
In einem Kommentar der NEW YORK TIMES heißt es: "Der US-Präsident setzt das Militär in einer amerikanischen Stadt ein und begründet dies mit lächerlichen Unwahrheiten über eine ausländische Invasion. Ein deutlicheres Zeichen auf dem Weg zur Diktatur kann man sich kaum vorstellen. Am Samstag, Trumps Geburtstag, plant er eine riesige Militärparade in Washington. Panzer wurden auf dem Weg in die Stadt fotografiert. An diesem Tag wird es im ganzen Land Demonstrationen unter dem Motto 'No Kings' geben. Hoffentlich wird Trumps Versuch, den Protest zu unterdrücken, diesen schlussendlich noch befeuern. Alle, die in einem freien Land leben wollen, mögen Angst haben, aber sie sollten sich nicht einschüchtern lassen", unterstreicht die NEW YORK TIMES.
Die japanische NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio befürchtet, dass das Vorgehen in L.A. nur ein Anfang sein könnte. "Im Jahre 2020, als Trump in seiner ersten Amtszeit einen Einsatz der Soldaten gegen die Protestierenden der Black-Lives-Matter-Bewegung androhte, hatte ihm sein damaliger Verteidigungsminister Esper noch davon abgeraten. In der aktuellen Regierung gibt es keine solche Persönlichkeit wie Esper. Das ist besorgniserregend."
Die russische NESAWISSIMAJA GASETA vermutet: "Die Unruhen in Kalifornien könnten der Demokratischen Partei in die Hände spielen. Sie könnte ihre Position stärken und ihr das geben, was den Demokraten lange gefehlt hat: eine populäre Führungspersönlichkeit, die die Anti-Trump-Proteste anführen kann. Die Rede ist von Gavin Newsom, dem Gouverneur Kaliforniens."
HOSPODARSKE NOVINY aus Prag glaubt dagegen, das von Trump herbeigeführte Szenario könnte sich im kommenden Jahr für dessen Republikanische Partei bei den Kongresswahlen als nützlich erweisen. "Trump hat in Los Angeles alles, was er braucht, um sich seinen Wählern in den Medien als starke Führungspersönlichkeit zu präsentieren und die durch seine aktuelle Wirtschaftspolitik verursachten Schwierigkeiten zu überspielen: eine Fehde mit einem starken politischen Rivalen - Gouverneur Newsom, der 2028 Präsidentschaftskandidat sein könnte - in einem traditionell demokratischen Staat über Trumps Kernthema, die Einwanderung. In den Augen von Donald Trump und seinen Anhängern ist das von den Demokraten kontrollierte Kalifornien eine Bastion des Widerstands, die es zu brechen gilt, ähnlich wie die Universitäten, die er als Zentren des politischen Widerstands betrachtet", so die tschechische Zeitung HOSPODARSKE NOVINY.
Die spanische Zeitung LA VANGUARDIA aus Barcelona sieht sich an die Schrecken aus Hollywood-Produktionen erinnert: "Nach dem Sturm auf das Kapitol im Januar 2021 liegt ein Vergleich mit manchen Dystopien nahe, die uns die amerikanische Literatur und Filmbranche präsentiert haben. Der Film Civil War von Alex Garland ist wohl noch frisch in Erinnerung, da er erst vor einem Jahr in die Kinos kam. Der Film schildert einen Krieg zwischen Regierungsanhängern und Sezessionisten, die das Weiße Haus einnehmen wollen", schreibt LA VANGUARDIA aus Barcelona und schickt hinterher: "Hoffentlich setzt sich die Vernunft durch und Trump sucht nicht nach Vorwänden, um mit seinen politischen Gegnern abzurechnen und sich eine weitere Amtszeit zu sichern."
Es dürfte nicht so einfach werden, Kalifornien als viertgrößte Wirtschaftsmacht der Welt in die Knie zu zwingen, überlegt die norwegische Zeitung DAGSAVISEN aus Oslo: "Es ist der pure Wahnsinn. Trump ist eben in erster Linie ein autoritärer Anführer. Solange ihn niemand aufhält, ist er bereit, den Staat gegen alle zu mobilisieren, die er für seine Gegner hält. Ein Vergleich mit Deutschland zu Beginn der 30er Jahre ist zwar dramatisch, aber das gilt auch für die aktuelle Lage. Der Kampf um die Demokratie findet jetzt statt.“
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG notiert: "Trump scheint Kalifornien – eine demokratische Hochburg – zu einem Exempel seiner harten Migrationspolitik machen zu wollen. Die Bilder der Gewalt und von Demonstranten mit mexikanischen Fahnen in ihren Händen sind für den Präsidenten ein Geschenk. Er nutzt sie, um seine Darstellung der Zuwanderung als 'Invasion' oder 'Besetzung' der USA zu stützen. Trump zwingt die Demokraten so zu einer schwierigen Gratwanderung. Ihre lockere Migrationspolitik hat sie im November den Wahlsieg gekostet", analysiert die Schweizer NZZ.
