
"Donald Trump lässt sich nicht gerne mit einem Nein abspeisen. Daher überrascht es kaum, dass er nur wenige Minuten, nachdem amerikanische Richter das Inkrafttreten seiner Zölle blockiert hatten, Berufung einlegte und deren Autorität infrage stellte. In der Nacht entschied nun ein Berufungsgericht, die Zölle vorübergehend aufrechtzuerhalten, während das Verfahren weiter verhandelt wird. Trump hat Unternehmen und Kunden weltweit – auch hier in Australien – geschadet und wird dies weiterhin tun", ist die Zeitung THE AGE aus Sydney überzeugt.
Die spanische Zeitung EL PAIS aus Madrid sieht den anhaltenden Streit vor Gericht als Belastung für Trumps Agenda: "Damit hängt der Kern seiner Wirtschaftspolitik von einem Tag auf den anderen in der Schwebe. Fast zwei Monate nach der lächerlichen Inszenierung des 'Tags der Befreiung' kann Trump keinen nennenswerten handelspolitischen Erfolg vorweisen – nur Chaos und nervöse Märkte."
Nach Einschätzung des WALL STREET JOURNAL müsste der US-Präsident sich nicht auf einen angeblichen Notstand berufen: "Es gibt andere Gesetze, die Trump zur Verhängung von Zöllen nutzen könnte. Die meisten davon sind aber weniger weitreichend als seine Notstandsbestimmungen. Klüger wäre es, wenn Trump das Urteil des Handelsgerichts als das politische Geschenk beherzigen würde, das es ist, und seine Präsidentschaft und die Wirtschaft von seiner zerstörerischen Besessenheit für Zölle befreit."
Die polnische RZECZPOSPOLITA beklagt, Trumps Motive seien weiterhin im Unklaren und warnt: "Er glaubt womöglich tatsächlich, hohe Zölle seien ein Segen für die US-Wirtschaft. Er weicht nur taktisch zurück, wenn er mit einer übermäßig wütenden Marktreaktion konfrontiert wird, nur um wenige Tage später zu seiner protektionistischen Strategie zurückzukehren. Wie dem auch sei – die EU hat bis zum 9. Juli Zeit, mit den USA über die Rahmenbedingungen der Wirtschaftsbeziehungen zu verhandeln. Dann werden wir vielleicht sehen, was der US-Präsident wirklich will. Oder er überrascht uns erneut, und wir bleiben weiterhin im Ungewissen", notiert die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Die mexikanische Zeitung LA CRONICA DE HOY erwartet: "Alles deutet darauf hin, dass die erpresserische Zollpolitik Trumps am Ende vor dem Supreme Court landen wird - und dort kann der Präsident auf sechs von neun Richtern zählen, die klar seine Ideologie teilen. Trumps Zollchaos wird damit weiter für Schwankungen an den Märkten sorgen, und die Unsicherheit könnte durch einen weiteren Faktor verstärkt werden, der mit Trumps Persönlichkeit zu tun hat: Nichts ist gefährlicher, als einen Tyrannen als Feigling zu bezeichnen, weil seine Reaktionen überaus gewalttätig ausfallen können." Das war LA CRONICA DE HOY aus Mexiko-Stadt.
Die diplomatischen Spannungen zwischen Washington und Peking nehmen weiter zu. US-Außenminister Rubio hat angekündigt, dass seine Regierung die Visa für chinesische Studenten widerrufen wird, insbesondere derjenigen, die Verbindungen zur Kommunistischen Partei Chinas haben oder in kritischen Bereichen studieren. Die chinesische Staatszeitung HUANQUI SHIBAO zeigt sich erzürnt: "Dies ist eine vollständige Zerstörung des Prinzips internationaler Zusammenarbeit in Wissenschaft und Bildung. Seit jeher ist Bildung eine Brücke zwischen den Völkern, auch in Zeiten politischer Differenzen. Doch mit diesem Vorgehen ist die US-Regierung dabei, genau diese Brücke zu zerstören und lässt den Geist der McCarthy-Ära aus den 50er Jahren wiederaufleben. Wo ist das vielbeschworene amerikanische Ideal von 'Freiheit und Offenheit'? Es ist unter Trump nur noch eine hohle Phrase. Washington muss zur Vernunft zurückkehren und damit aufhören, chinesische Studierenden zu Sündenböcken und Opfern innenpolitischer Machtspiele zu machen", fordert HUANQUI SHIBAO aus Peking.
