20. Mai 2025
Die internationale Presseschau

Neben den Wahlen in drei europäischen Ländern kommentieren die internationalen Zeitungen das Telefonat zwischen US-Präsident Trump und Russlands Staatschef Putin über den Ukraine-Krieg.

Die Kombo aus Archivbildern zeigt US-Präsident Donald Trump (l) im Oval Office des Weißen Hauses und den russischen Präsidenten Wladimir Putin im Kreml
Donald Trump und Wladimir Putin haben gestern zum dritten Mal miteinander telefoniert, es ging um den Ukraine-Krieg. Das ist auch Thema in den Zeitungen aus dem Ausland. (Evan Vucci/AP/Mikhail Metzel/Pool Sputnik Kremlin via AP/dpa)
Die polnische RZECZPOSPOLITA äußert sich desillusioniert: "Es gibt keine Anzeichen dafür, dass wir einem Waffenstillstand näher gekommen wären. Nach dem Gespräch verkündete Trump, dass das Gespräch hervorragend verlaufen sei und dass Russen und Ukrainer bald zu Verhandlungen zusammenkommen und eine Einigung erzielen würden. Und wenn dieses 'katastrophale Blutbad' vorbei sei, würden die USA und Russland in großem Umfang Handel treiben. Putin erwähnte, dass er bereit sei, mit den Ukrainern an einem Memorandum für ein mögliches künftiges Friedensabkommen zu arbeiten. Aber damit überhaupt etwas passieren könne, müssten die 'Grundursachen der Krise' behoben werden. Das ist es, was Putin seit über drei Jahren fordert: den Ausschluss eines NATO-Beitritts der Ukraine und die 'Neutralität' Kiews, also die Abhängigkeit von Moskau. Unter solchen Voraussetzungen ist kaum mit einer Einigung zu rechnen", glaubt die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Die chinesische Zeitung XINMIN WANBAO mit Sitz in Schanghai ergänzt: "Trump braucht endlich Erfolge in dem Friedensprozess, um auf diesem außenpolitischen Terrain punkten zu können, wie er vor der Wahl versprochen hatte. Die diplomatischen Bemühungen des US-Präsidenten gründen sich aber zum größten Teil auf reines Wunschdenken und enthalten keine pragmatischen Lösungsansätze."
Die russische Zeitung NESAWISSIMAJA GASETA warnt vor zu großer Eile: "Für Moskau wie für Kiew würde eine schnelle Lösung des Konflikts bedeuten, dass konkrete Probleme, Streitpunkte und Dutzende von Gründen für ein Wiederaufflammen des Konflikts 'auf später' verschoben werden. Es ist unmöglich, in kurzer Zeit Kompromisse zu vereinbaren, die die Machtapparate beider Länder vor ihren Wählern verantworten müssen. Russland hat ein Interesse daran, dass Trump die Ukraine jetzt nicht stärkt. Das Interesse der Ukraine besteht darin, Russlands Verhalten als Verzögerung des Prozesses darzustellen und die Hilfe der USA zu erhalten. Vor dem Hintergrund dieser Einstellungen ist eine schnelle Lösung des Konflikts nicht abzusehen", stellt NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau klar.
Eine Gastkommentatorin der japanischen Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN vermutet: "Putin bleibt hartnäckig, weil er auszunutzen weiß, dass die USA unter Druck stehen. Um Russland wirtschaftlich einen herben Schlag zu versetzen, wäre die Unterstützung Chinas erforderlich, mit Peking befinden sich die Amerikaner aktuell aber noch in Zoll-Verhandlungen. Außerdem brauchen die USA russische Unterstützung, was die neuen Atom-Verhandlungen mit dem Iran angeht. Trumps außenpolitische Mission steckt also in diversen Dilemmata", ist in NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio zu lesen.
Die lettische Zeitung NEATKARĪGĀ RĪTA AVĪZE analysiert mögliche Motive des amerikanischen und russischen Präsidenten: "Trump sieht in Putin ein Vorbild für ein Regierungsmodell, das er auch gerne in den USA einführen würde, wenn er nur könnte. Wäre er ein solcher absoluter Monarch wie Putin, hätten sich die beiden schon längst gemeinsam mit Chinas Xi Jinping über eine Aufteilung der Welt geeinigt. Was aber ist Putins Ziel? Erst einmal legt er den Fokus auf territoriale Zugewinne. Aber sein eigentliches Ziel bleibt es, die Regierung in Kiew durch ein moskauhöriges Marionettenregime zu ersetzen, die Ukraine zu entwaffnen und die NATO-Erweiterungen rückgängig zu machen", bemerkt NEATKARĪGĀ RĪTA AVĪZE aus Riga.
