03. Juni 2025
Die internationale Presseschau

Mit Stimmen zu Lage im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine - zunächst aber zur Präsidentschaftswahl in Polen:

Mann in Anzug umringt von Menschen lacht und zeigt ein Victory-Zeichen: Polens kommender Präsident Karol Nawrocki feiert mit Anhängern seinen Wahlsieg.
Der Wahlausgang in Polen mit Sieger Karol Nawrocki ist Thema in den Zeitungen. (picture alliance / AP / Czarek Sokolowski)
Die spanische Zeitung EL MUNDO kommentiert: "Der knappe Wahlsieg des ultranationalistischen Nawrocki bedeutet einen schweren Rückschlag für den proeuropäischen Liberalismus und stellt zugleich den ersten großen Triumph für Donald Trump in Europa dar. Die Herausforderung für die EU ist enorm: Nur durch größere Geschlossenheit und Stärke lassen sich unsere Werte und Freiheiten verteidigen", ist in der Zeitung EL MUNDO aus Madrid zu lesen.
Die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA glaubt: "Für Karol Nawrocki ist Donald Trumps Politik ein Vorbild. Es deutet vieles darauf hin, dass der neue polnische Präsident Trumps politisches Handbuch umfassend nutzen wird. Das sichtbarste Signal hierfür ist derzeit der Kurswechsel in der Ukraine-Politik. Anders als seine Vorgänger Lech Kaczynski oder Andrzej Duda sieht Nawrocki unseren östlichen Nachbarn nicht in der NATO. Kurz vor dem Juni-Gipfel des Bündnisses in Den Haag signalisiert dies einen tiefen Riss in der neu gegründeten 'Koalition der Willigen' aus Frankreich, Deutschland, Großbritannien und Polen", notiert RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Die NEW YORK TIMES unterstreicht: "International festigt sich die transatlantische populistische Allianz. Es fällt schwer, 'Make America great again' als Projekt einer Isolation zu verstehen - es sei denn, man ignoriert die informellen Treffen, gemeinsamen Taktiken und ideologischen Rückkopplungen zwischen Populisten auf beiden Seiten des Atlantiks sowie die energischen Interventionen bei Wahlen in Europa – erfolglos in Deutschland und Rumänien, nun aber erfolgreich in Polen. Und diese Interventionen werden wahrscheinlich zunehmen, nachdem Nawrocki gezeigt hat, dass Menschen, die Trump auf Fotos unterstützt, in Europa gewinnen können", befindet die New York Times.
Die französische Zeitung LES DERNIÈRES NOUVELLES D'ALSACE erinnert: "Nawrocki ist ein Außenseiter ohne politischen Hintergrund - wie seinerzeit Trump. Er schließt sich der Allianz der europäischen Autokraten an, zusammen mit dem Ungarn Viktor Orban und dem Slowaken Robert Fico. 36 Jahre nach dem Fall der Mauer fällt ein Teil Osteuropas in ein reaktionäres Schema zurück, das dem sowjetischen Modell ähnelt, im Namen eines mythisch verklärten Vaterlandes und eines illusorischen Gemeinwohls, das von den Bürgerrechten weit entfernt ist", kritisiert DNA aus Straßburg.
Die Zeitung PRÁVO aus Prag bilanziert: "Die polnischen Wahlen haben gezeigt, dass die traditionelle Aufteilung der politischen Szene in Liberale und Konservative ihre Anziehungskraft auf junge Menschen verliert. In deren Augen büßen beiden Lager ihre Glaubwürdigkeit ein, weil sie sich weigern, über den Einfluss der Kirche, über soziale Ungleichheiten, Bildung oder Wohnraum zu sprechen. Außerdem sind Liberale und Konservative nach rechts gerückt und haben das Vertrauen der Mitte-Links-Wähler und der jungen Menschen verloren. Wo die politischen Parteien keine glaubwürdige Vision anbieten, gewinnt derjenige, der Gewissheit verspricht", folgert PRÁVO aus Tschechien.
ASAHI SHIMBUN aus Tokio sieht Auswirkungen auf Europa und führt aus: "Es ist zu befürchten, dass der Wahlsieg Nawrockis für die Rechten des gesamten Europas einen Aufwind bedeutet. Vor allem wenn die Regierung von Tusk zu Fall gebracht wird, während Deutschland oder Frankreich immer stärker nach rechts rücken. Zu befürchten ist außerdem, dass der Wahlsieg Nawrockis mittelfristig Schatten auf die Ukraine wirft", stellt ASAHI SHIMBUN aus Japan fest.
