31. Mai 2025
Die internationale Presseschau

Mit Stimmen zum Abgang von US-Regierungsberater Musk, der Naturkatastrophe im Schweizer Wallis und der Präsidentschaftswahl in Polen. Zunächst geht es jedoch um die Friedensbemühungen im Ukraine-Krieg. Am Montag könnte es in Istanbul zu erneuten Waffenruhe-Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine kommen.

Ukraines Präsident Selenskyj
Kommt es im Ukraine-Krieg zu erneuten Friedensgesprächen in Istanbul? Die Ukraine ist bislang noch zurückhaltend. (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Evgeniy Maloletka)
Die aserbaidschanische Zeitung MÜSAVAT schreibt: "Russland stellt weiterhin Forderungen, die Friedensgespräche blockieren. Die russische Führung will ihre neoimperialistische Position und aggressiven Pläne nicht aufgeben. Die Folgen der bisherigen Falschpropaganda über den Ukraine-Krieg in der russischen Gesellschaft lassen dem Kreml keinen Spielraum für einen Rückzug. Je länger der Krieg anhält, desto tiefer versinkt Russland im Kriegssumpf. Dass der russische Außenminister Sergej Lawrow der Ukraine trotzdem ein neues Treffen am Montag in Istanbul angeboten hat, zeigt die Besorgnis des Kremls", mutmaßt MÜSAVAT aus Baku.
Die türkische Zeitung AKŞAM kritisiert die EU-Sanktionen, die nach den letzten Friedensgesprächen verhängt werden sollten: "Beim ersten Treffen wurde der Austausch von jeweils 1.000 Gefangenen vereinbart. Solche Schritte sind in Verhandlungsprozessen als vertrauensbildende Maßnahmen sehr wertvoll. Die EU-Länder hatten jedoch angekündigt, dass sie umfangreiche Sanktionen verhängen würden, wenn Russland in diesen Gesprächen keine 30-tägige vorübergehende Waffenruhe akzeptieren würde. Der russische Präsident Putin hat diese von Europa diktierte Bedingung nicht akzeptiert, die EU hat daraufhin keine neuen Sanktionen verhängt. Die Türkei hingegen tut alles, damit die Gespräche weitergehen. Es könnte im weiteren Verlauf auch zu einem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs in Istanbul kommen, bei dem schnelle Schritte für einen Frieden unternommen werden", betont AKŞAM aus Istanbul.
Die WASHINGTON POST äußert sich pessimistischer: "Putins Fehler, heute wie zu Beginn des Kriegs, besteht darin, den Kampfeswillen der Ukraine zu unterschätzen. Drei Jahre nach Kriegsbeginn hat er es nicht einmal geschafft, die Kontrolle über die Region Donezk zu erlangen, geschweige denn über das Land selbst. Russland und die Ukraine befinden sich in einer Todesspirale. Tragischerweise könnte dieser Krieg noch Jahre andauern und beide Seiten in blutigem Verderben zurücklassen – und das Risiko eines größeren europäischen Krieges erhöhen. US-Präsident Trump könnte das Blutbad nur stoppen, indem er die Kosten für Putin deutlich erhöht. Andernfalls werden die Raketen weiterfliegen", ist die WASHINGTON POST überzeugt.
Themenwechsel. US-Präsident Trump hat den Unternehmer Musk im Weißen Haus offiziell als Regierungsberater verabschiedet. Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG spricht von einem "grandiosen Scheitern": "Etwas über hundert Tage lang irrlichterte Elon Musk durch Washington. Er wedelte mit der Kettensäge auf der Bühne herum, schlief im Weißen Haus und verursachte mit seinen Hauruck-Entlassungen Zehntausender Beamter Chaos. Unüberlegte, sicherheitsrelevante Kürzungen wie etwa bei der Nuklearbehörde machten Schlagzeilen. Kriegsveteranen, die im November mehrheitlich für Trump gestimmt hatten, organisierten Protestmärsche im ganzen Land, weil sie ihre Gesundheitsversorgung bedroht sahen. Von Anfang an fehlten eine klare Strategie und ein realistisches Vorgehen. Musk rekrutierte blutjunge Mitarbeiter und schickte sie mit ambitiösen monetären Leistungszielen in die Departemente. Von der Materie und den Verwaltungsregeln verstanden sie nichts", fasst die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG zusammen.
"Niemand wird Musk vermissen", notiert die EL PAIS aus Madrid. "Trump und Musk haben gestern einen freundschaftlichen Abschied inszeniert. Musks Weggang aus Washington, um zu seinen Unternehmen zurückzukehren, verbirgt in Wirklichkeit ein Scheitern seines anarcho-kapitalistischen Kreuzzugs gegen den Staat. Er versprach, die Ausgaben um zwei Billionen Dollar zu senken, kann jedoch kaum beweisen, dass er tatsächlich 160 Milliarden Dollar gekürzt hat."
