
Die Zeitung LIBERATION aus Paris kommentiert: "Selenskyj nahm den russischen Präsidenten beim Wort und schlug ein direktes Treffen am Donnerstag in Ankara oder Istanbul vor. Dabei hat er die absolute Unterstützung der sogenannten 'Koalition der Willigen', die mit einer Verschärfung der Sanktionen gegen Moskau droht. Selenskyj hat seinen russischen Gegenspieler damit verunsichert, der seitdem kein Wort mehr hat verlauten lassen. Es ist unwahrscheinlich, dass diese Woche das Ende des Krieges in der Ukraine markiert. Aber wenn es Selenskyj gelingt, sich die Unterstützung Europas und der USA zu sichern und Putin in Verlegenheit zu bringen, wird sie einen Wendepunkt markieren", ist die LIBERATION aus Frankreich überzeugt.
Die russische Zeitung NESAWISSIMAJA GASETA ist skeptisch: "Einem Treffen von Putin und Selenskyj müssten tatsächlich lange Arbeiten, mehrtägige Debatten und schwierige Kompromisse vorausgehen. Die Aussage: 'Ich denke darüber nach, nach Istanbul zu fliegen' erzielt einen PR-Effekt, beendet bewaffnete Konflikte jedoch nicht. Kiew braucht Trumps positive Einstellung. Moskau ist darauf angewiesen, dass Trump seine Rolle als Friedensstifter behält und Kiew nicht mit Geld und Waffen unterstützt. Der Herr des Weißen Hauses selbst möchte einen schnellen Deal, um seine Bemühungen und Ressourcen auf die Lösung anderer Probleme konzentrieren zu können. Doch Moskau und Kiew brauchen eine stabile Vereinbarung – Überraschungsmomente dürften hier kaum hilfreich sein", konstatiert die NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau.
Die lettische Zeitung NEATKARIGA RITA AVIZE kommt zu folgender Einschätzung: "Das ganze diplomatische Spiel verfolgt für Putin und für Selenskyj vor allem den Zweck, nicht als der Böse dazustehen, der Trumps genialem Friedensplan Steine in den Weg legt. Also gilt es, möglichst überzeugend den Eindruck zu vermitteln: 'Ich bin für Frieden, ich stimme Trumps Einschätzung zu, dass der Krieg sinnlos ist, und ich drücke mein tiefes Bedauern für die menschlichen Opfer aus'. Moralische und ethische Fragen sind über Bord geworfen worden, und es geht nur noch darum, wer energischer nickt, während Trump redet", stellt NEATKARIGA RITA AVIZE aus Riga fest.
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio erläutert: "US-Präsident Trump, der zunächst eine aktive Vermittlerrolle auszuüben schien, läuft Gefahr, von Russland ausgenutzt zu werden. Russland will die Kontrolle der Verhandlungen übernehmen, trotzdem wird Putin aber wohl nicht in die Türkei kommen. Und die Ukraine ihrerseits weiß um die Gefahr, ignoriert zu werden, inszeniert aber Russland als Verhinderer des Friedens, um so ihre außenpolitische Position zu verbessern."
Der GUARDIAN aus London betont: "Es mag sein, dass Putin ein weiteres diplomatisches Ass aus dem Ärmel ziehen wird, um Zeit zu gewinnen, neue Sanktionen aufzuschieben und den Westen erneut zu spalten. Aber langsam wird selbst dem Putin-freundlichen Weißen Haus klar, dass Russland den Krieg nicht sofort beenden will. Das könnte zu einer neuen Positionierung in Washington führen. Zuletzt waren die Regierungschefs von Frankreich, Deutschland, Polen und dem Vereinigten Königreich in Kiew, es war ihr erster gemeinsamer Besuch. Diese Staaten bilden gemeinsam mit den nordischen und baltischen Staaten eine neue europäische Sicherheitsarchitektur. Deren Unterstützung für die Ukraine zeigt der Welt und vor allem Washington, dass es alleine Putin ist, der den Krieg weiterführen will", unterstreicht der britische GUARDIAN.
SABAH aus Istanbul vermerkt: "Es ist schmeichelhaft, dass die USA und Russland die Türkei als Zentrum für die Lösung eines globalen Problems sehen und unserem Präsidenten vertrauen. Das ist auch eine große Hoffnung für die Millionen unterdrückter Ukrainer, deren Leben aus den Fugen geraten ist. Selenskyj erklärte, wenn Putin nicht an dem Treffen teilnehme, sei dies der endgültige Beweis für die internationale Gemeinschaft, dass Russland den Krieg fortsetzen wolle. Offensichtlich versuchen Selenskyjs europäischen Freunde, Putin zu provozieren. Doch Putin lässt sich nicht provozieren." Das war die Meinung der türkischen Zeitung SABAH.
