
Der österreichische STANDARD schreibt zur humanitären Lage: "Israel lässt seit fast elf Wochen weder Nahrung noch Hilfsgüter zu den rund 2,4 Millionen Bewohnern des Gazastreifens. Nennt es nicht Krise, es ist längst keine Krise mehr. Es ist der Kollaps. Gaza steht am Beginn einer Hungerkatastrophe. Hunger im Krieg als Waffe einzusetzen ist ein Kriegsverbrechen. Die wochenlange Blockade der Hilfslieferungen, die im Gazastreifen eine Hungersnot auslöst, lässt sich durch nichts rechtfertigen – weder durch die vielen Toten des 7. Oktober noch durch die Geiseln, die die Hamas seit 19 Monaten hält, oder den anhaltenden Raketenbeschuss auf zivile Ziele in Israel. Auch die Menschen im Gazastreifen haben ein Recht auf Schutz", meint DER STANDARD aus Wien.
Die palästinensische Zeitung AL HAYAT kritisiert die im Gazastreifen regierende Hamas: "Sie kümmert sich dort weder um die vielen Menschen, die täglich von der israelischen Kriegsmaschinerie getötet und verwundet werden, noch um die wiederholte Vertreibung der Bewohner. Aus Sicht der Hamas lohnen sich diese Opfer, wenn es im Ergebnis dazu führt, dass Vertreter der Hamas mit Repräsentanten der US-Regierung an einem Tisch sitzen. Umso dringlicher muss man jetzt fragen, welchen Nutzen die palästinensische Bevölkerung von all dem hat. Die Antwort liegt auf der Hand: keine. Die Frage ist darum, wie lange sie diesen Preis noch zahlen muss." Das war AL HAYAT aus Ramallah.
Eine Gastkommentatorin der TIMES OF ISRAEL kritisiert in der Online-Ausgabe die internationale Berichterstattung über den Gaza-Krieg: "Viele Reporter in dem Palästinensergebiet arbeiten entweder unter dem Einfluss der Hamas oder stehen in direkter Verbindung zu der Gruppe. In einem solchen Umfeld sind Informationen selten neutral. Berichte, die aus einem von der Hamas kontrollierten Umfeld stammen, werden oftmals von Nachrichtenagenturen wie AP oder Reuters veröfentlicht und von globalen Medien ohne strenge Überprüfung weiter verbreitet. Die Bilder aus Gaza sind erschütternd und das menschliche Leid ist groß. Die Weltöffentlichkeit wird mit emotional aufgeladenen Bildern aus Gaza überschwemmt, die oft ohne den entscheidenden Kontext präsentiert werden. Wir erleben einen stetigen Strom von Informationen, die Israel als alleinigen Verursacher des Leidens darstellen. Die Rolle der Terrorgruppe Hamas als eine der Hauptverantwortlichen für den Konflikt wird kaum ernsthaft untersucht", kritisiert eine Gastkommentatorin der TIMES OF ISRAEL.
Die spanische Zeitung EL PAIS El País erhebt schwere Vorwürfe gegen die israelische Regierung: "Anfang Mai machte Israel offiziell, was es anstrebt: den Gazastreifen zu besetzen und Teile des Territoriums zu annektieren. Dabei stehen ihm zwei Millionen Menschen im Weg. So hat sich die Militäroperation in Gaza zu einer großangelegten ethnischen Säuberung entwickelt, mit Kriegsverbrechen wie der wahllosen Bombardierung von Zivilisten oder der Verweigerung von Wasser und Nahrungsmitteln. Sollte es noch kein Völkermord sein, so ist die Gefahr, dass es einer wird, mehr als offensichtlich. Ministerpräsident Netanjahu legt die Grundlagen dafür", zeigt sich EL PAIS aus Madrid überzeugt.
Die kolumbianische Zeitung EL ESPECTADOR notiert: "Die Menschen im Gazastreifen sind verzweifelt. Seit Beginn des Kriegs hat es zehntausende Tote gegeben, und die Bevölkerung leidet Hunger wegen der Blockade humanitärer Hilfsgüter. Dabei hätte die Freilassung eines Soldaten mit US-Staatsangehörigkeit aus der Geiselhaft der Hamas als Geste des guten Willens gewertet werden können - auch an die Adresse von Donald Trump. Der US-Präsident machte auf seiner Reise durch den Nahen Osten zwar Station in Katar und Saudi-Arabien, ließ aber Israel links liegen. Das zeigt, dass die Beziehungen zwischen Washington und Israel gerade nicht die allerbesten sind. Alles deutet darauf hin, dass Trump Druck auf Netanjahu ausübt, einer Feuerpause zuzustimmen, um - wie er es selbst in seinem sozialen Netzwerk ausdrückte - diesen brutalen Krieg zu beenden. Eine solche Waffenruhe könnte dazu führen, dass weitere der letzten verbliebenen Geiseln freigelassen werden. Aber Netanjahu widersetzt sich solchen Vereinbarungen. Sein wahres Ziel ist es, den Konflikt in die Länge zu ziehen, weil er dadurch innenpolitischen Problemen aus dem Weg gehen kann", vermutet EL ESPECTADOR aus Bogota.
