27. Mai 2025
Die internationale Presseschau

Themen sind heute die Auswirkungen der US-Zollpolitik auf Südostasien und der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Doch zunächst geht es um den zunehmenden internationalen Druck auf Israel angesichts seines Vorgehens im Gaza-Krieg.

Israelische Streitkräfte bewegen sich mit Panzern entlang der Grenze zum Gazastreifen im Süden Israels (Archivbild vom 19. Mai 2025).
Großoffensive in Gaza (Ohad Zwigenberg/AP/dpa)
AL AYYAM aus Ramallah schreibt dazu: "In den europäischen Hauptstädten steigt der Unmut über den anhaltenden Feldzug Israels im Gazastreifen. Viele europäische Länder sprechen immer lauter darüber, dass Israel seine Verpflichtungen zur Wahrung der Menschenrechte nicht einhält. Zugleich bereiten sich einige Staaten offenbar darauf vor, einen palästinensischen Staat anzuerkennen", beobachtet AL AYYAM.
Die tschechische PRÁVO befasst sich mit den jüngsten Äußerungen des deutschen Regierungschefs zum Thema Waffenlieferungen: "Wer hätte gedacht, dass der neue deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz mit so viel Elan die Aufgabe angehen würde, Deutschland aufzurüsten und zum sicherheitspolitischen Führer in Europa zu machen? Merz verspricht dabei, dass die Regierung nicht nur unterscheiden will, wohin sie Soldaten oder Waffen schickt, sondern auch, wozu sie eingesetzt werden. Seine jüngste Kritik an Israels aktuellen Einsätzen in Gaza ist ein Beleg dafür. Der Bundeskanzler hat diese nicht nur scharf kritisiert, was ein großes deutsches Novum ist, sondern auch angedeutet, dass eine solche Aktion nicht weiter mit den deutschen Waffen unterstützt werden kann, mit denen die Deutschen Israel schon lange unterstützen", konstatiert PRÁVO aus Prag.
"Der einzige Hoffnungsschimmer in dieser Finsternis ist die täglich wachsende Empörung der internationalen Gemeinschaft, die ihren Druck auf Israel verstärkt", findet die in Paris erscheinende LIBÉRATION und fährt fort: "Die Verhandlungen zwischen Europa und den arabischen Ländern, die versuchen, das Blutvergießen zu stoppen, müssen unterstützt und beschleunigt werden. Dabei muss man sich bewusst sein, dass Netanjahu - je mehr er sich in die Enge getrieben fühlt - den Kriegsdruck auf Gaza und das Westjordanland erhöhen könnte, um sich die - für ihn lebenswichtige - Unterstützung der israelischen Extremisten zu sichern", mahnt LIBÉRATION aus Frankreich.
Ähnlich sieht es THE INDIAN EXPRESS aus Neu-Delhi: "Der zunehmende Druck seitens der internationalen Verbündeten Israels ist, wenn auch verspätet, zu begrüßen. Der deutliche Wechsel in ihrem Ton ist notwendig. Durch die fortgesetzte Blockade der humanitären Hilfe und die Eskalation seiner Militäraktion fügt Israel der Zivilbevölkerung des Gazastreifens unermessliches Leid zu. Mit dieser Strategie wird die Hamas nicht besiegt und es werden nur weitere Gewalt und Instabilität geschürt. Die Weltmächte, einschließlich der USA, müssen zusammenarbeiten, um Israel zu bremsen", ist THE INDIAN EXPRESS überzeugt.
YOMIURI SHIMBUN aus Japan analysiert die Haltung von US-Präsident Trump in dem Konflikt: "In letzter Zeit scheint seine Frustration über Netanjahu zuzunehmen. Trotzdem hat Trump bei seiner jüngsten Nahost-Reise weder eine Station in Israel gemacht noch sich über die Lage im Gaza-Streifen geäußert. Der US-Präsident muss endlich verstehen, dass er sich ernsthaft an den Bemühungen für eine Waffenruhe beteiligen muss. Anders ist eine Stabilisierung der Region nicht zu verwirklichen und das würde auch das Interesse der USA weiterhin bedrohen", erinnert YOMIURI SHIMBUN aus Tokio.
Auch beim nächsten Thema geht es zunächst um den US-Präsidenten: Angesichts der jüngsten russischen Angriffswelle gegen die Ukraine äußert sich die norwegische Zeitung VERDENS GANG so: "Es ist positiv, dass Trump allmählich erkennt, wie schlimm die Lage ist. Er sieht, dass Putin die ganze Ukraine will, und er warnt für diesen Fall vor dem Untergang Russlands. Es ist nicht ganz klar, was Trump damit meint. Aber nach all seinen provozierenden Äußerungen zum Krieg ist das ein Schritt in die richtige Richtung und ein Zeichen, dass er sich langsam dem europäischen Realitätsbegriff annähert. Hoffentlich erkennt Trump, dass man Putin nicht mit Worten zur Vernunft bringen kann. Aber wird er sich dann auch zum Handeln entscheiden? Die schlimmste Alternative wäre, dass er aufgibt, sich zurückzieht und den Krieg den Europäern überlässt", warnt VERDENS GANG aus Oslo.
