
Die dänische Zeitung POLITIKEN geht ein auf die jüngsten Entwicklungen: "Es wäre eine Untertreibung, die Waffenruhe zwischen Israel und dem Iran als brüchtig zu bezeichnen. Schon in den ersten Stunden nach ihrer Bekanntgabe durch US-Präsident Trump warf Israel dem Iran vor, dagegen verstoßen zu haben, und drohte mit einem weiteren Gegenschlag. Es kann also noch viel schiefgehen, sodass der Krieg wieder ausbricht und eskaliert. Im Nahen Osten ist man als Pessimist immer auf der richtigen Seite", betont POLITIKEN aus Kopenhagen.
"Es wäre schön gewesen, wenn Trump mit ein paar Telefonaten und Posts in Sozialen Medien einen ewigen Frieden gestiftet hätte", bemerkt die norwegische Zeitung AFTENPOSTEN: "Es wäre auch zu begrüßen gewesen, wenn die US-Angriffe auf den Iran die Kapazitäten des Landes zur Entwicklung von Atombomben für alle Zeiten zerstört hätten, wie Trump behauptete. Doch die Situation ist längst nicht gelöst. Trump riskiert mit seinen impulsiven Ausbrüchen, die Region noch gefährlicher zu machen. Der Nahe Osten ist keine Reality Show, sondern Heimat von mehr als einer halbe Milliarde Menschen, mit Konflikten, die teilweise Jahrhunderte in die Vergangenheit zurückreichen. Trump erinnert mit seinem verantwortungslosen Umgang mit einem so volatilen Konfliktgebiet nur daran, welches Risiko von ihm ausgeht", moniert AFTENPOSTEN aus Oslo.
THE INDEPENDENT aus Großbritannien merkt an: "Ein gutes Zeichen ist, dass die wackelige Waffenruhe zwischen dem Iran und Israel offenbar hält, was zur Wiederaufnahme der Diplomatie beitragen wird. Die andere unmittelbare Voraussetzung für einen umfassenderen Frieden in der Region ist die Wiederaufnahme sinnvoller humanitärer Hilfe im Gazastreifen. Bisher hat US-Präsident Trump dem israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu in Gaza freie Hand gelassen – aber das Weiße Haus scheint zunehmend ungeduldig zu werden. Wenn Trump wirklich ein Friedensstifter sein will, muss er die Israel-Palästina-Frage lösen. Früher oder später wird ihm das klar werden – und vielleicht kann er dann seinen Friedenspreis bekommen", überlegt THE INDEPENDENT aus London.
Der australische SYDNEY MORNING HERALD ergänzt: "Trump sehnt sich danach, den Friedensnobelpreis zu erhalten. Seit seiner Rückkehr ins Präsidentenamt hat er immer wieder betont: All die Kriege und Konflikte – die Ukraine, der Nahe Osten, Indien und Pakistan – sind nicht seine Schuld, aber er wird versuchen, sie zu lösen, weil er den Weltfrieden will. Trump weiß, dass dies hier wahrscheinlich die beste Chance auf den Preis ist, der ihm bisher entgangen ist. Und natürlich ist er wütend, dass Journalisten ihre Arbeit tun und versuchen, die Wahrheit über den Zustand der iranischen Atomkapazitäten herauszufinden. Sie ruinieren damit seine Bewerbung", analysiert der SYDNEY MORNING HERALD.
THE WASHINGTON POST aus den USA mahnt: "Trump sollte die Tür für Verhandlungen jetzt weit öffnen und Teheran neue Gründe darlegen, um doch noch ein Abkommen abzuschließen. Israels Bemühungen um eine Schwächung der iranischen Verteidigungsanlagen waren erfolgreicher als erwartet. Jetzt könnten die USA das Erreichte konsolidieren und den Grundstein legen für eine friedlichere, nachhaltige Zukunft."
Ähnlich sieht es die niederländische Zeitung DE VOLKSKRANT: "Viele Experten weisen darauf hin, dass das iranische Atomprogramm wahrscheinlich verzögert, aber nicht beseitigt wurde. Die diplomatischen Verhandlungen über das iranische Nuklearprogramm sollten daher rasch wieder aufgenommen werden. Die Amerikaner müssen in dieser Hinsicht die Führung übernehmen. Nur sie können ernsthaft Druck auf den Iran und Israel ausüben. Die Atomanlage in Fordo im Kielwasser israelischer Angriffe zu bombardieren ist eine Sache. Eine politische Lösung zu finden, die die Welt sicherer macht, eine ganz andere", unterstreicht DE VOLKSKRANT aus Amsterdam.