Nun nach Rumänien, wo sich bei den Präsidentschaftswahlen der proeuropäische Bürgermeister von Bukarest, Dan, gegen den EU-skeptischen Kandidaten Simion durchgesetzt hat. "Selbst aus der Ferne konnte man ein tiefes Durchatmen aus Brüssel hören, als dieses Ergebnis eintraf", heißt es in der dänischen Zeitung POLITIKEN. "Aber auch wenn Meinungsumfragen zeigen, dass die EU in Rumänien äußerst beliebt ist, stellen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit auch fast zwei Jahrzehnte nach dem Beitritt noch immer eine große Herausforderung dar. Das bedeutet nicht, dass die Aufnahme Rumäniens in die EU ein Fehler war. Es zeigt aber, dass der Weg zu einem Rechtsstaat und einer soliden Demokratie lang ist und nicht mit der EU-Mitgliedschaft endet", unterstreicht POLITIKEN aus Kopenhagen.
DER STANDARD aus Österreich ist der Meinung: "Die rumänischen Präsidentschaftswahlen waren ein Lehrstück. Sie legten die vulnerablen Stellen Europas in schmerzhafter Klarheit offen. Durch die Desinformationskampagnen bei der später annullierten Wahl vergangenen Herbst wurde offenbar, dass der Kreml mithilfe von Cyberangriffen auf die staatliche IT-Infrastruktur und des Aufputschmittels 'Wut' und 'Rache' auf Tiktok ein Land zum Kippen bringen kann. Die EU und die politischen Eliten in Rumänien wurden zu Feindbildern stilisiert, denen man durch die Wahl von Rechtsextremen eins auswischen könne. Dass auch die Geheimdienste völlig überrascht waren, zeigt, wie wenig Europa auf diese Attacken vorbereitet ist", befindet DER STANDARD aus Wien.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG kommentiert die in Polen anstehende Stichwahl für das Präsidentenamt, wobei der proeuropäische Trzaskowski gegen den nationalkonservativen Nawrocki antritt: "Nawrocki behauptet, mit Trzaskowski an der Staatsspitze gingen traditionelle Werte in Polen noch stärker als bisher verloren. Mit Nawrocki im Präsidentenamt würden Polen weitere Jahre der Blockierung drohen. Trzaskowski erscheint auch außenpolitisch gesehen als die bessere Wahl. Als ehemaliger Europapolitiker ist er in Brüssel bestens vernetzt. Er würde zusammen mit dem ebenfalls europaerfahrenen Gespann aus Ministerpräsident Tusk und Außenminister Sikorski ein kompetentes Trio bilden. Polen böte sich die Chance, international endlich eine Führungsrolle zu übernehmen", überlegt die Schweizer NZZ.
Bei den vorgezogenen Parlamentswahlen in Portugal hat das konservative Regierungsbündnis zwar gewonnen, gleichzeitig hat die ultrarechte Partei Chega stark zugelegt. Die brasilianische Zeitung FOLHA DE SÃO PAULO nennt das ein – Zitat – "beispielloses Erdbeben in der einst so stabilen portugiesischen Demokratie. Nach dem Ende der Diktatur 1974 gab es wie in vielen anderen europäischen Ländern zwei große politische Lager. Aber durch die Pandemie, den Migrationsdruck und den Krieg in der Ukraine ist auch in Portugal der Populismus erstarkt. Politische Kräfte, die bislang einen Paria-Status hatten, werden immer mehr in die politischen Systeme integriert", notiert FOLHA DE SÃO PAULO aus São Paulo.
Die slowakische Zeitung PRAVDA meint, die Politik dürfe die Anliegen der Rechts-Außen-Wähler nicht ignorieren: "Die Populisten finden deshalb so viel Zustimmung, weil die traditionellen Parteien die wirtschaftlichen und sozialen Probleme nicht zu lösen wissen und nur kosmetische Reparaturen anbieten. Vor Schreckgespenstern zu warnen, hilft da nicht. Stattdessen muss es eine offene Debatte über die Zukunft Europas geben, was Gemeinschaftsaufgabe sein soll und was nationale. Und dabei müssen alle Meinungen einbezogen werden, anstatt einen immer größeren Teil einfach für dumm zu erklären", verlangt PRAVDA aus Bratislava.
Nach Ansicht der spanischen Zeitung LA VANGUARDIA stecken folgende Entwicklungen hinter dem wachsenden Rückhalt rechter Parteien in vielen europäischen Ländern: "Die Kluft zwischen den Geschlechtern, die strukturellen Ungleichheiten und prekäre Arbeitsverhältnisse nehmen zu. Das erzeugt Unsicherheit vor allem unter jungen Menschen und bringt sie dazu, extremistische Optionen zu wählen. Wenn die traditionellen Parteien nicht bald mit glaubwürdigen und tragfähigen Alternativen auf den Extremismus und den Trumpismus reagieren, wird diese Kluft nur noch größer werden - mit all den Gefahren, die das für Demokratie und Freiheit in ganz Europa mit sich bringt", ist sich LA VANGUARDIA mit Sitz in Barcelona sicher, und damit endet die Internationale Presseschau.