
Dazu schreibt die lettische Zeitung NEATKARĪGĀ RĪTA AVĪZE: "Putins Rede war eine Antwort auf das Treffen der euroäischen Regierungschefs Macron, Starmer, Merz und Tusk in Kiew, wo sie mit Selenskyj zusammenkamen und einen expliziten Vorschlag machten: eine 30-tägige Waffenruhe ohne die vorherigen Bedingungen und einen unmittelbaren Beginn von Verhandlungen. Dem hielt Putin entgegen, dass ein Frieden nur zu seinen Bedingungen möglich sei: die Anerkennung der Annexion ukrainischer Gebiete und eine Entmilitarisierung der Ukraine. Hinzu kommt noch die Aufhebung aller westlichen Sanktionen. Es ist klar, dass weder die Ukraine noch der Westen diesen Forderungen nachkommen können, denn der Aggressor ist unersättlich und sein Appetit wächst beim Essen", warnt NEATKARĪGĀ RĪTA AVĪZE aus Riga.
Die tschechische Zeitung PRÁVO zeigt sich dagegen vorsichtig optimistisch: "Der Istanbul-Plan ist ein hoffnungsvoller Moment in den Bemühungen um ein Ende des Kriegs in der Ukraine. Inwieweit die Akteure einander vertrauen können, wird sich an der Einhaltung des Waffenstillstands zeigen. Wenn es nicht gelingt, das Feuer auch nur für die Zeit einzustellen, die für friedliche Verhandlungen erforderlich ist, dann ist der Frieden noch nicht reif. Die Lage ist äußerst vielversprechend, aber ebenso angespannt", meint PRÁVO aus Prag.
LE FIGARO aus Frankreich betont: "Die Lage ist nach wie vor sehr unbeständig, aber die Ereignisse des Wochenendes lassen mehrere Schlüsse zu. Erstens: Die Diplomatie kommt in Gang. Zweitens kehren die Europäer ins Spiel zurück, eingeladen durch das Scheitern von US-Präsident Trump und seinen Versuch, sich von der Ukraine abzuwenden. Schließlich ist die Kehrtwende der USA bemerkenswert, aber sie bleibt in diesem Stadium vor allem eine Taktik und stellt Trumps strategisches Ziel, sich mit Putin zu versöhnen, nicht in Frage", führt LE FIGARO aus Paris aus.
Die österreichische Zeitung DER STANDARD erklärt: "Der russische Präsident Putin konnte die von den Europäern und der Ukraine am Samstag vorgeschlagene Waffenruhe nur deshalb so kühl zurückweisen, weil er weiß, dass die USA im Zweifel lieber auf seiner Seite stehen als auf jener Europas. Und solange sich US-Präsident Trump weiter mit Lippenbekenntnissen abspeisen lässt, muss Russlands Kriegsherr nicht einmal so tun, als wäre er an einem Ende des Krieges interessiert. Washington bei Laune halten, die Europäer verhöhnen und in der Zwischenzeit die Ukraine in aller Ruhe Stück für Stück zerstören: Darum geht es Putin. Um dabei möglichst nicht gestört zu werden, tut er so, als wäre er ernsthaft an Gesprächen mit Kiew interessiert. Solange Trump nach Putins Pfeife tanzt, hat Europas Diplomatie keine Chance", so DER STANDARD aus Wien.
Die polnische RZECZPOSPOLITA hebt hervor: "Putin wird dem Westen mit Sicherheit keine Zugeständnisse machen – und er wird auch einem Waffenstillstand nicht zustimmen. Denn das widerspricht der Natur des von ihm aufgebauten Regimes, das bis zu seinem Sturz nach neuen Eroberungen streben wird. In naher Zukunft könnten wir Zeugen eines epochalen Zusammenstoßes werden – zwischen der freien Welt und den Liebhabern autoritärer Regime, die Putin unterstützen. Es ist nicht auszuschließen, dass daraus ein neues System in den internationalen Beziehungen entsteht, das die Kräfteverhältnisse für Jahrzehnte bestimmt", prognostiziert RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Themenwechsel: Die Zeitung HUANQIU SHIBAO aus China analysiert die Lage in der Konfliktregion Kaschmir nach der Waffenruhevereinbarung zwischen Indien und Pakistan: "Die Waffenruhe kam zwar etwas überraschend, deutet jedoch möglicherweise auf den Anfang des Konfliktendes hin. Als die stärkere Konfliktpartei hatte Indien bei den vergangenen Auseinandersetzungen um Kaschmir meistens die Oberhand. Pakistan hingegen war angesichts der wirtschaftlichen und innenpolitischen Probleme stets die Schwächere. Doch in der letzten Zeit zeigte sich Pakistan immer selbstbewusster. Auch militärisch konnte Pakistan mehr Erfolge für sich verbuchen. Dies zwingt den stärkeren Nachbarn Indien zu einer respektvollen Haltung. Die Waffenruhevereinbarung könnte als Folge davon gesehen werden", meint HUANQIU SHIBAO aus Peking.
