19. Mai 2025
Die internationale Presseschau

Es geht unter anderem um den ersten Gipfel zwischen Großbritannien und der EU seit dem Brexit. Aber auch zum Wahlsonntag in Rumänien, Polen und Portugal gibt es bereits Kommentare.

Der gewählte Präsidentschaftskandidat Nicusor Dan winkt am Rednerpult
In Rumänien hat sich der Bukarester Bürgermeister Nicusor Dan bei der Stichwahl ums Präsidentenamt gegen den rechtsradikalen George Simion durchgesetzt. Diese Wahl und die Abstimmungen in Polen und Portugal sind Themen der Internationalen Presseschau. (IMAGO / NurPhoto / Alex Nicodim)
In Rumänien hat sich bei der Stichwahl um das Präsidentenamt der pro-europäische Kandidat Dan durchgesetzt, gegen den rechtspopulistischen Bewerber Simion. Die rumänische Zeitung LIBERTATEA meint, der neue Präsident solle nun schnell ins Handeln kommen und gar nicht erst versuchen, es allen recht zu machen: "Ein beträchtlicher Teil der rumänischen Wähler wird Nicuşor Dan nicht als Präsidenten akzeptieren, aber das ist normal. Dan ist für einen Kurs gewählt worden, der besagt: EU, NATO, Unterstützung der Ukraine, Stärkung des Rechtsstaats, eine Reform der Justiz und die Ernennung eines neuen Premierministers. Viele Bürger werden das alles nicht wollen. Weiterhelfen kann nur die Aussicht auf mehr Wohlstand, aber der stellt sich nicht über Nacht ein. Aber jetzt hat Dan die Zustimmung einer Mehrheit der Wähler. Rumänien braucht keinen Präsidenten, der alle Bürger des Landes repräsentiert, sondern einen Präsidenten, der sich für ein europäisches, modernes, wohlhabendes und gebildetes Rumänien einsetzt", stellt LIBERTATEA aus Bukarest klar.
In der japanischen Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN erinnert eine Gastkommentatorin an die Vorgeschichte der Wahl: "Im vergangenen Jahr war das Ergebnis der Präsidentenwahl wegen Manipulationsverdacht und Einmischungsversuchen Russlands annulliert worden. Dem rechtsradikalen Politiker Georgescu wurde eine erneute Kandidatur untersagt. Dadurch hat die Unzufriedenheit der Unterstützer der rechten Parteien zugenommen. Im ersten Durchgang der wiederholten Wahl vor zwei Wochen hat denn auch der Kandidat des rechten Lagers die meisten Stimmen geholt. Viele Wähler haben wohl aus Sorge vor einer internationalen Isolation Rumäniens bei der gestrigen Stichwahl nicht mehr für ihn gestimmt, das ist ein erleichterndes Ergebnis für die EU und die Ukraine. Dessen ungeachtet bleibt die Situation in Rumänien, das immer stärker nach rechts zu rücken scheint, besorgniserregend", heißt es in NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Auch in Polen soll Anfang Juni in einer Stichwahl darüber entschieden werden, wer neuer Präsident des Landes wird. Bei der gestrigen Wahl konnten weder der liberalkonservative Kandidat des Regierungslagers, Trzaskowski, noch der nationalkonservative Kandidat Nawrocki genügend Stimmen auf sich vereinen. Die polnische GAZETA WYBORCZA meint dazu: "In den kommenden zwei Wochen wird sich entscheiden, ob die Eindämmung der Populisten und Nationalisten im Jahr 2023 in unserem Land von Dauer war oder ob es sich nur um einen vorübergehenden Sieg des demokratischen Lagers gehandelt hat. Wir sollten uns bewusst sein: Es sind unsere Passivität und Apathie, die der Fremdenfeindlichkeit, den EU-Gegnern und den Kritikern der liberalen Demokratie Macht verleihen. Ein Sieg Karol Nawrockis würde weitere Jahre des Konflikts mit der derzeitigen Koalition bedeuten und zu einem Veto gegen zahlreiche Gesetzesentwürfe führen, über die im Parlament abgestimmt werden muss. Deshalb müssen auch die unterlegenen Präsidentschaftskandidaten ihre Unterstützung für Trzaskowski klar und deutlich bekunden. Für uns Wähler in Polen werden die nächsten zwei Wochen ein Test sein, ob uns die Demokratie wirklich etwas bedeutet", stellt GAZETA WYBORCZA aus Warschau klar.
