21. Juni 2025
Die internationale Presseschau

Kommentiert wird der in der kommenden Woche stattfindende NATO-Gipfel in Den Haag. Hauptsächlich blicken die Zeitungen aber weiterhin auf den Krieg zwischen Israel und dem Iran.

Man sieht Rauch von Raketeneinschlägen über Teheran aufsteigen.
Teheran wurde erneut von Israel mit Raketen beschossen. (picture alliance / Xinhua News Agency / Shadati)
"Ganz scheint die iranische Führung den Ernst der Lage nicht erkannt zu haben", heißt es dazu in der österreichischen Zeitung DIE PRESSE: "Das Regime der Islamischen Republik steht mit dem Rücken zur Wand. In der vergangenen Woche hat die israelische Armee die Spitzen der iranischen Armee und der Revolutionsgarden getötet, Atomanlagen zerstört und das gegnerische Raketenarsenal dezimiert. Die israelische Luftwaffe kann frei bis Teheran fliegen. Rasch beenden kann Teheran den Krieg nur, wenn es in einem verifizierbaren Abkommen auf sein Atomprogramm verzichtet. Diese Nachricht haben in Genf auch die drei europäischen Außenminister aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien dem Iran überbracht. Wenn der Iran nicht einlenkt, wird Israel weiter bombardieren und US-Präsident Trump in den Krieg einsteigen. Eine diplomatische Lösung fünf nach zwölf wäre für alle Beteiligten die beste Exitstrategie", meint DIE PRESSE aus Wien.
Die niederländische Zeitung DE VOLKSKRANT hält fest: "US-Präsident Trump wirkte in dieser Woche trotz seiner erklärten Abneigung gegen eine Beteiligung an Kriegen im Nahen Osten eher schießwütig. Dann aber kündigte er an, dass er sich noch zwei Wochen Zeit nehmen werde, da es eine reale Chance für Verhandlungen gebe. Das bedeutet, dass es noch eine kleine Möglichkeit gibt, eine diplomatische Lösung zu finden. Das versuchen auch europäische Länder, die gestern mit dem iranischen Außenminister Araghtschi gesprochen haben. Tatsache ist allerdings auch, dass Europas Position im Nahen Osten seit dem letzten Atomabkommen geschwächt ist: Weder Israels Premierminister Netanjahu noch Trump scheinen viel auf die europäischen Bemühungen zu geben", beobachtet DE VOLKSKRANT aus Amsterdam.
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio führt aus: "Die Europäer haben ein gesteigertes Interesse an einer Verhandlungslösung. Die Nahost-Region ist ein wichtiger Energielieferant für die europäischen Länder. Zudem sitzt ihnen die bittere Erfahrung mit Millionen Flüchtlingen aus Syrien noch in den Knochen."
Auch die iranische Zeitung DONYA-E-EQTESAD verweist auf die Bedeutung der Diplomatie: "Die Erfahrung aus dem Krieg zwischen dem Iran und dem Irak zeigt, dass eine Politik des Nicht-Verhandelns am Ende zum Nachteil Teherans war – miteinander gesprochen wurde erst, als fast alle Optionen verloren waren. Kurz nach dem israelischen Angriff erklärten US-Präsident Trump und sein Außenminister Rubio öffentlich, dass die USA nicht an diesem Krieg beteiligt seien. Der Iran hätte daher die Verhandlungen mit den USA fortsetzen können. Trotz Trumps problematischer Rhetorik ist es noch nicht zu spät – Gespräche mit den USA bleiben dringend notwendig, um den Krieg zu stoppen", unterstreicht DONYA-E-EQTESAD aus Teheran.
Die in London erscheinende arabischsprachige Zeitung AL QUDS AL-ARABY ist folgender Meinung: "US-Präsident Trumps Ankündigung, den Iranern eine zweiwöchige Frist für Gespräche zu gewähren, hat die Tür für Verhandlungen erneut geöffnet. Im Iran will man den Krieg beenden und eine Einigung erzielen, die dem Land ein gewisses Maß an Souveränität zugesteht. Der entsprechende Prozess begann gestern mit der Ankunft des iranischen Außenministers Araghtschi in Genf, wo er sich mit europäischen Unterhändlern traf. Die Situation ist schwierig. So äußern einige europäische Staats- und Regierungschefs wie etwa der deutsche Bundeskanzler Merz ihre deutliche Zustimmung für den israelischen Angriff; und Großbritannien hat einen Teil seiner Marine mobilisiert, um Israel im Falle einer weiteren Entwicklung zu unterstützen. Darum hängen die Verhandlungen mit den Europäern an einem seidenen Faden, an dem zudem viele Akteure rupfen", stellt AL QUDS AL-ARABY fest.