Die britische Zeitung THE GUARDIAN blickt zurück: "Vor zwanzig Jahren führte eine Kombination aus indischem militärischem Erfolg und US-amerikanischem Druck zu einem wackeligen Frieden. Auch in dieser neuen Konfrontation scheint der Einfluss Washingtons entscheidend für die Deeskalation gewesen zu sein. Die Verluste durch die Angriffe waren glücklicherweise gering und der wirtschaftliche Schaden begrenzt. Letzteres hat bei der Entscheidung, die Feindseligkeiten einzustellen, möglicherweise am stärksten gewogen. Wie in früheren Konflikten sind die Führer sowohl in Indien als auch in Pakistan vom Abgrund zurückgetreten und haben gezeigt, was Trump am Samstag auf seine unnachahmliche Weise als 'gesunden Menschenverstand und große Intelligenz' bezeichnete. Alle wissen, wie viel sie zu verlieren haben", konstatiert THE GUARDIAN aus London.
THE STRAITS TIMES aus Singapur macht auf einen weiteren Aspekt aufmerksam: "Ganz normale Pakistaner und Inder begegnen sich immer weniger. Da dieser Begegnungsraum immer kleiner wird, wird es auch immer schwieriger, Gemeinsamkeiten zu finden - sei es in Bezug auf Sprache, Literatur oder Essen. Das Misstrauen könnte sich vertiefen, so dass es einfacher wird, ein ganzes Land und seine Bevölkerung zu dämonisieren, wenn ein Konflikt entsteht."
Die dänische Zeitung POLITIKEN führt aus: "Der Konflikt ist nicht nur ein Kräftemessen zwischen zwei regionalen Atommächten, sondern auch ein Schattenkrieg zwischen den großen Rivalen des 21. Jahrhunderts: China und den USA. China unterstützt Pakistan, die USA setzen auf Indien. China und die USA stehen hier eher gegeneinander statt gemeinsam hinter der Forderung nach einer friedlichen Welt. Die Ukraine ist vielleicht schon der Ausgangspunkt für einen Dritten Weltkrieg. Russland wird von China und Nordkorea unterstützt, Indien kauft fleißig russisches Öl, und Europa unterstützt die Ukraine, während unberechenbare USA im Hintergrund versuchen, Grönland und Kanada ihres Rechts auf Selbstbestimmung zu berauben. Sind wir auf dem Weg in einen Dritten Weltkrieg? Oder hat er vielleicht sogar schon begonnen? Schwer zu sagen. Aber es kracht und knistert im Gebälk. Der indisch-pakistanische Konflikt war ein weiterer Funke, aber vielleicht ist der Brand noch nicht ausgebrochen. Wenigstens dieses Mal noch nicht" überlegt POLITIKEN aus Kopenhagen.
Die estnische Zeitung POSTIMEES beschäftigt sich mit einem Interview des deutschen Außenministers Wadephul in der Neuen Osnabrücker Zeitung. Darin betonte Wadepuhl, wie wichtig mehr Sicherheit in der Ostsee sei. "Deutschlands neuer Außenminister Johann Wadephul hat zur Sicherheitslage im Ostseeraum genau die richtigen Worte gefunden. Deutschland habe dem Ostseeraum lange zu wenig Aufmerksamkeit zukommen lassen, und das wolle er während seiner Amtszeit ändern. Wadephul kritisierte die instabile Lage und zählte eine ganze Reihe von Vorfällen auf, darunter die Zerstörung von Kabeln, die Entfernung von Grenzbojen oder Verletzungen des Luftraums durch Russland. Das alles waren Vorfälle mit unmittelbaren Auswirkungen auf Estland, und Wadephul hat daraus die richtigen Schlussfolgerungen gezogen. Wir können seinen Standpunkt nur unterstützen, wonach die Sicherheitszusammenarbeit im Ostseeraum gestärkt werden muss. Die nordischen und baltischen Anrainerstaaten sowie Polen und Deutschland müssen eine geeinte Front bilden, um der Gefahr aus dem Osten zu begegnen", meint POSTIMEES aus Tallinn zum Ende der Internationalen Presseschau.