26. Mai 2025
Die internationale Presseschau

Mit Stimmen zum Gazakrieg, zur Lage in der Ukraine und zur Wahl in Polen. Zunächst aber geht es um die von US-Präsident Trump angedrohten und nun aufgeschobenen Strafzölle gegen die EU.

US-Präsident Donald Trump trägt einen blauen Anzug, im Hintergrund steht ein Soldat, der salutiert. Trump spricht mit Reportern vor dem Westflügel des Weißen Haus.
Die von US-Präsident Donald Trump angedrohten Zölle gegen die EU sind Thema in den Zeitungen. (IMAGO I UPI Photo I Bonnie CASH)
Die belgische Zeitung DE TIJD fordert, dass eine Eskalation des Konflikts verhindert werden müsse, und führt aus: "Die große Frage für die EU-Kommission ist, wie sie auf Trump reagieren soll. Ihn umarmen? Sich unterwerfen? Zurückschlagen? Es muss dabei auch bedacht werden, dass hohe Gegenzölle in erster Linie den europäischen Verbrauchern und Unternehmen selbst schaden könnten. Eine Antwort auf Trump kann daher nur ein Cocktail aus vielen Zutaten sein. Zurückschlagen bei Produkten, auf die wir in der EU relativ gut verzichten können und vorzugsweise dort, wo es den US-Republikanern wehtut", meint DE TIJD aus Brüssel.
Die australische Zeitung SYDNEY MORNING HERALD bemerkt: "Trump ist nicht an Deals interessiert, sondern an einem einseitigen Ergebnis, bei dem er seinen Willen durchsetzt, ohne dass die USA selbst nennenswerte Zugeständnisse machen. Trumps Rückzug von seiner Drohung oder zumindest die Aussetzung bis zum 9. Juli steht im Einklang mit seinem bisherigen Verhalten, insbesondere im Konflikt mit China. Er wird ungeduldig, wenn er nicht in der Lage ist, einen großen Deal anzukündigen, weil andere Länder bei seinen Forderungen nicht sofort einknicken", bilanziert der SYDNEY MORNING HERALD.
Die WASHINGTON POST blickt auf Donald Trumps Diplomatie im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine: "Trump macht Vorschläge, hält sie aber nicht ein. Er mahnt Putin zu Kompromissen, unternimmt aber nichts, wenn sich der russische Präsident weigert. Er übt Druck auf die Ukraine, das Opfer, aus - nicht aber auf Russland, den Angreifer. Wenn diplomatische Treffen angesetzt werden, ist sich niemand sicher, wer anwesend sein wird oder welche Agenda verfolgt wird. Das Team wartet auf Trump, dessen Meinung sich innerhalb weniger Tage um 180 Grad drehen kann. Die traurige Wahrheit ist, dass Frieden in der Ukraine heute wahrscheinlich weiter entfernt ist als bei Trumps Amtsantritt im Januar", stellt die WASHINGTON POST fest.
Die ukrainische KYIV POST unterstreicht: "Niemand in der Ukraine glaubt, dass ein 'Deal' den Krieg endgültig beenden wird, selbst wenn die Verhandlungen schließlich zu einem fragilen Waffenstillstand führen sollten. Ein gerechter Frieden, bei dem die Menschen nach der Befreiung des gesamten ukrainischen Territoriums heimkehren würden, Russland Reparationszahlungen leisten würde und Wladimir Putin in Den Haag vor Gericht stünde, ist in absehbarer Zeit unerreichbar", ist die KYIV POST überzeugt.
Die Zeitung LA PRENSA aus Buenos Aires führt aus: "Westliche Medien behaupten immer wieder, Russland gingen die Waffen oder die Soldaten aus. Aber steckt Russland nun wirklich in der Klemme oder hat der Westen seine langfristigen Fähigkeiten unterschätzt? Inzwischen verfügt Moskau über ein enormes Raketenarsenal. Der Grund ist, dass Russland seine industrielle Basis aus der Sowjetzeit nie vollständig abgebaut und bei Beginn des Ukraine-Kriegs die alten Fabriken wieder reaktiviert hat. Im Unterschied dazu müssen die Europäer jetzt ihre Lieferketten von Grund auf neu aufbauen", betont die argentinische Zeitung LA PRENSA.
