16. Juni 2025
Die internationale Presseschau

Die Zeitungen aus aller Welt befassen sich weiter mit dem Angriff Israels auf den Iran und dessen Folgen. Außerdem geht es um die Lage in den USA und den heute beginnenden G7-Gipfel.

In einer Landschaft mit Wald stehen weiße Buchstaben. Die bilden das Logo für den G7-Gipfel in Kanada.
Konflikt in Kananaskis? Beim Gipfeltreffen der G7-Staats- und Regierungschefs wird auch US-Präsident Donald Trump anwesend sein. (imago / dts Nachrichtenagentur)
Dazu heißt es in einem Gastkommentar der chinesischen Zeitung HUANQIU SHIBAO: "Angesichts der äußerst instabilen Weltlage steht der diesjährige G7-Gipfel in Kanada ganz besonders im Fokus der Öffentlichkeit. Als Ergebnis des Kalten Krieges hat das G7-Format seit seiner Gründung vor genau 50 Jahren zum Zusammenhalt der sogenannten westlichen Welt beigetragen. Bis in die 1990er Jahre konnten die sieben reichsten Staaten der Welt die globale Wirtschaft so maßgeblich bestimmen. Heute aber sehen sich die G7 politisch wie ökonomisch immer stärker von einer globalisierten Weltordnung herausgefordert. Bei internationalen Konflikten ist die Staatengemeinschaft zwar stets bemüht, jedoch zusehends handlungsunfähig", merkt HUANQIU SHIBAO aus Peking an.
Die italienische Zeitung LA REPUBBLICA aus Rom ergänzt: "Vor diesem Hintergrund ist der G7-Gipfel in den kanadischen Bergen die Momentaufnahme einer wirren Welt. Eine G7-Gemeinschaft, die nicht in der Lage ist, die Kriege im Nahen Osten zu beenden - und selbst mit der Ukraine nicht zurechtkommt. So skizziert dieser Gipfel auch den Niedergang des Westens. Ein dystopisches Szenario."
Besorgt über die Weltlage ist auch die libanesische Zeiung ELAPH, die den Konflikt zwischen Israel und dem Iran kommentiert: "Völlig offen ist, wie sich die jüngsten Auseinandersetzungen beider Länder innenpolitisch auswirken könnten. Im Iran könnten die Angriffe das Regime intern schwächen und den Zorn der Bevölkerung schüren. Umgekehrt könnte das Regime sie auch ausnutzen, um die Bevölkerung unter dem Deckmantel des 'nationalen Zorns' hinter sich zu vereinen. In Israel hingegen könnte die Regierung innenpolitische Erfolge verbuchen. Doch auch das Gegenteil ist denkbar: Israels Angriff könnte sich als katastrophaler Fehlschlag erweisen", notiert ELAPH aus Beirut.
"Israel hat seine Chance ergriffen und bisher zahlt sich Kühnheit aus", bemerkt die französische Zeitung LE FIGARO: "Militärisch hat der jüdische Staat eindeutig die Oberhand. Die iranischen Vergeltungsmaßnahmen sind weniger intensiv, als man hätte befürchten können, sei es aus Mangel an Mitteln oder aus Angst. Dennoch wäre es unklug, bereits nach einigen Tagen auf eine Kapitulation des Irans zu warten. Israel wird seine Angriffe also weiter steigern müssen. Doch wenn der jüdische Staat mit dem Iran allein gelassen wird, besteht die Gefahr, dass er seinen Feind nur für kurze Zeit schwächt", überlegt LE FIGARO aus Paris.
Das WALL STREET JOURNAL aus den USA nimmt die Rolle der Vereinigten Staaten in den Blick: "Entscheidend für einen strategischen Sieg Israels wird sein, ob es gelingt, die wichtigsten iranischen Atomwaffenstandorte zu zerstören - und dieses Vorhaben verdient amerikanische Unterstützung. Die Gefahr besteht darin, dass der Iran in der Lage sein könnte, im Eiltempo eine Bombe zu bauen. Israel fehlt es an Bomben, die tief in die Erde eindringen, sowie an schweren Bombern, die diese abwerfen könnten, um die unterirdischen Atomanlagen im Iran stärker zu beschädigen. Die USA verfügen über beides. Präsident Trump scheint zu zögern. Doch eine neutrale Haltung der USA bedeutet einen längeren Krieg", meint das WALL STREET JOURNAL.
DE VOLKSKRANT aus den Niederlanden analysiert: "Offenbar steuert der israelische Ministerpräsident Netanjahu seinen eigenen Kurs, ohne Rücksicht auf die USA zu nehmen, seinen wichtigsten Verbündeten. Mit seinem Angriff auf den Iran hat Israel zielgerichtet genau den Weg der Diplomatie torpediert, den die Vereinigten Staaten einschlagen wollten. Die große Frage ist nun, ob sich US-Präsident Trump in einen Krieg hineinziehen lassen wird, den er nach eigenen Angaben nicht will", resümiert DE VOLKSKRANT aus Amsterdam.