Die dänische Zeitung KRISTELIGT DAGBLAD beleuchtet die US-Außenpolitik im Mittleren Osten unter Präsident Trump: "Während seiner Rundreise durch den Nahen Osten wiederholte Trump seine Bereitschaft zur Unterzeichnung eines Atomabkommens mit dem Iran. Der größte Gegner eines solchen Vertrags mit dem Iran ist Netanjahu, aber er gerät zunehmend in die Isolation. Zum einen hat Israels Krieg in Gaza seinen Freundeskreis schrumpfen lassen, zum anderen unterstützen die anderen Länder der Region und darunter auch Saudi-Arabien die Verhandlungen mit dem Iran. Und schließlich hat Trump in der letzten Zeit damit überrascht, dass er nicht bedingungslos zu Netanjahu hält", beobachtet das KRISTELIGT DAGBLAD aus Kopenhagen.
Weiter geht es nach Istanbul, wo Vertreter Russlands und der Ukraine erfolglos über ein Ende der russischen Invasion verhandelt haben. Gleichwohl nennt die türkische Zeitung YENI ŞAFAK das Treffen historisch. "Das Ergebnis ist nicht zu unterschätzen. Die beiden Seiten haben sich auf einen Gefangenenaustausch Hunderter Soldaten geeinigt. Seit Trump wieder Präsident der Vereinigten Staaten ist, hat der Krieg in der Ukraine ein anderes Gesicht bekommen. Trump hat enormen Druck auf Präsident Selenskyj ausgeübt, um einen Waffenstillstand und ein Abkommen zu erreichen; und Trump hat den Druck auf Putin gemindert. Allerdings muss man zugeben, dass er Putin nicht davon überzeugen konnte, sich an den Verhandlungstisch zu setzen", erläutert YENI ŞAFAK aus Istanbul.
Die chinesische Zeitung ZHONGGUO QINGNIAN BAO aus Peking zeigt sich vorsichtig optimistisch: "Russland und die Ukraine signalisierten der internationalen Gemeinschaft, dass es zwischen beiden Konfliktparteien weitere direkte Verhandlungen geben wird. Diese Gespräche könnten durchaus den Weg zu einer Waffenruhe ebnen. Nach dem jetzigen Treffen wurde zwar nichts Sensationelles verkündet. Doch gerade die Einigungen auf der humanitären Ebene zeigen, wie wichtig und notwendig diese Bemühungen sind."
Die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA überlegt, was passieren würde, wenn später ein Treffen zwischen US-Präsident Trump und dem russischen Staatschef Putin zustandekäme: "Damit stünde die Ukraine, aber auch ganz Europa, vor einer schwierigen Entscheidung: Sollten die Vereinbarungen akzeptiert werden – die für die Sicherheit unseres Teils der Welt möglicherweise sehr unbequem sind – oder sollte das von den Staatschefs Russlands und der USA geschlossene Abkommen abgelehnt werden? Die Zukunft der NATO könnte auf dem Spiel stehen. Putin ist sich völlig bewusst, dass ein dauerhafter Waffenstillstand sein wichtigstes Ass im Ärmel ist. Und es sieht so aus, als wolle er es Trump so teuer wie möglich verkaufen", notiert die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
"Europa blamiert sich, wenn es weiter zaudert", schreiben die SALZBURGER NACHRICHTEN. "Nach den jüngsten Entwicklungen in Istanbul müssen sich die europäischen Staaten noch entschlossener zur Ukraine bekennen. Ansonsten bestimmen Putin und Trump im Alleingang über die Zukunft des Landes, unter Ausschluss der Ukrainerinnen und Ukrainer. Um über den weiteren Verlauf in der Ukraine aktiv mitzubestimmen, brauchen die Europäer endlich einen Platz am Verhandlungstisch. Wenn sie Putin und Trump etwas entgegensetzen wollen, muss der Kontinent nach drei Jahren des Zögerns und Zauderns sicherheitspolitisch eine ernst zu nehmende Größe werden. Frankreich, Großbritannien und Polen haben das erkannt", bemerken die SALZBURGER NACHRICHTEN.