In Polen steht die Stichwahl um das Präsidentenamt an. "Polnische Wahlen, deutsche Emotionen", titelt die polnische RZECZPOSPOLITA und schreibt: "Besorgt – so könnte man die Kommentare und Artikel beschreiben, die seit einigen Wochen die deutschen Medien und die deutsche Politik mit Blick auf die Präsidentschaftswahl in Polen dominieren. Das in den sozialen Medien sichtbare Ausmaß der emotionalen Beteiligung mancher deutscher Politiker und Journalisten an den polnischen Wahlen liegt dieses Mal sogar über dem Durchschnitt. In ihren Kommentaren findet man daher häufig die Meinung, aus deutscher Sicht stehe bei den polnischen Wahlen alles auf dem Spiel", notiert die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Die FINANCIAL TIMES analysiert: "Sollte Karol Nawrocki den Mitte-Rechts-Kandidaten Rafal Trzaskowski schlagen, wird er wahrscheinlich - wie schon der scheidende Präsident Andrzej Duda - alle Versuche der Koalitionsregierung blockieren, die Unabhängigkeit der Justiz wiederherzustellen und andere demokratische Reformen durchzuführen. Europas Populisten sind unter Nutzung der sozialen Medien zu Meistern der Polarisierung, Vereinfachung und Denunziation geworden. Gemäßigte Parteien brauchen eine mutigere Politik, sichtbare Ergebnisse und überzeugende Persönlichkeiten, um ihnen zu begegnen. Mit behäbigem Zentrismus kann das nicht gelingen. Wenn sie nicht anfangen zu liefern, könnten weit rechtsstehende Parteien, die jetzt den zweiten Platz belegen, beim nächsten Mal gewinnen", warnt die FINANCIAL TIMES aus London.
Die norwegische Zeitung VERDENS GANG hält fest: "Gewinnt Nawrocki die Wahlen, kann er sein Veto gegen Gesetze der Regierung Tusk einlegen und auch die Außenpolitik beeinflussen. Polen spielt eine wichtige Rolle in der EU. Niemand in der NATO wendet einen höheren Anteil seines BIP für Verteidigung auf als Polen. Premier Tusk steht zusammen mit den Staatsführern aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien an der Spitze der Unterstützung für die Ukraine. Nawrocki ließ sich dagegen erst kürzlich an der Seite Trumps fotografieren. 'Du wirst gewinnen', erklärte der US-Präsident. In Rumänien mögen die Ultrarechten verloren haben - aber in Polen können sie nach wie vor gewinnen", mahnt VERDENS GANG aus Oslo.
Die Lage im Gazastreifen ist Thema in der italienischen Tageszeitung CORRIERE DELLA SERA: "Israel ist nicht besiegt, aber es verliert dennoch. Die Hamas, die sich in den Trümmern Gazas verschanzt hat, ist zwar schwer getroffen, aber sie existiert noch und leistet weiterhin Widerstand. Ohne eine massive und dauerhafte militärische Besetzung des Gazastreifens ist es nahezu unmöglich, sie zu vernichten. Israel befindet sich in einer Sackgasse. Das Vorgehen ähnelt zunehmend einer Ausrottung. Eine Ausrottung, die jedoch eine Besonderheit aufweist: Sie könnte jederzeit gestoppt werden, wenn nur diejenigen, die behaupten, die Ausgerotteten zu vertreten - nämlich die Hamas - beschließen würden, die wenigen überlebenden Geiseln freizulassen. Was die Terroristen in ihrem Zynismus natürlich nicht tun werden. Sie halten die gesamte palästinensische Bevölkerung Gazas als weitere Geiseln", kritisiert der CORRIERE DELLA SERA aus Mailand.
Die palästinensische Zeitung AL AYYAM aus Ramallah beobachtet: "Die europäische Haltung gegenüber Israels Krieg im Gazastreifen hat sich rapide verändert. Zu befürchten ist allerdings, dass die Hamas die Europäer so versteht, als unterstützten sie nun deren weitere Herrschaft. Das wäre ein großer Fehler. Denn tatsächlich sympathisieren die Europäer zwar mit den Palästinensern und lehnen das Vorgehen Israels im Gazastreifen ab. Doch genauso entschieden sind sie gegen die Hamas. So liegt der Ball weiter im Spielfeld der Hamas, die Israel alle Argumente für die Fortsetzung des Krieges nehmen könnte, indem sie die Geiseln freiließe", argumentiert AL AYYAM.
Die israelische Zeitung HAARETZ kritisiert: "Es gibt keine Erklärung, geschweige denn eine Rechtfertigung für Israels Vorgehen im Gazastreifen. Es ist ein Rachefeldzug, der völlig außer Kontrolle geraten ist. Er wird aus politischen Gründen fortgesetzt. Er verfolgt weder militärische noch diplomatische Ziele und findet keine internationale Unterstützung. Und er wird auf Kosten der Geiseln geführt. Es ist nicht zu erwarten, dass die Regierung oder der Mann, der sie führt, zu dem Schluss kommen, dass die Zeit gekommen ist, die Waffen niederzulegen. Die extreme Rechte strebt einen ewigen Krieg an, um Gaza zu besetzen, die Palästinenser zu vertreiben und den Boden für jüdische Siedlungen zu bereiten."