Schlagen wir nun die mexikanische Zeitung LA CRONICA DE HOY auf: "Mit seiner Entscheidung, tausende Nationalgardisten zu schicken, gießt Trump weiter Öl ins Feuer. Die Wut der Migranten über die willkürlichen Razzien wird dadurch nicht verschwinden. Diese Wut wird unterstrichen durch die mexikanischen Fahnen, die bei den Straßenprotesten geschwenkt wurden. Trump und seine Leute aber wollen auf Konfrontation gehen und gnadenlos durchgreifen. Mit der Zollpolitik der USA läuft es schlecht. Die Beziehung zu Elon Musk ist gescheitert. Trump versucht deshalb, verlorenen Boden gutzumachen und geht gegen Migranten vor", erklärt LA CRONICA DE HOY aus Mexiko-Stadt.
Die in Schanghai erscheinenden JIEFANG RIBAO beobachtet: "Die Befürchtungen nehmen zu, dass Trump sein Land in den Bürgerkrieg treiben könnte. In den Augen des Präsidenten ist Kalifornien die Hochburg der Demokraten und des liberalen Amerikas, eine Bastion der 'Wokeness' und ein Zufluchtsort für illegale Migranten. Die Kluft zwischen dem weltoffenen urbanen Amerika und dem konservativen ländlichen Amerika war noch nie so deutlich zu sehen wie jetzt.
Die ebenfalls in China erscheinende Zeitung TAKUNGPAO hebt hervor: "Chaotische Zustände, wie sie derzeit Los Angeles und anderen Städten der USA zu beobachten sind, herrschten vor sechs Jahren auch in Hongkong. Die Stadt stand damals am Rande des Abgrunds, aber inzwischen wurden dort Stabilität und Ordnung wiederhergestellt. Ob es Trump gelingen wird, das zerrissene Land mit eiserner Hand zu einen, ist zu bezweifeln. Das demokratische System der Vereinigten Staaten dient jedenfalls schon seit langem nicht mehr als Vorbild für die Welt, sondern ist inzwischen vielmehr zu einer Lachnummer verkommen." Das war TAKUNGPAO aus Hongkong, wo seit Jahren demokratische Proteste der Bürger immer wieder mit massiver Gewalt unterdrückt und verhindert werden.
Abschließend noch ein anderes Thema. Israels Armee hat das Schiff "Madleen" mit pro-palästinensischen Aktivisten um die Schwedin Greta Thunberg auf dem Weg von Sizilien in Richtung Gazastreifen gestoppt. Die türkische Zeitung NEFES findet: "Die islamische Welt kann sich von der Aktion eine Scheibe abschneiden. Aus Spanien, Frankreich, den Niederlanden, Ägypten, Brasilien und der Türkei machten sich zwölf mutige Menschen mit einem 18 Meter langen Boot auf den Weg, um humanitäre Hilfe nach Gaza zu bringen. Sie alle wussten, dass sie es nicht bis nach Gaza schaffen würden, dass Israel sie daran hindern würde. Doch Ziel war es, auf das Grauen aufmerksam zu machen, das vor den Augen der ganzen Welt begangen wird. Diese zwölf Menschen haben erreicht, was 55 muslimische Länder zwei Jahre lang nicht geschafft haben", kritisiert NEFES aus Istanbul und fragt: "Ob sich die muslimischen Länder dafür schämen?"
Die israelische Zeitung HAARETZ kritisiert die Regierung Netanjahu: "Es begann damit, dass das Außenministerium das Schiff abschätzig als 'Selfie-Yacht' oder 'Promi-Yacht' bezeichnete und hinzufügte, es handele sich um ein 'Medien-Gimmick', da sich weniger als eine Lastwagenladung Hilfsgüter an Bord befänden. Das ist absolut realitätsfern; vielleicht sogar eine diplomatische Dummheit. Eine Mission dieser Art hatte nie das Ziel, die zwei Millionen Bewohner des Gazastreifens zu ernähren, die Israel hungern lässt. Vielmehr sollte die Schiffsaktion Solidarität hervorrufen und Maßnahmen zur Beendigung des Krieges bewirken." So weit HAARETZ aus Tel Aviv. Und das war die internationale Presseschau.