Eine Gastkommentatorin der japanischen Zeitung ASAHI SHIMBUN aus Tokio überlegt: "Man könnte das als Sicherheitsmaßnahme betrachten. Die US-Regierung will verhindern, dass chinesische Studenten Informationen über Spitzentechnologie aus amerikanischen Universitäten entwenden. Aus Sicht der Führung in Peking ist das ganze Vorgehen allerdings ein Eigentor von Washington, da die USA unter Trump immer stärker zum Autoritarismus neigen"
Nun in den Nahen Osten. Die israelische Regierung zeigt sich offen für einen neuen US-Vorschlag für eine Feuerpause im Gazastreifen. Wie das Weiße Haus mitteilte, hat die Regierung von Ministerpräsident Netanjahu dem Plan des US-Sondergesandten für den Nahen Osten, Witkoff, zugestimmt. Die Hamas prüfe derzeit die Bedingungen. Dazu schreibt die israelische Zeitung HAARETZ: "Wir können nur hoffen, dass diese Vereinbarung nicht wieder in bitterer Enttäuschung endet. Jetzt ist die Zeit für große, mutige Entscheidungen. Die meisten Israelis werden Premierminister Netanjahu nicht verzeihen, wenn er die Geiseln und die Bewohner des Gazastreifens weiterhin einem brutalen Schicksal überlässt. Es gibt keine Ausreden mehr. Wir müssen darauf hoffen, dass auch die Hamas zustimmt. Der Kreislauf der Gewalt und des Blutvergießens der vergangenen anderthalb Jahre muss beendet werden. Die Zeit der Kriegstreiber und Träumer von verzerrten Visionen von Siedlungen und Besatzung in Gaza ist vorbei. Das Leiden in Gaza muss ein Ende haben. Eine Einigung muss jetzt erzielt werden", verlangt HAARETZ aus aus Tel-Aviv.
Auch die palästinensische Zeitung AL QUDS sieht Chancen für einen Waffenstillstand im Gazastreifen. "Washington hat eine Vision für den Nahen Osten und eröffnet damit Chancen für langfristige Stabilität in der Region. In deren Folge könnte nun auch der Krieg in Gaza beendet werden. In der Praxis käme das Israel insofern entgegen, als dieser Krieg in jeder Hinsicht äußerst kostspielig geworden ist", analysiert AL QUDS aus Ramallah.
Israel will neue Siedlungen im besetzten Westjordanland schaffen. Dazu heißt in der niederländischen Zeitung TELEGRAAF: "Die Gründung eines palästinensischen Staates rückt damit noch weiter in die Ferne. Während die Augen der Welt auf den Gazastreifen gerichtet sind, unternimmt Israel systematisch Schritte, um de facto einen Teil des Westjordanlandes zu annektieren. Treibende Kraft hinter der umstrittenen Politik ist Bezalel Smotrich, der neben seinem Amt als Finanzminister auch einen Posten im Verteidigungsministerium innehat, wo er für den Siedlungsbau zuständig ist. Er sieht jetzt die Möglichkeit, 'biblisches Land' zurückzuerobern", unterstreicht DE TELEGRAAF aus Amsterdam.
Zum Schluss einen Blick nach Berlin, wo Bundeskanzler Merz den ukrainischen Präsidenten Selenskyj empfangen hat. Die finnische Zeitung ILTA-SANOMAT erläutert: "Deutschland ist Europas größte Volkswirtschaft und der zentrale Machtfaktor in der EU. Daher ist es für Europa und damit auch für Finnland außerordentlich wichtig, welche Richtung die neue deutsche Regierung einschlägt. Merz strebt nicht weniger an, als Deutschland zur stärksten Militärmacht Europas zu machen, und auch bei der militärischen Unterstützung der Ukraine vollzieht Deutschland eine Kehrtwende. Der Bundeskanzler hat gemeinsam mit Selenskyj die Absicht beider Länder bekannt gegeben, Langstreckenwaffen und andere Systeme für die Verteidigung der Ukraine zu entwickeln und zu produzieren. Es wird Zeit brauchen, bis die von Merz angestoßenen Reformen wirken, aber man kann schon jetzt sagen, dass Deutschland ein ganz anderes Land ist als unter dem zaghaften Olaf Scholz und der zögerlichen Angela Merkel. Dieser grundlegende Kurswechsel wird Deutschland und ganz Europa stärken - und vor allem kommt er keine Sekunde zu früh."