19. Juni 2025
Die internationale Presseschau

Weiterhin kommentiert wird der G7-Gipfel in Kanada. Im Mittelpunkt steht jedoch eine mögliche aktive Beteiligung der USA an Israels Angriffen auf den Iran.

Eine Collage zeigt Trump, Chamenei und die Flaggen der Länder Israel und Iran
Einige ausländische Zeitungen gehen der Frage nach, ob die USA Israel im Krieg gegen den Iran aktiv unterstützen werden (Symbolbild). (picture alliance / SIPA / Yassine Mahjoub)
Dazu bemerkt die taiwanesische Zeitung LIANHE BAO: "In den westlichen Medien wird allgemein angenommen, dass Amerika in den nächsten Tagen an der Seite Israels militärische Aktionen gegen den Iran durchführen wird. Wenn Donald Trump, der sich bislang gern als Friedensstifter präsentiert, diesen Befehl gibt, zeigt er ein Gesicht eines Imperialisten, der die Welt beherrschen will. Bloß: Iran ist nicht die Hamas. Das Land ist sechzigmal größer als Israel. Die Bilder, wie die US-Truppen überstürzt aus Afghanistan geflohen sind, sind allen noch präsent. Es bleibt zu hoffen, dass der zur Selbstinszenierung neigende Trump eine Lehre aus der Vergangenheit zieht und nicht in eine neue strategische Falle und ein weiteres außenpolitisches Schlammloch tappt", mahnt LIANHE BAO aus Taipeh.
Die iranische Zeitung IRAN-EMROOZ erwartet, dass die israelische Führung "alles daransetzen wird, die Vereinigten Staaten in den aktuellen Konflikt hineinzuziehen. Ziel ist es offenbar, den Iran zu einer Reaktion zu verleiten, die an den Angriff auf Pearl Harbor erinnert. Eine mögliche Schließung der Straße von Hormus, Angriffe auf US-Stützpunkte im Persischen Golf, Raketenbeschuss von Ölfeldern oder Attacken auf Schiffe von NATO-Staaten – all dies sind Narrative und Szenarien, die entweder von israelfreundlichen Kreisen oder von strategisch unerfahrenen Stimmen in Umlauf gebracht werden. Letztlich dürfte der entscheidende Faktor im Iran-Israel-Konflikt darin bestehen, ob die USA in diesen Krieg aktiv eingreifen – oder sich heraushalten", vermutet IRAN-EMROOZ aus Teheran.
Die finnische Zeitung HELSINGIN SANOMAT gibt zu bedenken: "Einerseits ist der Iran eine brutale Diktatur und obendrein unberechenbar. Kaum jemand will, dass sich das Regime in Teheran Atomwaffen verschafft und dadurch ein nukleares Wettrüsten in der Region auslöst. Außerdem ist der Iran ein wichtiger Verbündeter Russlands im Krieg gegen die Ukraine. Aber andererseits weiß niemand, welche Folgen ein möglicher Zusammenbruch des iranischen Regimes haben könnte, und Präventivschläge sind aus europäischer Perspektive keineswegs unproblematisch. Die Lage liegt nun in Trumps Händen, denn er ist es, der über die Beteiligung der USA und ihren Umfang entscheiden wird. Die Europäer sind währenddessen auf die Zuschauerbänke verbannt. Wieder einmal", konstatiert HELSINGIN SANOMAT aus Helsinki.
Die russische Zeitung NESAWISSIMAJA GASETA beobachtet: "Die kriegerische Rhetorik Donald Trumps, der seine Bereitschaft demonstriert, auf israelischer Seite direkt in den Krieg zwischen Israel und dem Iran einzugreifen, hat einige seiner Anhänger verwirrt. In der Republikanischen Partei sind viele, die den US-Präsidenten eigentlich bedingungslos unterstützten, anderer Meinung als er. Der US-Kongress hat sogar einen parteiübergreifenden, republikanisch-demokratischen Gesetzentwurf vorbereitet, der Trump faktisch einen Angriff auf den Iran verbietet. Nun stellt sich die Frage, wie schwerwiegend die unerwartete Rebellion in den Reihen von Trumps Anhängern sein könnte", notiert NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau.
Die norwegische Zeitung AFTENPOSTEN aus Oslo sieht den US-Präsidenten unter Zugzwang: "Trump läuft Gefahr, als schwach und unentschlossen dazustehen, wenn er Israel allein kämpfen lässt. Er hätte außerdem persönliche Gründe, denn lange Zeit verfolgte das iranische Regime Pläne, ihn zu ermorden. Erst kürzlich erinnerte ihn Netanjahu in einem Interview daran. Tatsächlich hat Trump bislang vollständig versagt, Frieden im Nahen Osten und in der Ukraine zu schaffen, und nun hat er noch einen weiteren Krieg auf dem Tisch. Dabei steht der Präsident vor einem Dilemma – und es ist Israel, das ihn in eine solche Lage gebracht hat", schreibt AFTENPOSTEN.