"Der Nahe Osten ist wieder zu einem Brandherd geworden", ist in der türkischen Zeitung TIGRIS HABER zu lesen: "Dieses Mal handelt es sich jedoch nicht um einen gewöhnlichen Grenzkonflikt oder Stellvertreterkrieg. Man könnte es als tödliches Armdrücken zwischen zwei Atommächten bezeichnen. Israel hat seinen Angriff auf den Iran von langer Hand geplant. Das zeigt die gute Organisation der militärischen Aktionen. Aber auch der Iran hat mit einer noch nie dagewesenen Wucht zurückgeschlagen. Bei den gegenseitigen Angriffen wurden auf beiden Seiten zahlreiche Menschen getötet. Wohin führt dieser Krieg? Es gibt zwei Möglichkeiten: Irans oberster Führer Chamenei könnte aus Angst vor dem Ende seines Regimes einen umfassenden Dschihad ausrufen, der den gesamten Nahen Osten ins Chaos stürzen würde. Es könnte aber auch sein, dass die beiden Konfliktparteien durch den Druck internationaler Akteure wie Russland, China oder der Türkei an den Verhandlungstisch gezwungen werden." So weit die Zeitung TIGRIS HABER aus Diyarbakır.
Die taiwanesische Zeitung ZHONGGUO SHIBAO merkt an: "Solange sich die USA aus dem Krieg zwischen Israel und dem Iran heraushalten, würde wohl auch Russland keine Truppen in den Nahen Osten schicken. Noch weniger Interesse hätte China. Auch die arabischen Staaten in der Region sind entweder nicht in der Lage oder wollen sich nicht beteiligen. Eine Ausweitung des Konflikts scheint in der gegenwärtigen Lage also unwahrscheinlich. Mit dem Ausschalten Syriens, des Libanons sowie der Hamas und der Hisbollah, ist das Anti-Israel-Bündnis mit Teheran an der Spitze ohnehin bereits so gut wie zerschlagen. Israel ist seinem Ziel, die geopolitische Ordnung im Nahen Osten neu zu gestalten, wieder einen Schritt näher", analysiert ZHONGGUO SHIBAO aus Taipeh.
Die russische Zeitung KOMMERSANT sieht es so: "Der Ausgang des Krieges ist nicht ausgemacht. Es ist unklar, welches Kräfteverhältnis sich nach dem Ende der Feindseligkeiten ergeben wird. Die bereits gelobte 'brillante Operation' des israelischen Geheimdienstes Mossad hatte nicht die erwartete Wirkung. Das iranische Kontrollsystem wurde relativ schnell wiederhergestellt. Die Ermordung von Militärangehörigen und Wissenschaftlern ist für den Iran nichts Neues. Sabotage und terroristische Methoden werden seit langem eingesetzt. Israel und die USA haben die technologischen Ressourcen des Iran und die 'Sturheit' des Regimes unterschätzt", notiert der KOMMERSANT aus Moskau.
Themenwechsel. "Wenn sich die 32 NATO-Mitglieder nicht vorher noch auf eine Kompromissformel einigen können, wird es bei ihrem nächste Woche in Den Haag stattfindenden Gipfel vor allem um eine Steigerung der Verteidigungsausgaben gehen", schreibt die spanische Zeitung LA VANGUARDIA: "Die NATO-Länder stehen unter dem Druck, das von US-Präsident Trump geforderte 5-Prozent-Ziel zu erreichen. NATO-Generalsekretär Rutte ist stets um den Herrscher im Weißen Haus bemüht und hat dessen Forderung an die Mitglieder weitergetragen. Angesichts der Tatsache, dass mehr als ein Dutzend von ihnen noch nicht einmal das gegenwärtige 2-Prozent-Ziel erreicht hat, scheint der Plan einer Anhebung auf 5 Prozent bis 2035, gelinde gesagt, unrealistisch. Nicht einmal die USA erfüllen dieses Ziel, und 2024 gaben in Europa nur Polen, Estland, Lettland und Griechenland mehr als 3 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Verteidigung aus", erinnert LA VANGUARDIA aus Barcelona.
Die norwegische Zeitung DAGBLADET wirft ein: "Schon in dieser Woche verkündete Premier Støre, dass Norwegen bereit ist, das 5-Prozent-Ziel der NATO zu unterstützen. Dafür bekommt er viel Beifall. Aber dazu besteht eigentlich kein Grund. Zunächst einmal ist es eine Tragödie, dass wir in einer Zeit leben, in der es notwendig geworden ist, so viel Geld für Rüstung auszugeben. Prinzipiell sind solche fixen Ziele außerdem ein Unding, denn sie reduzieren die Flexibilität eines Staatshaushalts.“ Das war zum Ende der internationalen Presseschau DAGBLADET aus Oslo.