in den Vereinigten Staaten einmischt. Weil er ein Amerikaner ist, dürften seine Worte in den USA noch mehr Gewicht haben als jene von Franziskus", vermutet die Schweizer NZZ.
Hören Sie abschließend noch Kommentare zu dem Handelsabkommen zwischen Großbritannien und den USA. Alle Hoffnungen auf einen Wiedereintritt in die EU seien zunichte, das zeigten die positiven Reaktionen der Brexit-Befürworter, ist im Londoner INDEPENDENT zu lesen: "Es hat keinen Sinn, in der Vergangenheit zu schwelgen und zu glauben, die Tür zur EU stehe immer noch offen. Großbritannien und die Europäische Union sind weitergezogen und die anti-europäische Stimmung nimmt zu. Nicht nur hierzulande, sondern europaweit. Das zeigt sich am Aufstieg von Nigel Farage und der Partei Reform UK. Aber ein Handelsabkommen mit den USA wird nicht reichen. Was wir am dringendsten brauchen, ist eines mit der EU", mahnt der britische THE INDEPENDENT.
Der IRISH INDEPENDENT aus Dublin zieht Lehren für Irland aus dem Handelsabkommen zwischen Großbritannien und den USA: "Bei dem Abkommen ging es weniger um eine Übereinkunft als um Macht. Großbritannien wurde übergangen. Das ist sicherlich ein Weckruf für Irland, auch wenn unsere Zugehörigkeit zur EU einen gewissen Schutz bietet. Irlands Strategie war bislang, den Ball flach zu halten. Aber was in der Vergangenheit für uns funktioniert hat, könnte für die Zukunft nicht mehr gelten", warnt der IRISH INDEPENDENT.