Die türkische Zeitung YENI ŞAFAK bezeichnet die Politik der USA als Chaos-Diplomatie: "Der US-Präsident hat einmal mehr gezeigt, dass er von einem defensiven Instinkt getrieben ist und ihm eine umfassende Strategie zur Lösung der iranischen Atomkrise fehlt. Trump will einen politischen Sieg erringen, indem er einen Deal abschließt – ohne sich für die Details oder die genaue Umsetzung zu interessieren. Es wird niemanden überraschen, wenn der Iran in Zukunft weiter nach Atomwaffen strebt. Die leichtfertige und tollpatschige Haltung Washingtons wird schwerwiegende Folgen für den Nahen Osten haben. Denn wenn der Iran eine echte Atommacht wird, wird es für andere Staaten in der Region legitim, ein ähnliches Ziel zu verfolgen", fürchtet YENI ŞAFAK aus Istanbul.
Eine anderes Bild zeichnet die libanesische Zeitung ELAPH: "In diesem Krieg haben viele triumphiert, jedenfalls dann, wenn man unter einem Sieg etwas anderes versteht als einen hundertprozentigen militärischen Sieg. So haben die Iraner gemerkt, dass sie bei den Nachbarländern auch auf Sympathie stießen. Umgekehrt sehen die Israelis, dass die Länder in der Region mit dem jüdischen Staat koexistieren könnten - unter der Bedingung, dass das palästinensische Volk seine Rechte erhält. Wäre der Iran in diesem Krieg endgültig besiegt worden, wäre die Welt zu der festen Überzeugung gelangt, dass allein Gewalt regiert. Hätte Israel eine Niederlage erlitten, wäre die Welt zu der Überzeugung gelangt, dass sich am Ende Ideologie durchsetzt. Doch tatsächlich entschieden diesen Krieg nicht Gewalt und Ideologie, sondern Weisheit und Vernunft", meint ELAPH aus Beirut.
Nun zum NATO-Gipfel in Den Haag. In der schwedischen Zeitung SYDSVENSKAN heißt es: "Die Latte für den Gipfel hängt niedrig: Man will Streit vermeiden und hofft, dass US-Präsident Trump nicht vorzeitig abreist. Trotzdem sollen Entscheidungen getroffen werden, die wichtig für die Zukunft Europas sind. Wie viel sollen die Mitgliedsländer künftig für Verteidigung ausgeben und wie soll die Ukraine unterstützt werden? Im besten Fall stellen sich alle Teilnehmer hinter die Ukraine und setzen sich für eine künftige Mitgliedschaft ein. Es gilt nämlich, was seit dem ersten Tag des Krieges gilt: Die Ukraine kämpft für Europa. Aber ohne Unterstützung der USA wird es schwierig – und ein russischer Sieg wäre unerträglich", warnt SYDSVENSKAN aus Malmö.
"Die NATO ist grundlegend gespalten", lesen wir in der slowakischen Zeitung PRAVDA: "Die USA bahnen sich ihren eigenen Weg, nach der Meinung Europas fragen sie nicht einmal. Weder im Fall der Ukraine, noch im Fall Israels. Und weder Kremlchef Putin noch Israels Ministerpräsident Netanjahu sind neugierig auf die Haltung der europäischen Mächte oder der EU als ganzer. Am Ende bleibt den europäischen Chefs nichts anderes, als die Schritte der USA und Israels abzunicken", urteilt PRAVDA aus Bratislava.
DER STANDARD aus Wien stellt klar: "Präsident Selenskyj wurde erst gar nicht als Gast in den NATO-Rat geladen. Trump hingegen war vom König der Niederlande ins Schloss eingeladen. King Trump. Das gefällt dem US-Präsidenten. Er demonstriert seine Macht vor Freund und Feind ohne Scham. Ohne die USA läuft im transatlantischen Verteidigungsbündnis nichts."
"Hauptthema des Gipfels ist das von den USA geforderte Ziel, fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben", erinnert die chinesische Zeitung HUANQIU SHIABO: "Die Notwendigkeit dieser Vorgabe wird am lautesten von Spanien, aber auch von anderen NATO-Ländern in Zweifel gezogen. Dies zeigt, dass der Nordatlantikpakt von der nach außen hin zur Schau gestellten Eintracht weit entfernt ist. Fehlenden Konsens gibt es zudem in der Frage, in welche Richtung sich das Bündnis strategisch weiterentwickeln soll. Während sich die ost- und nordeuropäischen Länder von Putin ernsthaft bedroht fühlen, sehen dies die geografisch weiter von Russland entfernten Länder viel weniger dramatisch, weshalb ein gemeinsamer Nenner schwer zu finden sein wird", glaubt HUANQIU SHIABO aus Peking.