Die US-amerikanische Zeitung THE NEW YORK TIMES verweist auf einen notwendigen Beschluss: "Der Kongress muss zuerst den Einsatz militärischer Mittel genehmigen. Der Iran hat die Vereinigten Staaten nicht angegriffen. Es bleibt genügend Zeit für den Kongress – die gewählten Vertreter des amerikanischen Volkes –, über diese Entscheidung zu debattieren und ein Urteil zu fällen. Die jüngste Geschichte von Regimewechsel-Kriegen ist nicht gerade ermutigend, insbesondere im Nahen Osten. Das amerikanische Volk und seine gewählten Vertreter müssen zu Wort kommen. Diese überaus wichtige Debatte muss jetzt beginnen", mahnt THE NEW YORK TIMES.
Die mexikanische Zeitung LA RAZON zieht eine Bilanz der israelischen Angriffe: "Der Iran hat führende Militärs und Wissenschaftler verloren, aber zur Zerstörung der Uran-Anreicherungsanlage Fordo wird eine sogenannte bunkerbrechende Bombe benötigt, und nur die USA verfügen über eine solche Waffe. Es ist wichtig, den Iran an der Entwicklung von Atomwaffen zu hindern, denn es geht nicht nur darum, was das Regime in Teheran damit anstellen könnte, sondern auch, wie andere Länder der Region wie Saudi-Arabien, die Türkei oder Ägypten reagieren. Wenn sie dem Beispiel des Iran folgen, würde die Gefahr eines nuklearen Wettrüstens im Nahen Osten oder sogar weltweit steigen", befürchtet LA RAZON aus Mexiko-Stadt.
Ähnlich äußert sich die panarabische Zeitung SHARQ AL-AWSAT: "Sollten Trumps und Israels Kalkül scheitern und das Regime in Teheran nicht stürzen, dürfte der Iran seine Bemühungen um den Besitz einer Atomwaffe beschleunigen. Dies dürfte unweigerlich zu einem riskanten nuklearen Wettrüsten führen, die Achse Russland-China-Iran stärken und internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen schwächen. So könnte dieser Konflikt den Zerfall der internationalen Ordnung beschleunigen und den Weg in eine gewalttätigere und instabilere Welt ebnen", warnt SHARQ AL-AWSAT mit Sitz in London.
Die türkische Zeitung CUMHURIYET geht der Frage nach, welche Haltung die Türkei in dem Krieg zwischen Israel und dem Iran einnehmen sollte: "Wenn Ankara die Fehler im Irak und Syrien wiederholt, wird das unsere eigene Katastrophe sein. Die Türkei muss diese Realität anerkennen und eine strategische Position einnehmen. Das Märchen von der Neutralität bedeutet de facto eine Parteinahme für die USA und Israel. Die Türkei sollte sich heute auf die Seite ihres Nachbarn Iran stellen und dabei an morgen denken", meint CUMHURIYET aus Istanbul.
Themenwechsel. Die spanische Zeitung EL PAÍS beschäftigt sich mit dem Treffen der Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrienationen: "Das Fehlen selbst minimal konkreter Ergebnisse beim G7-Gipfel diese Woche in Kanada und die Tatsache, dass es nicht einmal eine gemeinsame Abschlusserklärung gab, sind ein deutliches Beispiel für den desolaten Zustand multilateraler Initiativen - obwohl die weltweite Kriegslage sie dringender denn je erscheinen lässt. Die führenden Wirtschaftsnationen der Welt - mit Ausnahme Chinas, das nicht Teil der Gruppe ist - waren nicht in der Lage, sich in so drängenden Fragen wie der russischen Invasion in der Ukraine oder dem internationalen Handel zu einigen. Einige wenige Zeilen zu den Feindseligkeiten zwischen Israel und dem Iran sind das spärliche Ergebnis des Treffens. Ob die G7 heute noch das geeignete Forum sind, um bestimmte Krisen zu lösen, mag man diskutieren. Doch jede internationale Zusammenkunft, die ohne Ergebnis und im Streit endet, ist ein schlechtes Omen", kritisiert EL PAÍS aus Madrid.
Die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN aus Tokio glaubt: "Jetzt ist es erforderlich, dass Europa, Kanada und Japan ein neues Format aufbauen, das auch ohne die USA eine internationale Richtung weisen kann. In Zeiten, in denen die internationale Ordnung ins Wanken gerät, wird eine solche Gruppe gebraucht. Vor dem Hintergrund, dass das Vertrauen in die USA sinkt, sollten sich Europa, Kanada und Japan bemühen, dass die multilaterale Zusammenarbeit zwischen den führenden Industrienationen funktioniert", empfiehlt ASAHI SHIMBUN zum Ende der internationalen Presseschau.