THE AUSTRALIAN aus Sidney führt aus: "Ein Rätsel für künftige Historiker wird sein, inwieweit die USA gegen die israelischen Angriffe oder gar daran beteiligt waren. Hatte doch Trump kurz vor der Attacke Israels noch gesagt, dass Washington in den Gesprächen mit dem Iran 'ziemlich nah an einer guten Vereinbarung' sei."
"Eines ist sicher", stellt die tschechische Zeitung PRAVO aus Prag klar: "Der Konflikt zwischen Iran und Israel lenkt die Aufmerksamkeit der US-Amerikaner weg vom Krieg in der Ukraine. Zudem hat er das Potenzial, die Mittel weiter einzuschränken, welche die USA Kiew noch bereitstellen können. Und auch für Europa dürfte gelten, dass zwei Kriege in der Nachbarschaft die Kräfte überschreiten."
Die Rolle von Russlands Präsident Putin in dem Konflikt beleuchtet ein Gastkommentar der japanischen Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN: "Putin sieht in der jüngsten Eskalation in Nahost die Chance zur Stärkung seiner eigenen Position. Bei einem Telefonat mit seinem amerikanischen Amtskollegen Trump am Wochenende hat er offenbar seine Forderung nach Verhandlungen bekräftigt, um sich als Friedensvermittler zu verkaufen. Putin glaubt wohl, das könne ihm Punkte für sein Land einbringen - auch aus den westlichen Staaten. Die angespannte Lage zwischen Israel und dem Iran will er geschickt ausnutzen, nicht nur um seinen Einfluss zu erhöhen, sondern auch, um die internationale Aufmerksamkeit weg vom russischen Anriffskrieg in der Ukraine zu lenken", glaubt NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Eine völlig andere Auffassung hat die russische Zeitung MOSKOWSKI KOMSOMOLEZ: "Der Nahe Osten steht wieder in Flammen. Und die übrige Welt? Sie fordert wie gewöhnlich, weitere Eskalationen zu vermeiden. Zahnlos und vorhersehbar. Jetzt müssen die Führer der Supermächte ran. In Brüssel, Paris und Berlin haben sie deshalb mit den Zähnen geknirscht - aber Trump und Putin haben zumindest geredet, auch über eine Vermittlerrolle Moskaus", bilanziert MOSKOWSKI KOMSOMOLEZ.
Nun in die USA. Die kolumbianische Zeitung EL TIEMPO befasst sich mit den Attentaten auf Politiker der Demokraten im Bundesstaat Minnesota: "Minnesota und die gesamte US-Gesellschaft stehen nach dem brutalen Angriff vom vergangenen Samstag unter Schock. Ein als Polizist verkleideter Mann drang in die Wohnung der demokratischen Abgeordneten Melissa Hortman ein, erschoss sie und ihren Mann. Außerdem hatte es der Agreifer auf den Senator John Hoffmann abgesehen. Niemand kann mehr übersehen, wie gespalten das Land ist. Präsident Trump hat ein gefährliches Klima geschaffen, in dem der Hass immer weiter eskaliert", kritisiert EL TIEMPO aus Bogotá.
Die spanische Zeitung LA VANGUARDIA verweist auf die jüngsten Massenproteste gegen Trump: "Millionen Menschen haben an diesem Wochenende in zahlreichen Städten der USA unter dem Slogan 'Nein zu Königen' demonstriert. Die Proteste standen im Kontrast zu der Massenparty, die Trump am Samstag aus Anlass seines 79. Geburtstags feierte. Unter dem Vorwand, den 250. Jahrestag der Gründung der Armee zu begehen, machte der Präsident daraus eine umstrittene Großveranstaltung. Schließlich war es dieselbe Armee, die in Kalifornien hart gegen Demonstrierende vorging, die gegen Razzien der US-Einwanderungsbehörde protestierten. Trump nutzt Kalifornien als militärisches Testgelände, um die Stärke des Widerstands auszuloten. Sein Weg in den Autoritarismus scheint unaufhaltsam", prophezeit LA VANGUARDIA aus Barcelona.
"Trump präsidiert über eine Großmacht, die zunehmend in Bedrängnis gerät", erörtert die dänische Zeitung JYLLANDS-POSTEN: "Innerhalb der USA wird das politische System immer uneffektiver, es gibt eine enorme soziale Ungleichheit und eine unversöhnliche Fehde zwischen den beiden tonangebenden Lagern, während die Bürger bis zu den Zähnen bewaffnet sind. Wie übel das ausgehen kann, zeigen die Morde in Minnesota. Dass innere Schwäche unter äußerem Pomp verborgen wird, ist kein neues Phänomen. Es gibt Parallelen zum Alten Rom und zur Sowjetunion, wo die Feiern immer größer wurden, als der Staat seinen Zenit überschritten hatte", erinnert JYLLANDS-POSTEN aus Aarhus.