RZECZPOSPOLITA, ebenfalls aus Polen, ist sich sicher: "Die Wähler der extremen Rechten werden entscheiden, wer der neue Präsident Polens wird. Es ist kaum zu erwarten, dass sie in zwei Wochen das Interesse an der Wahl verlieren werden. Der von der PiS unterstützte Kandidat kann wohl auch auf die Unterstützung der Wähler der unterlegenen rechtsextremen Kandidaten zählen. Trzaskowski hat dagegen die Regierung von Donald Tusk am Hals, die inzwischen stark an Popularität verloren hat. Tusks Verhalten wird eine wichtige Rolle spielen. Wartet er mit Vorschlägen auf, die dem Kandidaten Wind in die Segel geben, oder wird er der Klotz, über den Trzaskowski stolpert?" fragt sich RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
In Portugal hat das konservative Regierungsbündnis unter Ministerpräsident Montenegro die vorgezogene Parlamentswahl gewonnen. CORREIO DA MANHA aus Lissabon fasst das Ergebnis so zusammen: "Montenegro gewinnt damit neuen Schwung für seine Regierungsarbeit, die Sozialisten erleben eine historische Niederlage und die Rechts-Außen-Partei Chega zeigt, dass ihr Potential bei Wahlen noch lange nicht erreicht ist. Ohne explosionsartigen Rechtsruck hätte Montenegro die ersehnte absolute Mehrheit erreicht. Interessanterweise vermied er es in seiner Siegesrede so gut er konnte, das 'Nein heißt Nein' gegenüber der Chega zu wiederholen. Wird er nun versuchen, sich dem Gegner anzunähern und seine Strategie im Kampf gegen die Rechtspopulisten zu ändern?" überlegt die portugiesische Zeitung CORREIO DA MANHA.
DIARIO DE NOTICIAS aus Lissabon blickt auf das schlechte Wahlergebnis der Sozialisten und kommt zu dem Schluss: "Sie haben sich selbst in diese Lage manövriert. Sie haben zum Sturz der Regierung von Luís Montenegro durch das Misstrauensvotum beigetragen und nun eine verheerende Niederlage erlitten. Zudem liegt die ultrarechte Chega praktisch gleichauf mit den Sozialisten. Kein Zweifel: Das war ein politisches Erdbeben. Die Sozialisten sollten deshalb ihre Wunden lecken und sich für die nächste Schlacht neu aufstellen - sonst droht ihnen das gleiche Schicksal wie der deutschen SPD. Die Erfahrungen anderer europäischer Länder sind jetzt auch wichtig für uns. Im Fall von Deutschland und Frankreich wurden die Ultrarechten als Reaktion auf die Zuwanderung zum Mainstream. Aber so beeindruckend das Ergebnis der Chega auch sein mag: Der eigentliche Wahlsieger heißt immer noch Luís Montenegro. Hoffentlich sorgt er für politische Stabilität, die Portugal so dringend braucht", heißt es in der portugiesischen Zeitung DIARIO DE NOTICIAS.
In London findet heute der erste Gipfel zwischen Großbritannien und der EU seit dem Brexit statt: Die schwedische Zeitung DAGENS INDUSTRI meint, seit damals hätten sich die Zeiten grundlegend geändert: "Trotz aller ihrer Mängel übernimmt die Europäische Union immer mehr die Rolle als Zentrale des Westens. In alle Himmelsrichtungen werden Handelsabkommen geschlossen, Kanada will sogar Mitglied werden. Aber Londons erneute Annäherung an die EU wird auch von der Einsicht getrieben, dass auf Trump kein Verlass ist. Das alles hat zu dem britisch-europäischen Gipfel geführt, und es ist bereits eine gute Nachricht, dass das Treffen überhaupt stattfindet. Aber man sollte auch nicht vergessen, dass die Beziehungen zwischen Brüssel und London lange von gegenseitigem Misstrauen geprägt waren und dass der Brexit viel böses Blut hinterlassen hat. Eine Rückkehr der Briten in die EU scheint derzeit utopisch, aber wir sollten darauf hinwirken, dass sie die Peripherie verlassen und nach und nach immer näher an den Kern Europas heranrücken", empfiehlt DAGENS INDUSTRI aus Stockholm.
"Die Europäische Union hat sich der Herausforderung des Ukraine-Kriegs mit einem neuen Gefühl der Solidarität gestellt und akzeptiert, dass die Verteidigung auf ihrer Agenda dringend nach oben rücken muss", beobachtet der britische INDEPENDENT. "Das hat die EU und Großbritannien konzeptionell näher zusammengebracht, als sie es lange Zeit waren. Doch ungeachtet aller Übereinstimmung hinsichtlich der Ukraine war die Zusammenarbeit in anderen Bereichen bislang nicht einfach. Die EU hat Großbritannien bislang den Zugang zu ihrem gemeinsamen Beschaffungsprogramm für Verteidigungsgüter verwehrt. Zudem könnte die Anlehnung Großbritanniens an die USA im Militärbereich engere Sicherheitsbeziehungen mit der EU erschweren. Eine Schlüsselfrage ist, inwieweit eine Verteidigungspartnerschaft mit der EU von unmittelbarem praktischem Nutzen sein wird und sich nicht nur auf eine Absichtserklärung beschränkt", notiert THE INDEPENDENT aus London, und damit endet die Internationale Presseschau.