Die dänische Zeitung POLITIKEN gibt zu bedenken: "Die USA wollen sich aus Europa zurückziehen und Trump sät fast täglich Zweifel an der Verlässlichkeit der NATO. Wenn es nicht schon zuvor deutlich war, dann spätestens jetzt: Der Krieg in der Ukraine steht und fällt mit Europa. Wir sind es, die verhindern müssen, dass Putins Aggression belohnt wird. Die Ukraine wehrt sich tapferer, als man es hätte erwarten können, aber sie schafft es nicht allein. Natürlich werden wir versuchen, die USA so lange wie möglich im Boot zu halten, aber die Verantwortung für das Ergebnis des Krieges liegt bei uns. Dänemark übernimmt als nächster EU-Ratspräsident viel Verantwortung. Die Sanktionen gegen Russland müssen weiter verschärft werden, damit wir den Krieg nicht länger mitfinanzieren. Außerdem muss Europa so aufgerüstet werden, dass wir uns und unsere Werte auch ohne die USA verteidigen können. Es geht nicht darum, was Trump sagt und twittert, sondern was wir selbst tun“, betont POLITIKEN aus Kopenhagen.
Auch POSTIMEES aus Tallinn empfiehlt, sich auf ein Ende der US-Unterstützung einzustellen: "Auf jeden Fall muss Europa vorbereitet sein, wenn im Juni die noch unter Biden verabschiedete Hilfe für die Ukraine ausläuft, denn es ist noch nicht sicher, wie es damit unter Trump weitergeht. Europa muss bereit sein, die Ukraine noch stärker als bislang zu unterstützen, denn Russland ist der Aggressor und versteht nur die Sprache der Stärke. Trump behauptet, er wolle ein Ende des Blutvergießens in der Ukraine erreichen. Wenn dem so ist, dann ist jetzt die Zeit zum Handeln gekommen", fordert die estnische POSTIMEES.
LA REPUBBLICA stellt bei der deutschen Regierung einen Kurswechsel in der Ukraine-Politik fest: "Der neue Bundeskanzler Friedrich Merz sitzt zwar erst kurz im Sattel, aber er spielt eindeutig eine führende Rolle in der Koalition der Willigen, der Vorhut der europäischen Länder, die die Ukraine angesichts der amerikanischen Unberechenbarkeit weiterhin unterstützen wollen. Merz verfolgt eine Doppelstrategie: den Weg zum Frieden zu suchen und die USA am Verhandlungstisch zu halten."
Zum letzten Thema: Nach ihrem Gipfeltreffen haben die südostasiatischen ASEAN-Staaten auch mit dem Golf-Kooperationsrat und China über die Auswirkungen der amerikanischen Zollpolitik gesprochen. Die in Singapur erscheinende Tageszeitung LIANHE ZAOBAO räumt ein: "Zwar verfügt der Verband Südostasiatischer Nationen nicht über denselben Einfluss wie die Europäische Union, aber immerhin ist es weltweit der fünftgrößte Wirtschaftsblock mit einer Bevölkerung von über 600 Millionen Menschen. US-Präsident Trump scheint indes kein Interesse an einem Gipfeltreffen mit der ASEAN zu haben, sondern möchte die einzelnen Staaten lieber gegeneinander ausspielen. Einige sind bereits eingeknickt, statt auf Solidarität zu setzen. Das deutlichste Beispiel dafür ist Indonesien, das seine Energielieferungen nun nicht mehr aus Singapur, sondern aus den USA bezieht. Eine bessere Strategie wäre es, die Fühler in Richtung EU auszustrecken, die bereits großes Interesse an Freihandelsabkommen mit ASEAN-Ländern bekundet hat", lautet die Empfehlung von LIANHE ZAOBAO aus Singapur.
Die SOUTH CHINA MORNING POST aus Hongkong sieht die Region Südostasien gut aufgestellt: "Der weltweite Zollkrieg der Vereinigten Staaten hat dem Handel und der Zusammenarbeit zwischen anderen Ländern nicht geschadet. Er hat sie veranlasst und angespornt, ihre eigenen Beziehungen zu pflegen und auszubauen. Es gibt in diesem Teil der Welt kein besseres Beispiel als China - die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt - und Indonesien, die größte Volkswirtschaft Südostasiens, die auch Chinas größter Markt ist." Mit dieser Stimme der SOUTH CHINA MORNING POST endet die Internationale Presseschau.