"Musks Vermächtnis ist Krankheit, Hunger und Tod", heißt es in der NEW YORK TIMES. "Ein Ziel hat Musk mit Hilfe seiner Lakaien erreicht: Er hat die US-Entwicklungsbehörde USAID erschüttert. Mehr als 80 Prozent der internationalen Hilfsgelder wurden gestrichen. Schätzungen der Boston University zufolge hat dies bereits zu rund 300.000 Todesfällen in armen Ländern geführt. Die meisten waren demnach Kinder. Wenn es Gerechtigkeit auf der Welt gäbe, wäre Musk nie in der Lage, seinen Ruf wiederherzustellen, zumindest nicht, ohne den Großteil seines Vermögens dafür zu verwenden, das Elend zu lindern, das er verursacht hat."
Die norwegische Zeitung VERDENS GANG meint: "Das Vertrauen in Musks Urteilsvermögen hat eindeutig einen Knacks bekommen, zumal er als Vertreter der MAGA-Bewegung besonders gründlich von Medien unter die Lupe genommen wurde. Sicher ist es zu früh, den Tech-Oligarchen abzuschreiben, der nach wie vor Autos produziert, die viele Kunden kaufen wollen. Musk erlebte schon früher schlechte Zeiten und erholte sich dann wieder. Und der Hintergrund seiner Arbeit war eigentlich richtig: In Trumps Amerika bräuchte es aktuell mehr denn je einen Sonderbeauftragten, der Verschwendung und Korruption Einhalt gebietet." So weit VERDENS GANG aus Oslo.
Der Schweizer TAGES-ANZEIGER kommentiert den Gletscherabbruch im Wallis, durch den das Dorf Blatten verschüttet wurde: "Man muss sich das einmal vorstellen: Seit Jahrmillionen stehen diese Berge dort im Tal. Groß, mächtig und unverrückbar. Und dann kommen Wissenschaftler, die sagen: 'In den nächsten Tagen stürzt hier was herunter.' Das hätten ihnen ihre Messgeräte gezeigt, mit denen sie seit Jahren tief ins Gestein hineinhorchen und feinste Erschütterungen registrieren. Blatten wird zum Symbol werden für die Wucht der Natur. Aber auch für die Stärke des Menschen. Blatten zeigt eindrücklich, wie gut wir uns dank moderner Wissenschaft mittlerweile gegen die schlimmsten Folgen von Naturkatastrophen wappnen können", betont der TAGES-ANZEIGER aus Zürich.
Von einer "Katastrophe auf Raten" spricht die KLEINE ZEITUNG aus Kärnten: "Der Klimawandel hat die Tragödie von Blatten kaum unmittelbar ausgelöst. Das hat eine fatale Kaskade aus Witterung, Felsbruch, Gletscherbewegung und Siedlungsstruktur im Zusammenspiel mit der Schwerkraft erledigt. Unbestritten ist aber, dass die globale Erwärmung Bedingungen schafft, die solche Katastrophen begünstigen. Mit dem Schwinden der Gletscher und dem Tauen des Permafrosts zerbröselt, was bisher fest verbunden war. 'Jahrhundertereignisse' wie jenes im Wallis sind in Wahrheit längst keine solchen mehr, sondern reihen sich in steigender Frequenz und Wucht aneinander. Je wärmer es wird, desto augenscheinlicher werden die Konsequenzen", mahnt die österreichische KLEINE ZEITUNG.
Zuletzt noch ein Kommentar zur Präsidentschaftswahl in Polen. Umfragen zufolge könnte es in der morgigen Stichwahl ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem liberalen Pro-Europäer Trzaskowski und seinem rechtsnationalistischen Konkurrenten Nawrocki geben. "Polen verdient Ehrlichkeit", titelt die polnische GAZETA WYBORCZA: "Sofern der rechtskonservative Nawrocki gewinnt, könnte Polen ein Land werden, das in einen beispiellosen Machtkampf stürzt, weil das neue Staatsoberhaupt seine Hauptaufgabe darin sieht, die Arbeit der Koalitionsmehrheit zu lähmen. Wir stehen vor der Wahl zwischen einem ehrlichen Menschen, der respektvoll über jeden Polen spricht, und einem Mann, der damit prahlt, an Hooligan-Kämpfen teilzunehmen und seine Freunde aus der Unterwelt nicht zu verleugnen. Es ist auch eine zivilisatorische Entscheidung. Polen könnte einerseits eine liberale Demokratie sein, gleich für alle und europäisch - oder andererseits antidemokratisch und fremdenfeindlich. Ein Land, das die europäische Gemeinschaft zerstören will und die Ukraine dem imperialistischen Russland überlässt. Noch nie zuvor in der Polnischen Republik standen wir vor einer so dramatischen Entscheidung."