Die ungarische Zeitung NEPSZAVA gibt der Regierung eine Mitschuld am Wahlausgang: "Trotz des beeindruckenden Wirtschaftswachstums ist die Regierung von Ministerpräsident Donald Tusk im eigenen Land nicht sehr populär geworden. Die Drei-Parteien-Koalition von Tusk hat es nicht geschafft, das Erbe der Partei von Jaroslaw Kaczynski zu überwinden. Präsident Andrzej Duda blockierte Reformmaßnahmen, wo immer er konnte. Aber nicht nur Duda war schuld am Stillstand der Reformen: In mehreren Fragen konnte die Dreierkoalition keine gemeinsame Basis finden. Dies führte zum Sieg von Nawrocki", bemängelt NEPSZAVA aus Budapest.
Die Zeitung THE TIMES aus London argumentiert: "Warschau mit seinem historischen Misstrauen gegenüber Russland war einflussreich bei der Forderung nach einem höheren Verteidigungshaushalt der NATO und bei der Mobilisierung von Unterstützung für die Ukraine. Jetzt könnte die Entschlossenheit Polens langsam schwächer werden: Nawrocki hat sich gegen eine Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO ausgesprochen, und seine Konkurrenten, die spüren, dass man mit der Unterstützung der Ukraine Wahlen verliert, könnten diesem Beispiel folgen", glaubt THE TIMES aus Großbritannien.
Die niederländische Zeitung DE VOLKSKRANT geht auf den Drohnenangriff der Ukraine auf russische Militärflugplätze ein: "Russland steht als schwerfälliger Goliath da, der dank des Erfindungsreichtums eines beweglicheren David verwundbar ist. Dennoch ist der Angriff nur ein Pflaster auf einer immer noch wachsende Wunde. Die Ukraine ist seit drei Jahren das Ziel von Luftangriffen des russischen Aggressors, kam aber selbst mit den vom Westen zu seiner Verteidigung gelieferten Raketen kaum über die Grenze Russlands hinaus. Während die USA sich zurückziehen, verdient die Ukraine dabei die volle Unterstützung Europas. Die deutsche Entscheidung, die Ukraine bei der Produktion und Nutzung von Langstreckenraketen zu unterstützen, ist ein wichtiger neuer Schritt. Russlands Drohung mit einer Eskalation ist kein Argument in einem Krieg, der mit einer Eskalation begonnen hat", betont DE VOLKSKRANT aus Amsterdam.
Die aserbaidschanische Zeitung MÜSAVAT aus Baku schreibt: "In dem seit mehr als drei Jahren andauernden Krieg hat Putin drei schwere Rückschläge erlitten. Der erste war Prigoschins Militärputsch, der zweite die plötzliche Einnahme der Grenzgebiete der russischen Region Kursk durch die Ukraine. Der dritte war der Angriff auf Militärflughäfen, auf denen russische Atombomber lagern. Die Operation der Ukraine ist bewundernswert. Ihre Planung innerhalb Russlands ist ein doppelter Schlag für Russland und das Image Putins", unterstreicht MÜSAVAT aus Aserbaidschan.
DAGENS NYHETER aus Stockholm erklärt: "Bei dem berüchtigten Treffen im Weißen Haus mit Trump und Vance wurde Selenskyj aufgefordert, mehr Dankbarkeit zu zeigen. Aber vielmehr sollte der Westen der Ukraine dankbarer dafür sein, dass sie eine der größten Bedrohungen für Frieden und Freiheit so effektiv bekämpft – und das trotz der mangelnden Hilfe. Nicht zuletzt Friedensanhänger sollten froh sein, wenn russische Kampfbomber im Wert von mehreren Milliarden Euro zerstört werden", urteilt DAGENS NYHETER aus Schweden.
VERDENS GANG aus Oslo stellt heraus: "Am Sonntag hat Selenskyj eine Trumpfkarte ausgespielt, mit der er die Verwundbarkeit Russlands und die Schlagkraft der Ukraine demonstrieren konnte. Für Selenskyj ist das ein Propagandasieg, der überdies die Kampfmoral der Ukrainer stärkt. Lange behauptete Putin, seine sogenannte Spezialoperation laufe wie geplant und Russland siege an allen Fronten. Das aber ist weit von der Wirklichkeit entfernt, denn nichts läuft für Putin wie geplant, seit er zum umfassenden Krieg übergegangen ist", vermerkt die norwegische VERDENS GANG.
Und die lettische Zeitung NEATKARIGA RITA AVIZE aus Riga blickt voraus: "Viel hängt jetzt von dem NATO-Gipfel Ende des Monats in Den Haag ab. Wird es gelingen, Einigkeit zu demonstrieren? Wenn die USA als Verbündeter ausscheiden, müssen die Europäer glaubhaft demonstrieren können, dass sie gemeinsam dem Tyrannen entgegentreten – sonst ist womöglich im wahrsten Sinne des Wortes der Bär von der Kette."