
Zunächst zu Gaza. Zur Entscheidung der Europäischen Union, das Partnerschaftsabkommen mit Israel wegen der humanitären Lage im Gazastreifen zu überprüfen, schreibt die spanische Zeitung LA VANGUARDIA: "Es ist wenig wahrscheinlich, dass die EU das Abkommen aufkündigt, aber das Ziel ist eine deutliche politische Botschaft an Israel: Der Westen ist bereit, die übliche Zurückhaltung gegenüber Israels zu beenden. Trotzdem macht Ministerpräsident Netanjahu unbeirrt weiter, weil er auf die Hilfe der USA zählt. Nur Washington ist wirklich in der Lage, Israel zu einem Kurswechsel zu zwingen. Trumps eher zurückhaltende Äußerungen haben Netanjahu zumindest dazu gebracht, wieder humanitäre Hilfe zuzulassen und so den internationalen Druck etwas zu lindern. Aber was die Zukunft des Gazastreifens betrifft, gehen Netanjahu und Trump weiterhin Hand in Hand", erwartet LA VANGUARDIA aus Barcelona.
In der japanischen Zeitung ASAHI SHIMBUN setzt eine Gast-Kommentatorin auf ökonomische Beweggründe für eine mögliche Kursänderung Trumps: "Donald Trump zeigt sich bislang unterstützend gegenüber Israel – das kann sich aber ändern. Zwar kann man von Trump, der im Februar sogar von einer Zwangsumsiedlung der Bevölkerung aus dem Gazastreifen sprach, wohl keine humanitäre Politik erwarten. Aber man kann hoffen, dass ihn etwas zu einem Umdenken bewegt, das für ihn zählt: wirtschaftliche Interessen", meint eine Politikwissenschaftlerin in ASAHI SHIMBUN aus Tokio.
JIEFANG RIBAO aus Shanghai hinterfragt die persönliche Motivation von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu in Gaza: "Der Krieg in Gaza, so wie ihn Israel derzeit führt, hat längst seinen Sinn verloren und ist ein persönlicher Feldzug von Netanjahu geworden. Tatsächlich kann Netanjahu als Regierungschef bleiben und sein politisches Leben verlängern, solange der Krieg andauert. Möglicherweise setzt er immer höhere Ziele, damit die gewaltigen Auseinandersetzungen nie enden. Israel scheint Gaza nicht nur kontrollieren, sondern auch besetzen zu wollen. Es ist eine große Tragödie, dass ein Krieg nur zum Machterhalt geführt wird", findet die chinesische Tageszeitung JIEFANG RIBAO.
DIE PRESSE aus Wien gesteht ein, dass Israel nach dem Terrorangriff der Hamas das Recht zur Notwehr habe, auch mit militärischer Gewalt. Aber der Staat habe - Zitat: "kein Recht darauf, Zehntausende palästinensische Zivilisten niederzubomben und umzubringen, Hunderttausende zu vertreiben und nun Millionen auszuhungern zu versuchen, die 'vollständige Zerstörung Gazas' als Kriegsziel zu proklamieren, die komplette Aussiedelung der Palästinenser. Das ist jedenfalls Notwehrüberschreitung, im Fall der rechtsradikalen Bündnispartner Netanjahus sogar der Wunsch nach einem vielfach gar nicht mehr verschleiert rassistisch argumentierten Genozid", ist sich die österreichische Zeitung DIE PRESSE sicher.
Die palästinensische Zeitung AL HAYAT AL-JADEEDA konstatiert: "Die Situation im Gazastreifen hat einen kritischen Punkt erreicht. Entweder wird der Krieg innerhalb weniger Tage beendet, oder die Chancen schwinden, dass das Gebiet und seine Bevölkerung überleben werden. Dieser Tatsache werden sich zunehmend auch die europäischen Staaten bewusst. Dass sie nun ihre Stimme erheben, ist wichtig. Doch wenn nun nicht auch die US-Regierung einschreitet und Israel auffordert, den Krieg sofort zu beenden, wird Israel diesen Krieg in aller Brutalität fortsetzen. Dabei mag es der Regierung vielleicht gelingen, die Lage militärisch zu beruhigen. Aber zu politischer Stabilität wird das nicht führen", befürchtet AL HAYAT AL-JADEEDA aus Ramallah.