Nun zum Nahost-Besuch von US-Präsident Trump. Die dänische Zeitung POLITIKEN fragt, wieso Trumps erste Auslandsreise ausgerechnet auf die arabische Halbinsel führt und erklärt: "An Gründen dafür mangelt es nicht – und sie sind teilweise zutiefst problematisch. Dazu gehört Trumps Plan, eine Boeing 747 als persönliches Geschenk von Katar entgegenzunehmen. Das ist nichts anderes als Korruption und eine Schande für das Ansehen der USA. Aber es gibt auch gute Gründe für seine Reise. Die arabischen Golfstaaten sind mächtig in der Region, und soll es Frieden in Gaza und Hoffnung für die Palästinenser auf einen eigenen Staat geben, braucht es diplomatische und wirtschaftliche Unterstützung durch die Golfstaaten und vor allem durch Saudi-Arabien. Soll dem Staatsterror und dem Atomprogramm des Iran Einhalt geboten werden, braucht es ebenfalls eine Koalition mit Saudi-Arabien und seinen Nachbarn. Bei aller Skepsis und allen ethischen Herausforderungen: Trumps Rundreise könnte auch zu etwas Gutem führen – und das nicht nur für sein Bankkonto", hebt POLITIKEN aus Kopenhagen hervor.
Die chinesische Zeitung WENHUIBAO hält fest: "Das Ziel des US-Präsidenten auf seiner Nahost-Reise sind möglichst viele Geschäftsabschlüsse und Investitionszusagen vonseiten der arabischen Golfstaaten. Neben Waffen, Flugzeugen und Energieprojekte geht es dabei auch um den Bereich der künstlichen Intelligenz. Dass Trump dabei ganz offensichtlich auch private Interessen verfolgt, kann man daran ablesen, dass ein von seiner Familie kontrolliertes Kryptowährungsunternehmen beabsichtigt, in den Vereinigten Arabischen Emiraten eine Fondsgesellschaft zu gründen. Ob es ihm aber tatsächlich gelingen wird, in seinen Gesprächen brennende Fragen wie den Konflikt zwischen Israel und Palästina und das Atomprogramm des Iran völlig auszublenden, scheint fraglich", meint WENHUIBAO aus Schanghai.
Die pan-arabische Zeitung SHARQ AL-AWSAT stellt heraus: "Präsident Trump überraschte in Riad vor allem durch seine Ankündigung, ein neues Verhältnis zu Syrien schaffen zu wollen und die Sanktionen gegen das Land aufzuheben. Noch vor zwei Wochen schien es, als lehne man das im Weißen Haus strikt ab. Offenbar ist Trump der Ansicht, es sei besser, das neue Regime nicht durch Sanktionen zu strafen, die eigentlich dem alten gegolten hatten und es auch nicht für mögliche künftige Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen. Klar dürfte ihm aber auch sein, dass die Fortsetzung des Embargos und der Sanktionen den Zerfall Syriens bedeutet hätten. In dieser Einschätzung dürften die Saudis Trump erheblich bestärkt haben. Damit gibt er Syrien die Chance, sich eine neue Zukunft aufzubauen", erwartet die Zeitung SHARQ AL-AWSAT, die in London sitzt.
Die australische Zeitung SYDNEY MORNING HERALD notiert: "Trump sagte, seine Entscheidung, die Sanktionen gegen Syrien aufzuheben, sei auf Drängen des saudischen Kronprinzen bin Salman und des türkischen Präsidenten Erdogan gefallen, der im vergangenen Jahr den Abbruch der Beziehungen zu Israel angekündigt hatte. Der israelische Ministerpräsident Netanjahu wird Trumps einseitigen Sanktionsvorstoß mit Argwohn beobachten, da er sich Sorgen über die Aussicht auf einen starken türkischen Verbündeten an Israels Grenze macht. Dies alles ist eine Erinnerung daran, dass - wenn Trump gezwungen ist, zwischen Eigeninteresse und der besonderen Freundschaft der Vereinigten Staaten mit Israel zu wählen - der eigennützige Dealmaker stets die Oberhand gewinnen wird",