Die brasilianische Zeitung O GLOBO gibt zu den ersten Lieferungen humanitärer Hilfsgüter in den Gazastreifen nach elf Wochen zu Bedenken: "Israel behauptet, die Unterbrechung der Versorgung sei notwendig gewesen, um Diebstahl oder die Unterschlagung der Güter durch die Hamas-Terroristen zu verhindern. Deshalb hat Israel einen eigenen Verteilungsmechanismus vorgeschlagen, doch sträuben sich die UNO und Hilfsorganisationen gegen diese Idee. Israel und die UNO müssen unverzüglich zu einer Einigung gelangen. Wenn die Sicherheit Israels nicht mehr in Gefahr ist, muss auch die Ernährung der palästinensischen Zivilbevölkerung gewährleistet sein", verlangt O GLOBO aus Rio de Janeiro.
Aus Israel selbst fordert die Zeitung HAARETZ: "Der Krieg in Gaza muss sofort beendet werden". Und weiter: "Die israelische Regierung muss sich um ein Abkommen bemühen, das alle Geiseln zurückbringt, die israelischen Streitkräfte aus dem Gazastreifen abzieht und den Krieg beendet. Wenn durch die Bombardierungen weiterhin Hunderte Einwohner, darunter auch Säuglinge und Kinder, getötet werden, und sich eine Hungersnot ausbreitet, versinkt Israel im Sumpf und trägt ein Kainsmal auf seiner Stirn. Dieses wird über Generationen hinweg bestehen bleiben. Wie konnte eine ganze Nation ihre Augen verschließen?", fragt sich die israelische Zeitung HAARETZ in Tel Aviv.
Nun zum nächsten Thema: Die Europäische Union und auch Großbritannien haben im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg neue Sanktionen gegen Russland verhängt. Dazu schreibt der Londoner GUARDIAN: "Die Ukraine drängt ihre europäischen Freunde dazu weiterzugehen. Auch in den USA befürwortet eine Mehrheit der Senatoren einen stärkeren wirtschaftlichen Druck auf Moskau, doch US-Präsident Trump bevorzugt Nachsicht und sogar eine Normalisierung der Handelsbeziehungen. Womöglich hat der russische Präsident weniger Zeit, als er denkt. Putin stellt sich als Meisterstratege dar, aber sein selbstherrlich begonnener und dann schlecht geführter Krieg sprechen dagegen. Der Kreml kann zwar Lügen verbreiten, aber den schlechten Zustand der russischen Wirtschaft kann er damit nicht ewig verbergen", hebt der Londoner GUARDIAN hervor.
Die italienische Zeitung LA STAMPA aus Turin sieht Parallelen zwischen Trump und Putin: "Trump und Putin sind Gleichgesinnte. Trump bewundert den Diktator im Kreml. Wenn er mit ihm spricht, scheint er in eine Art ehrfürchtige Trance zu verfallen; er würde niemals ein kritisches Wort über ihn verlieren. Trumps eigentliches Ziel ist es offenbar, die Handelsbeziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Russland wieder aufzubauen und zu stärken. Mit Putin Geschäfte zu machen."
Trump mache sich zunehmend die russische Sicht zu eigen, findet die Zeitung KOMMERSANT aus Moskau. "Die Gespräche über die Beendigung und Beilegung des militärischen Konflikts in der Ukraine werden von Moskau und Kiew geführt, während Washington als Schiedsrichter und Garant für eine Einigung fungiert. Europa bleibt von diesem Szenario ausgeschlossen. Das macht Europa und Kiew nervös. Nach ihren Vorstellungen sollten die Ukraine, die EU und die USA Russland als Einheit gegenüberstehen. Trump lehnt diese Vorgehensweise ab. Der Inhalt der Verhandlungen ist ihm derzeit egal. Er braucht zumindest den Anschein von Fortschritt. Und Putin spielt dabei geschickt mit", notiert der KOMMERSANT aus Moskau.
Und zum Abschluss: Die französische Zeitung LE FIGARO kritisiert die Bürokratie in der EU und verweist insbesondere auf die Lieferkettenrichtlinie. Das Blatt begrüßt den von Bundeskanzler Merz geäußerten Wunsch nach einer Abschaffung der Richtlinie: "Man muss nicht lange suchen, um die aktuelle Revolte der Unternehmer gegen die EU-Bürokratie zu verstehen. Nach der letzten Zählung hat Brüssel seit 2019 rund 13.000 neue Vorschriften produziert, das sind sieben pro Tag - Wochenenden, Urlaubs- und Feiertage eingeschlossen. Diese normative Hölle, stellt einen unüberwindbaren Nachteil im globalen Wirtschaftswettbewerb dar. Gute Nachrichten: Der französische Präsident Macron folgt dem neuen Bundeskanzler Merz und fordert nun die endgültige Abschaffung", lobt der Pariser FIGARO. Damit endet die Internationale Presseschau.